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Die Vorgabe der Vollständigkeit fängt bei dieser Band schon mit dem Namen an: Exits To Freeways Spread Like The Veins On The Back Of My Hand. Genauso locker erweisen sich Bemühungen den Klangraum des Hamburger Trios mit den gewohnten paar musikalischen Ecken abzustecken als unzureichend.

Exits To Freeways stellen sich vor

Nein, diese Band macht es einem nicht einfach. Und genau darin liegt ihr Geheimnis, ihre Faszination und ihre Qualität. Mit abgeschmackten Fach-Kategorisierungen wie Post-Rock, Math-Core, Noise Rock kommt man hier jedenfalls nicht weit. Doch versuchen wir uns doch lieber an einer emotionalen akustischen Annäherung an das Debütalbum “Spilling Drinks.Spelling Names”. Vielleicht noch etwas historischer Informationsgehalt vorweg. Genauer gesagt zurück in die Veröffentlichungsgeschichte, denn diesem Langspieler ging Anfang letzten Jahres bereits eine gleichnamige EP voraus, auf der sich fünf der insgesamt 13 Exponate (samt instrumentalen Sample-Interludium) hier nun in Volllänge vorgelegten Songs schon ein Mal befanden. Doch das nur am Rande. Für die Buchhaltung. Ihr wisst schon, Math-Core und so. Zurück zur unbeschreiblichen Musik.

Von den beschriebenen Vorlieben ihrer Macher ist das inspirative Spannungsfeld mit Dinosaur Jr., Queen Adrena, Jr. Ewing und Saul Williams wenigstens ansatzweise abgedeckt, jedoch führt einen der eigene dynamische Bogen der Band noch viel weiter. Wenn At The Drive bereits namentlich Stillstand impliziert, dann befinden sich Exits To Freeways bereits längst nicht mehr auf der Landstraße, sondern auf der Überholspur der Hauptfahrbahn des Mainstreams. Vertrackt und dennoch extrem melodisch verzahnt, wie gleichsam übergreifend vermischen sich hier in offener Form lyrische Wut mit dem Willen zum Wohlklang jenseits jeglicher Berechenbarkeit. Exits To Freeways haben die Brecher, die Breaks, aber auch die Brillanz, konstruierte Kakophonie nicht zur Kunstform zu erheben, sondern ihrer zerstörerischen Kraft mit ausgleichender Eingängigkeit entgegen zu wirken. Was in vereinfachter Form vielleicht das bislang ungewöhnlichste, weil vergleichsweise konventionellste Stück, ‘Bliss Bluff’, nahezu IndiePop-profan auf den Punkt bringt, findet sich genauso in jedem der anderen Songs wieder – wenn auch in seiner Einzelstruktur zentrifugal zersprengt, zerlegt und zerrüttet. In epischster Breite macht dies dann auch der fragile, elegische Album-Abschluss ‘H-Smile’ klar, der mit sieben Zeilen Text – ohne die intelligente inhaltlichen Intensität der restlichen Lyrik zu schmälern – atmosphärisch ähnlich daher kommt, als ständen die Post-Doors vor der psychedelischen Tür, und ausdrückt, wofür diese Band steht: ‘Hidden Sea Smile/Over My Shoulder/ I Dig Your Style/ Taking Me Over/ No Bullshit This Time/ We’re Not Going Lower/ Again’.

Exits To Freeways – ‘Tourette Red’

Exits To Freeways Spread Like The Veins On The Back Of My Hand ist die Art von Band, der man ein Art Burt-Poster im Proberaum nicht unbedingt zutraut. Es sei denn, es handelt sich dabei um ein Ausstellungsexponatplakat im kunsthistorischen Sinne der Begriffsprägung. Und der passt im Namen der Unangepasstheit bei Sänger und Gitarrist General Woundsworth, Bassist Senior Operator Beaverchuck und Drummer Dr. Oktimus Pryme wenigstens diesmal auch musikalisch hundertprozentig.

Frank Thießies

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