Norman Cook alias Fatboy Slim über Iggy Pop, die veraltete Idee Album und 25 betrunkene Jahre.
Photo: Claudia Jogschies
Norman Cook geht mittlerweile in sein viertes Jahrzehnt als Musiker. In den 80er Jahren feierte er als Bassist Erfolge mit der Indiepop-Band The Housemartins. Seit den 90ern ist er als DJ unter dem Namen Fatboy Slim aktiv. Er machte den Big Beat mit Tracks wie „Rockafeller Skank“ groß und gilt heute als einer der Veteranen der britischen Dance-Szene. Anfang der 2000er veranstaltete er die Brighton Beach Events in seiner Heimatstadt, die zu den größten jemals auf der Insel stattgefundenen Open-Air-Konzerten zählen. Davon und ob dies der Höhepunkt seiner Karriere war, erzählt ein sehr entspannter Norman Cook im Interview.
motor.de: Wie oft bist du im Jahr in der Welt unterwegs und legst Platten auf?
Cook: Während des Sommers habe ich jedes Wochenende irgendwo Gigs, im Winter jedes zweite oder dritte – was super ist wegen unseres neuen Babys. Ich arbeite am Freitag und komme am Sonntag zurück, den Rest der Woche bin ich zuhause. So kann ich mich auch um die Familie kümmern. Bands müssen drei Monate auf Tour gehen und sehen ihre Familie nicht.
motor.de: Ist das viele Reisen für dich jetzt schwieriger als noch vor 15 Jahren?
Cook: Ich liebe es immer noch, auf einer Bühne zu stehen. Aber das viele Unterwegssein ist manchmal ein bisschen viel nach insgesamt 25 Jahren. Ich habe vor anderthalb Jahren mit dem Trinken aufgehört, was die ganze Sache einfacher macht. Ich mache nicht mehr viel Party, sondern gehe bald nach meinem Auftritt ins Bett. Man steht am nächsten Tag leichter auf, ohne einen Kater. Ich bringe Job und Familie insgesamt gut unter einen Hut.
motor.de: Was denken denn deine Kinder über den Beruf ihres Vaters?
Cook: Mein Sohn ist erst neun, er kann noch nicht so viel mit Musik anfangen. Aber manche seiner Freunde finden es cool, dass Fatboy Slim sein Vater ist.
motor.de: Wenn du auf deine 25-jährige Karriere zurückblickst, gibt es da einen definitiven Moment für dich?
Cook: Nach dem ersten „Brighton Beach“ kam mein Manager zu mir und meinte: „Das wars. Das werden wir niemals toppen.“ Im nächsten Jahr veranstalteten wir wieder „Brighton Beach“, diesmal kamen 250.000 Leute, und er kam wieder an: „Das wars. Damit haben wir wirklich den Gipfel erreicht.“ Was ich meine ist, wir versuchen uns weiterhin selbst zu überraschen, einfach immer weiter zu machen. Ich weiß also nicht, ob ich schon auf dem definitiven Gipfel war oder ob nicht doch noch einer kommt.
motor.de: Gibt es auch einen ultimativ schlimmsten Moment, an den du dich erinnern kannst?
Cook: [überlegt lange] Nein, nicht wirklich. Vielleicht erinnere ich mich auch nicht, weil ich die letzten 25 Jahre betrunken war. Die schlechten Momente waren immer, schwitzend an einem Flughafen zu sitzen und sich zu wünschen, daheim zu sein. [lacht]
motor.de: Letztes Jahr hast du ein Album unter dem Namen The Brighton Port Authority (The BPA) veröffentlicht. Warum hast du für die Platte ein neues Alias gewählt?
Cook: Es war nicht wirklich ein Fatboy-Slim-Album, es war ein anderes Genre. Ich habe schon immer unter verschiedenen Namen veröffentlicht. Man muss schon ein ziemlich cleverer Künstler wie David Bowie sein, um sich immer wieder neu zu erfinden. Es dauerte auch insgesamt 15 Jahre, um The BPA richtig auf den Weg zu bekommen. Als ich als Fatboy Slim anfing, hatte ich noch drei andere Namen, unter denen ich auftrat, und die Leute wussten höchstens noch von einem, dass ich das bin. Ich erinnere mich, ein Interview als Pizzaman gegeben zu haben, und eine Frage war: „Ist es wahr, das du Fatboy Slim bist?“ Und ich antwortete: „Nein!“ „Aber wir haben ein ziemlich starkes Gerücht gehört, dass du Fatboy Slim bist.“ „Nein, bin ich wirklich nicht!“ Heute käme ich mit solchen Lügen nicht mehr durch…
motor.de: War es die Erfüllung eines Traums für dich, mit The BPA einen Song mit Iggy Pop aufzunehmen?
Cook: Ja, auf jeden Fall. Ich traf ihn das erste Mal, als er zu einem meiner Gigs in Miami kam. Ich war geehrt, dass er überhaupt von mir gehört hat. Beim Glastonbury Festival traf ich ihn wieder und erzählte ihm, dass ich gerne einen Song mit ihm machen würde. Und er sagte gleich: „Okay. Würde dir morgen zwölf Uhr passen?“ Also kam er bei mir vorbei und wir machten den Song.
motor.de: Du hast seit sechs Jahren kein Fatboy-Slim-Album mehr veröffentlicht. Können wir demnächst mit einem neuen rechnen?
Cook: Eigentlich habe ich von der Idee eines Albums Abstand genommen. Zwölf Tracks zu sammeln und diese als Album zu veröffentlichen, erscheint mir in Zeiten, in denen die Leute nur noch einzelne Songs herunterladen, überflüssig. Ein weiterer Grund sind die Verpflichtungen, die daraus resultieren. Die Werbung, die du für die Plattenfirma machen musst, dafür auf der ganzen Welt herumreisen…
Gerade im Bereich Dance Music machst du heute einen Track, stellst ihn auf Beatport und schaust, ob die Leute ihn mögen. Du wartest nicht mehr ein Jahr, bis du zwölf Stücke zusammen hast, um dann Promotion dafür zu machen und anschließend noch eine Tour. Der Weg, wie es heute funktioniert, ist viel interessanter. Keiner weiß wirklich, wie Releases in Zukunft funktionieren werden, aber ich glaube, die Idee der Veröffentlichung eines Albums alle zwei Jahre ist überkommen.
motor.de: In der letzen Zeit haben sich ja verschiedene prominente britische Bands wieder zusammengefunden, z.B. Spandau Ballet und Suede. Wird es auch eine Housemartins-Reunion geben?
Cook: Nein. Wir haben uns geschworen, dass es zu keiner Wiedervereinigung kommen wird. Ich habe die Jungs letztes Jahr, anlässlich des Re-Releases von „London 0 Hull 4“ zum 25-jährigen Jubiläum, bei einem Interview wiedergesehen. Dort haben wir beschlossen, dass eine Reunion niemals passieren wird.
Interview: Eric Bauer
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