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Categories: Kinokolumne

Fetisch für Cineasten

Wer sagt eigentlich, Kino sei immer gefällig, immer Mainstream? Dem ist natürlich nicht so, denn selbst in großen Multiplexen lässt sich längst für (fast) jeden etwas finden. Ähnlich wie in der Kleinanzeigen der Großstadtmagazine und Dating-Portale bedienen die verschiedensten Filme alle Geschmäcker – und kein Unterhaltungsfetisch bleibt unbefriedigt, wie auch die Neustarts dieser Woche beweisen.

„The Wrestler“

Für die ganz Harten geht „The Wrestler“ an den Start. Die Geschichte eines in die Jahre gekommenen Show-Ringers, mit der Mickey Rourke gerade das Comeback des Jahres feiert, ist in ihrem Herzen natürlich ganz sensibel und zart. Aber bis man mal zu diesem sanften Kern vorgestoßen ist, muss man durch allerlei Brutales: Selbstverstümmelung, Steroide – und als heimlicher Höhepunkt wird auch mal ein Tacker auf menschlicher Haut angesetzt.

„Der Vorleser“

Etwas feinsinniger kommt da „Der Vorleser“ daher, mit dem alle glücklich werden, die die Verquickung von Liebe und Literatur zu schätzen wissen. Es gibt auch fiese Stimmen, die behaupten, diese Bestseller-Verfilmung würde in Sachen Fetisch eher in die Rubrik „Nazi-Porno“ gehören. Davon allerdings sollte man sich nicht abgestoßen (oder angezogen?!) fühlen, denn die wunderbare Kate Winslet spielt hier zwar eine Nazi-Verbrecherin und zeigt auch reichlich nackte Haut. Aber ähnlich wie ihr junger Lover weiß man das eine erst, nachdem das andere längst vorbei ist.

„Underworld: Aufstand der Lykaner“

Fetisch-Fans im wahrsten Sinne könnten sich womöglich für „Underworld: Aufstand der Lykaner“ begeistern. Immerhin trägt die Hauptdarstellerin, die übrigens im dritten Teil nicht mehr Kate Beckinsale heißt, jede Menge enger Outfits aus Latex, Lack und Leder. Auch Vampir-Junkies, die es seit „Twilight“ und Co. ja wieder vermehrt geben soll, kommen auf ihre Kosten, selbst wenn die Untoten sich gegen den Werwolf-Clan fast geschlagen geben müssen.

„Vorbilder?!“

Nur Anhänger guter Filme gucken ein wenig in die Röhre.
Wesentlich speziellere Vorlieben bedient ein Film wie „Vorbilder?!“. Dringend empfohlen sei die Komödie, die aussieht wie eine von Judd Apatow, aber nicht von ihm ist, allen, die auf Riesenbabys stehen. Paul Rudd und Seann William Scott spielen jedenfalls Männer, die nicht erwachsen werden wollen, und verglichen mit den letzten Auftritten von Adam Sandler und Will Ferrell sieht man ihnen bei dieser Standard-Masche dabei sogar gerne zu.

„Mord ist mein Geschäft, Liebling“

Parallel dazu gibt es natürlich auch Frauen, die immer ein wenig im Kindchen-Schema verhaftet bleiben. Nora Tschirner ist so eine, die auch in „Mord ist mein Geschäft, Liebling“ wieder so putzig wirkt wie schon in „Keinohrhasen“. Aber da es genug Zuschauer gibt, die genau so etwas zu suchen scheinen, muss sich Fräulein Tschirner um ihre Karriere wohl keine Sorgen machen. Außerdem steht ihr in dieser Krimikomödie genug altes Testosteron in Form der Italo-Recken Franco Nero und Bud Spencer zur Seite.

„Reich mir deine Hand“

Etwas für den besonderen Geschmack ist derweil „Reich mir deine Hand“, der mit schönen Jungs und schönen Bildern dem Fetisch Zwillinge frönt. Ganz zu schweigen vom homoerotischen Subplot, der dabei natürlich auch nicht zu kurz kommt. So könnte das französische Roadmovie dann nett vor sich herplätschern, doch dank Musik und Anime-Elementen wird schließlich fast noch ein cineastischer Genuss daraus.

„Maria am Wasser“

Schade, dass man von „Maria am Wasser“ nicht Ähnliches behaupten kann. Den Willen zur filmischen Poesie hat auch diese deutsche Produktion, doch den umzusetzen scheint erkennbar mühsam und anstrengend. Nicht einmal an hübschen Männern kann man sich in diesem Provinzdrama so wirklich ergötzen. Zwar spielt Alexander Beyer („Sonnenallee“) die Hauptrolle, aber mitunter ist er von Kopf bis Fuß mit gelber Farbe bepinselt. Und das ist dann doch ein Fetisch, der selbst im Kino nicht jedermanns Sache ist!

Patrick Heidmann

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