(Fotos: Oktober Promotion, Kai Butterweck)
Anlässlich seines neuen Albums „The Life Acoustic“ verabredeten wir uns mit Erik Schrody und plauderten mit dem Sänger und Rapper über die Hausordnung während eines Everlast-Konzertes und ängstliche Kollegen.
Erik Schrody alias Everlast ist kein Mann, der gerne große Reden schwingt. Interviews geben gehört nicht gerade zu den Lieblingsbeschäftigungen des ehemaligen House Of Pain-Front-MCs. Wenn man den bulligen Sänger, Rapper, Produzent und Songwriter allerdings auf dem richtigen Fuß erwischt, erweist sich der vermeintliche Brummbär jedoch als ungemein sympathischer und lockerer Gesprächspartner. Das Blatt kann sich aber auch ganz schnell wieder wenden, wie mein Gespräch mit dem gebürtigen New Yorker vor einigen Tagen anlässlich der Veröffentlichung seines aktuellen Albums „The Life Acoustic“ mal wieder eindrucksvoll unter Beweis stellte.
motor.de: Hi Erik, wir reden jetzt zum zweiten Mal miteinander. Erinnerst du dich noch an unser erstes Treffen?
Everlast: Nein, keine Ahnung. Ich kann mir Songtexte und Akkordabfolgen merken. Darin bin ich gut. Mit Interviews hab ich’s nicht so, sorry.
motor.de: Schlechte Erfahrungen gemacht?
Everlast: Ja. Ich traf in meinem Leben schon auf jede Menge Leute, die mir auf den Sack gegangen sind. Dazu gehören auch einige Journalisten.
motor.de: Wer noch?
Everlast: Oh, die Liste ist lang. Im Hip Hop triffst du nur auf wenige Künstler, die mit allem und jedem im Reinen sind. Aber ich bin jetzt älter und ruhiger. Ich trage zwar gerne noch die Klamotten, in denen heutzutage nur noch Zwölfjährige rumrennen, aber im Kopf staut sich nur noch wenig Frust. Dude, ich bin jetzt 44. Mich juckt das Gedisse von Kollegen nicht mehr. Dieses Rumgehacke im Hip Hop-Bereich ist eher was für die jüngere Generation. Wenn du willst, dass ich dir aufs Maul haue, musst du schon vorbeikommen und mir direkt ins Gesicht spucken.
motor.de: Es kann aber auch eng werden, wenn es während eines deiner Konzerte zu laut im Publikum wird, richtig?
Everlast: Was meinst du?
motor.de: Ich erinnere mich an ein Video, wo du einen „Fan“ – freundlich aber bestimmt – des Saales verwiesen hast. Das war, glaube ich, während deiner letzten Tour in Freiburg.
Everlast: So? Um was ging es denn?
motor.de: Schwer zu sagen. Der Ton war miserabel. Aber es sah so aus, als hätte dich der Typ in deiner Konzentration gestört.
Everlast: Keine Ahnung. Ich erinnere mich nicht. Was auch immer an jenem Abend geschehen ist: Ich würde nicht so reagieren, wenn mich etwas nicht wirklich stören würde. Manchmal zeigen die Leute einfach keinen Respekt. Das kotzt mich an. Man kann mich gerne vor oder nach einem Konzert anquatschen. Das ist kein Problem. Ich bin der Letzte, der einen Fan im Regen stehen lässt. Wenn aber die Show anfängt, dann bin ich der Boss. Die Bühne gehört mir, verstehst du?
motor.de: Kommt es denn öfters zu Störungen aus dem Publikum?
Everlast: Nein, eigentlich nicht. Wenn aber doch mal jemand aus der Reihe tanzt und der Meinung ist, er müsste mir und all den anderen im Saal die Stimmung vermiesen, dann räume ich auf. Da kenne ich gar nichts. Ich meine, was soll der Scheiß? Ich kenne viele Kollegen, die sich vor ihrem eigenen Publikum in die Hose machen. Das ist doch krank. Wenn ich auf die Bühne gehe, dann ist das mein verdammtes Haus. Ich bin der Eigentümer. Ich bin der, der das Licht anmacht. Und ich bin auch der, der das Licht wieder ausmacht, wenn mir irgendeiner blöde kommt. Ich stell mich nicht hin und höre mir Gejohle und Gebuhe an. Dann pack ich meine Sachen und sage: Fuck you! Ich gehe. Und wenn ein einzelner rumnörgelt, dann schmeiß ich ihn eben raus. Ich verstehe auch die Leute im Publikum nicht, die sich so etwas gefallen lassen. Wenn ich auf einem Konzert bin und neben mir jemand dauernd Stress macht, dann hau ich ihm die Scheiße aus dem Leib. Hallo? Ein Ticket kostet viel Geld. Ein derartiges Verhalten ist nicht hinzunehmen. Ganz einfach.
motor.de: Du erwähntest gerade andere Künstler, die sich anders verhalten. Woran liegt das? Was glaubst du?
Everlast: Ich weiß es nicht. Ich steck nicht in den Leuten drin.
motor.de: Es gibt auch nur noch wenige Musiker, die sich einen ähnlich großen Protest-Button auf die Stirn kleben, wie du es auf deinem letzten Studioalbum getan hast.
Everlast: Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Das Business wird halt immer härter. Man muss heute richtig kämpfen, um klarzukommen. Ich meine, mir geht es gut. Ich kann mich nicht beschweren. Ich habe ein Haus, eine gesunde Familie und genug zu essen. Aber trotzdem gibt es Dinge, die mich anpissen. Anderen Leuten im Business geht es wesentlich schlechter. Nur tun sie nichts dagegen. Das verstehe ich nicht.
motor.de: Wie lange willst du noch Teil dieses Business sein? Es gibt Leute, die meinen, dass dein neues Album „The Life Acoustic“ vielleicht dein letztes sein könnte.
Everlast: Diese Leute sollten sich erst einmal darüber bewusst werden, dass dieses Album kein gewöhnliches Greatest Hits-Werk ist.
motor.de: Sondern?
Everlast: Es sind einfach Songs, die ich liebe. Die meisten Originale davon hat man noch nie im Radio gehört. Es gibt keine Hits auf dem Album.
motor.de: Demnach brauchen sich die Leute keine Sorgen zu machen?
Everlast: Worüber? Über meine Zukunft?
motor.de: Ja.
Everlast: Nein, brauchen sie nicht. Ich werde wahrscheinlich nicht mehr als Teil von House Of Pain auf die Bühne gehen. Aber ich werde trotzdem weiter Musik machen. Werde ich überhaupt nochmal auf der Bühne stehen und rappen? Keine Ahnung. Muss ich das überhaupt? Ich denke nicht. Wer mich kennt, der weiß, dass dieses Singer/Songwriter-Ding für mich genauso viel mit Hip Hop zu tun hat, wie ein derber Freestyle auf einem trockenen Beat. Die Menschen müssen aufhören, in Kategorien zu denken. Alles was ich mache ist Hip Hop. Und das wird auch so bleiben.
Kai Butterweck
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