Sven Regener hat den Ausgang gefunden: Er ist nicht länger Autor und Musiker zugleich – einzig Element Of Crime stehen auf seiner aktuellen To Do-Liste.
“Kopf aus dem Fenster/ Und Hände aufs Brett”, heißt es im Opener des neuen Element Of Crime Albums. “Immer Da Wo Du Bist Bin Ich Nie” . Was wie eine Parole klingt, darf wörtlich genommen werden: “Ich spiele jetzt seit 24 Jahren in dieser Band und habe immer noch Spaß daran. Was mich manchmal wundert, denn eigentlich bin ich sehr faul, was Texten angeht. Das müsste die anderen stören, tut es aber nicht”, scherzt Sven Regener in einem Berliner Lokal, dass für die Interviews auserkoren wurde, weil es so “geschäftig” sei.
Stimmt. Ständig huschen Kellner am Tisch vorbei, werfen einen flüchtigen Blick, erkennen die Person mit der robusten Hornbrille und schauen sofort in eine andere Richtung. Sven Regener verkörpert für viele den charismatischen Alleskönner und Kumpeltypen von nebenan. Doch genau diese Attribute kehrt er gerne unter den Tisch, lässt lieber den Lockeren, der es schön langsam angehen lässt, raushängen. Dabei gehört seine Band seit einem Vierteljahrhundert zu den Big Playern der deutschen Musikszene – was bei Element Of Crime 1985 mit englischen Lyrics zu englischer Rockmusik begann und inzwischen bei deutschen Texten und amerikanischem Rhythm’n’Blues angekommen ist.
“Seitdem wir zusammen Musik machen, kam mir nie die Idee: Die Band braucht einen unverwechselbaren Sound, den nur sie hinbekommt. Ich finde es spannender zu sehen, was alles möglich ist und wie die Dinge sich ändern können“, erklärt der viel beschäftige Sänger und fügt hinzu, “meist liegt so ein Element Of Crime-Song einige Zeit herum, bis er wieder hervorgekramt wird – gefällt er uns dann, hat er die Prüfung bestanden und wird aufgenommen. Das halte ich für sehr wichtig, weil du Songs in bestimmten Situationen schreibst, die sich ändern können. Kicken sie dich aber ein halbes Jahr später noch, ist alles ok.”
Was sicher eine Erklärung dafür ist, dass Element Of Crime ganze vier Jahre für ihr neues, zwölftes Album “Immer Da Wo Du Bist Bin Ich Nie” brauchten. Eine Platte, die auf inhaltlicher Ebene mit schlauer Beobachtungsgabe und musikalisch durch klassischen Rock’n’Roll Marke Bo Diddley überzeugt.
Im vergangenen Jahr habt ihr den Soundtrack zu “Robert Zimmermann Wundert Sich Über Die Liebe” geschrieben – war das der perfekte Einstieg nach lange Pause?
Sven Regener: “Wir haben keine Regelmäßigkeit in unserem Schaffen. Als die Anfrage kam und die ersten Lieder fertig waren, dachte ich mir: Warum warten, wenn schon mal alle beieinander sind – lasst uns gleich ein paar neue Sachen aufnehmen. Es gab da aber keine inhaltliche Überschneidung. ‘Immer Da Wo Du Bist Bin Ich Nie’ entstand losgelöst vom Soundtrack.“
Element of Crime – Immer da wo du bist bin ich nie
Habt ihr euch im Vorfeld Gedanken gemacht, wie das neue Album klingen und worum es inhaltlich gehen soll?
Sven Regener: (überlegt) “Eigentlich nicht. Aber klar, man hat schon wage Vorstellungen. Interessant wird es erst, wenn du den Dingen freien Lauf lässt und Zeit keine Rolle spielt. Für unser Debüt brauchten wir zum Beispiel sehr lange, verglichen mit den letzten Alben. Insofern passt das Wort Routine ebenso, wie es nicht passt. Ideen sind dazu da, sie auszuprobieren und genau das tun Element Of Crime im Studio.”
Hat euch der Erfolg des Vorgängers “Mittelpunkt Der Welt” bei den Aufnahmen zu “Immer Da Wo Du Bist Bin Ich Nie” beschäftigt?
Sven Regener: “Zum Ende unserer letzten Tour kam die Plattenfirma nach einem Konzert auf die Bühne und überreichte uns die Goldene Schallplatte. Ich will nicht sagen, dass mir so etwas egal ist, aber man bekommt dadurch keinen Aha-Effekt und meint plötzlich, alles erkannt zu haben. Ganz andere Dinge sind wichtig: Eine gemeinsame Autofahrt oder Musiker, die man privat öfters hört. Wir sind zu lange dabei, um uns von irgendwelchen Auszeichnungen beeinflussen zu lassen. Die sind für die jungen Bands da.“
Seinem anschließenden Lachen folgt ein Blick auf die Uhr – Sven Regener hat Termine und kippt sich das Viertelbier auf Ex runter. Wogegen der Element Of Crime-Chef sonst gerne wettert, scheint ihm zu gefallen: “Ich muss zum Zug, der wartet nicht auf mich.” Dafür aber wir und das hat sich bislang immer gelohnt.
Marcus Willfroth
VÖ: 18.09.09
Label: Universal
Tracklist:
1. Kopf aus dem Fenster
2. Am Ende denk ich immer nur an dich
3. Deborah Müller
4. Kaffee und Karin
5. Einer kommt weiter
6. Immer da wo du bist bin ich nie
7. Bitte bleib bei mir
8. In mondlosen Nächten
9. Der weiße Hai
10. Euro und Markstück
11. Storms Are On The Ocean
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