Im Musik-Handbuch für Emotionen stehen Streicher und Piano ganz weit oben. Bei vielen Künstler*innen hört man die Seiten dieses Handbuchs in den Songs noch so laut blättern, dass am Ende alles in einem entsteht außer Emotionen. Bei Finn Ronsdorf hört man gar nichts mehr – außer die Musik, die sich um die Venen schmiegt wie eine goldene Kette. Seine tiefe, zerbrechliche Stimme legt sich neben einen, flüstert die pure Poesie der gekränkten Nostalgie und man ist froh, wenn seine Stimme ihre Stärke im Refrain findet und sich die Kette der Erinnerungen mit ihr erhebt.
„maybe we unlearn ourselves someday“
Am Dienstag erschien das Video zu dem Song „Reaching for Cold Hands“, der bereits im Juli 2020 auf Finns „Odes EP“ erschien. Viele Clips aus Finns Kindheit begleiten das Video, das manchem*r Schauspielschüler*in vor Ausdruck und Körperbeherrschung erblassen würde. Finn Ronsdorf wirkt in dem unter der Regie von Luka Naujoks Marlon Nicolaisen und Johannes Thiel gedrehten Werk wie ein Mensch aus einer anderer Zeit. Seine Androgynität, die Theatralität alles denkt Richtung dem Berliner Theater der 1920er, nach Reinhardt, Piscator und Brecht.
„I’m not human but who is these days“
„Reaching For Cold Hands“ zeigt, wie der Künstler Finn Ronsdorf ein Gesamtkunstwerk ist. Man kann das Lied nicht nebenbei hören. Für 4:31 Minuten erlöst Finn seine Hörer*innen aus einer Welt, die von Produktivität und Stress als Erfolgsfaktor besessen ist, entführt sie in einsame Nostalgie – und man hofft, dass er immer wieder auftaucht.
Finn Ronsdorfs Website findet ihr hier und hier geht es zu seinem Instagram Account.
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