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Elyjah aus Berlin schießen sich im wahrsten Sinne des Wortes auf ihre eigene Musik ein – und treffen mitten ins Schwarze! Komplexer Rock mit Understatement und dennoch großem Gefühl!
Das Cover des Elyjah-Debütalbums “Planet, Planet” ist ein ganz schöner Brocken – liegt in der Hand wie ein kleines Telefonbuch. Doch dann die Überraschung – kein einziger Buchstabe findet sich auf den ersten 67 Seiten (das ist geschätzt, nicht gezählt) des dicken Booklets. Aber leer sind die auch nicht: Beim Blättern purzeln lauter kleine Bleikügelchen heraus. Und ein Sepia getöntes Foto von drei Herren in Waidmanskluft rutscht hinterher, ein Foto das aussieht, als sei es um die Jahrhundertwende geschossen worden. Um die vorletzte Jahrhundertwende, versteht sich. Doch weit gefehlt! Es ist brandneu und zeigt die Urheber von “Planet, Planet” (plus Hund): Bernd Große Lordemann, Robert Oeser und Martin Helms.
Diese Namen stehen dann doch im Heft zur CD – auf der allerletzten Seite. Weiter vorne haben sich die drei auf andere Art verewigt, denn die Jagdmontur ist nicht nur bloße Verkleidung. Genau so, wie sie jedes einzelne der Fotos selbst entwickelt, geschnitten und getönt haben, haben sie auch alle 1500 Exemplare der CD in Eigenarbeit… beschossen! Jawohl, in einer amtlichen Berliner Schießanlage haben Drummer Bernd, Bassist Martin und Gitarrist Robert auf ihre eigene Platte gezielt, abgedrückt und so anderthalbtausend Unikate hergestellt.
Und auch die Musik auf diesen Unikaten ist ziemlich eigen: Trotz dem, was auch das Info-Schreiben der Band selbst das “klassische Rock-Instrumentarium” nennt, wird hier doch keineswegs in klischierter Manier drauflos geballert. Stattdessen erkundet das Berliner Trio die Welten dessen, was jenseits vom typischen Rock so möglich ist; was man aus den typischen Instrumenten herausholen kann, ohne in die all zu typischen Strukturen zu verfallen, in die Vorhersehbarkeitsfalle zu tappen.
Und dafür, dass dies ein Debüt-Album einer Band ist, die sich immerhin sechs Jahre Zeit genommen hat, ihren Weg zu finden – dafür machen sie ihre Sache sehr gut! So gut, dass man genau das eben beschriebene schon nach wenigen der insgesamt 51 Minuten Musik vergisst. Elyjah klingen weder wie Anfänger, noch als seien sie sich ihrer Sache unsicher. Versiert bewegen sie sich in Gefilden, deren Kartographie Pionier-Bands wie Karate, Sunny Day Real Estate, The Van Pelt oder hierzulande vielleicht Sometree zu verdanken ist. Post-Rock, ja, so könnte man das nennen. Aber ohne die strenge Mathematik, die abstrakte Kühle, die
so viele andere Vertreter dieses ausufernden Genres anwenden und ausstrahlen.
Stattdessen kreieren Elyjah aus dem Spiel mit den neu arrangierten Versatzstücken eine luftige und doch fesselnde Soundlandschaft. Komplex, aber nicht anstrengend oder gar angestrengt, unaufdringlich aber ausdrucksstark. Über all dem die klare Stimme von Robert Oeser, der sich nach einigen Jahren der erfolglosen Sängersuche plötzlich als veritabler Stimmkünstler in den eigenen Reihen entpuppte. Diese Stimme wechselt vom schwebenden Gesang zum wütenden Schreien in Sekundenbruchteilen und trägt Texte vor – auf englisch und dabei auch noch unpeinlich – die der indirekte Beweis dafür sind, dass der WG-Alltag nicht notwendiger Weise jede Freundschaft zerstören muss: Stammt die Musik ganz und gar aus eigener Feder, so entstanden die Worte zu den Songs in Zusammenarbeit mit Robin Tom Rink, der nicht nur vor einiger Zeit mit seinem eigenen Debütalbum für Aufhorchen sorgte, sondern der sich außerdem mit Teilen von Elyjah einst ganz alltäglich die Lebensräume einer Berliner WG teilte.
Im Dezember gehen Elyjah auf Tour, und so wie die Songs schon auf Platte bei aller Komplexität auch immer packend, an den richtigen Stellen druckvoll, dynamisch und mitreißend sind, dürfte das in der Bühnenumsetzung eine spannende Angelegenheit werden!
Stephan Behrens
Label/Vertrieb: Klimbim/Cargo Records
VÖ: 20. November 2009
Trackliste:
01. Traverse
02. Wired Song
03. Casino
04. Eyes Wide Open
05. Waterside
06. Change Me
07. Sorry For The Scene
08. Morton’s Spate
09. Bathysphere
10. V’ger
Elyjah auf Tour:
24. Nov. 2009 Dresden Beatpol mit Silversun Pickups
04. Dez. 2009 Berlin, Villa Friedrichshöhe RECORD-RELEASE
14. Dez. 2009 Hamburg, Astra Stube
15. Dez. 2009 Frankfurt, Ponyhof
16. Dez. 2009 Leipzig, Plaque
17. Dez. 2009 Heidelberg, Zum Teufel
19. Dez. 2009 Magdeburg, Projekt 7 Visions Party mit Ja, Panik und Mikroboy
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