Streaming hat Gatekeeper der Musikindustrie zum Schmelzen gebracht. Es spielt keine Rolle mehr, ob der weiße Label-Typ lieber die immer gleichen Jungs mit den gleichen Themen und vor allem ohne lästige Schwangerschaften unterstützen möchte, denn zum ersten Mal in der Musikgeschichte spielt beim Komponieren das Geschlecht keine Rolle mehr. Das Ergebnis: Weltweit setzen sich immer mehr Künstlerinnen durch, zerwerfen jegliche Genderklischees bzgl. Frauen und Technik, indem sie ihre fantastische Kunst selbst produzieren und damit sichtbar sind. Die dadurch entstehende Diversität sieht man auch in der Elektromusik Metropole Berlin und heute stellen wir euch vier Künstlerinnen vor, die Berlins Ruf alle Ehre machen:
1. Rosa Anschütz
Elektronische Beats hatten schon immer eine große Bedeutung für Performance Kunst und Klanginstallationen. Eine der fantastischsten neuen Künstlerinnen studiert momentan in Wien gar „Transmedia Arts“: Rosa Anschütz. Ihr Album Votive, das im November 2020 erschien, zeigt eindrucksvoll, wie sich Text und Sound aneinanderschmiegen und so ein atmosphärisches Gesamtwerk erschaffen. Es gibt wenige Künstler*innen, bei denen Kunst so sehr als Sprache gelesen werden kann wie bei Rosa Anschütz. Jeder Song erzeugt einen Raum voller Emotionen. Im „Rausch der Sinne“ gesellen sich Straßenklänge zur kirchlichen Stimmung – ein Traum Soundtrack mit kinematographischer Atmosphäre. Der kalte Ausdruck der Freiheit verbindet sich mit der warmen Brutalität der Synths. Die Lyrics schlagen von ihrer lyrischen Seite und beleuchten die verschiedenen Fassaden der Welt, immer auf der Suche, immer am Finden und nie langweilig.
2. Benzii
Elektronische Musik kann wie eine starke Droge den Geist öffnen, aber sie kann auch süchtig machen, sagt der Producer Daniel Wang. Wenn die Musik so kraftvoll und intim wie bei der Berliner Künstlerin benzii ist, dann wünscht man sich nichts mehr als die Abhängigkeit von ihr. Benziis Musik überwindet die nervtötende Wiederholung des immer gleichen und strotzt stattdessen von ihrer vielfältigen Individualität, deren Musikalität in Songs wie „Commodity“ an 80s Soundinstallationen erinnert. Genau wie Rosa Anschütz blickt auch benzii auf einen klassischen musikalischen Werdegang mit viel Klavierspielen zurück – ein grundlegendes technisches Verständnis von Musik, das ihrer Kunst eine besondere Seite öffnet.
In benziis Musik verschwimmen die Grenzen zwischen dem Privaten und Politischen Akt der digitalen Welt. Die Verletzlichkeit ihrer Lyrics ist ihre Stärke und ihre pochenden Beats, die jedem LFO Synth den richtigen Platz geben, pflastern ihrem Selbstbewusstsein den Weg raus aus alten gesellschaftlichen Strukturen, wie man sie z.B. beim Online Dating noch heute massenhaft findet.
3. VTSS
Wie kaum eine andere Künstlerin switcht die polnische Künstlerin VTSS zwischen Untergrund und Techno Hype. Dabei strotzen ihre Produktionen stets von einem der wichtigsten Elemente: Energie. Ihr neuester Track „Goin Nuts“ erschafft eine ganze Soundlandschaft der Dunkelheit, in der das vocal sample an den frühen Detroit Techno erinnert. Die Atmosphäre ist aufreibend und getrieben im besten Sinne – und lässt auf den nächsten Rave mit ihr hoffen.
4. Bae.con
Um sich aus jeglichen Sexismus Debatten rauszureden, wird elektronische Musik gerne als „geschlechtslos“ oder „körperlos“ gelesen. Das ist insofern schon mal schwachsinnig da, wie die Musikwissenschaftlerin Janina Klaasen schreibt, „Schallwellen (…) Luftdruckschwankungen (sind), unabhängig davon, ob sie durch eine Stimme, ein Kulturinstrument oder einen technischen Apparat verursacht werden“ – sprich elektronische Musik hat von sich aus einen Körper. Doch in der Rezeption wird die unsichtbare technische Seite auf der Bühne stereotypisch eher den Männern zugeschrieben.
Wer Bae.cons Songs hört, dem kommt eine Körperlosigkeit der Musik erst gar nicht in den Sinn. Die Schallwellen schlagen bei der Musik der Berliner Künstlerin gefühlt noch tausendmal schneller. Ihre Beats zeigen mehr Emotionen, als mancher Ex-Freund es je konnte. Bae.con produziert die meisten ihrer Trap Pop Songs bei sich zuhause mit Ableton und sie überzeugen immer mit einer großartigen Hook.
Ihr Sound ist betörend, ihre Lyrics lassen sich nichts sagen und zeigen einmal mehr, warum diese Generation an elektronischen Künstlerinnen so kraftvoll ist: Ohne eine Sekunde zu zögern, verpacken sie ihre Gefühle in Töne, sie wissen, was ihnen zusteht, dieses Selbstbewusstsein macht ihre Musik absolut großartig- und all das ist nur der Anfang der Geschichte dieser jungen Generation (benzii ist schließlich gerade mal 19), zu der auch noch so viele andere fantastische Künstlerinnen gehören! Wir können es kaum erwarten, all die Kooperationen und Features der nächsten Jahre zu hören und bei Female Raves ihre unglaubliche Wirkkraft zu spüren. Eins ist auf alle Fälle schon mal klar, mit dieser Generation wird Musik nie langweilig werden!
Hier geht es zu Rosa Anschützs Instagram und hier könnt ihr Rosa auf Spotify folgen.
Ihr könnt hier benzii auf Instagram folgen und hier auf Spotify.
Hinter diesem Link versteckt sich VTSS Instagram Profil und hier geht es zum Spotify Profil.
Last but not least: hier könnt ihr Bae.con auf Instagram abonnieren und hier auf Spotify.
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