Bei den Brit Awards 2009 wurden Florence And The Machine in der Kategorie “Critics Choice” geehrt, ohne auch nur ein Album veröffentlicht zu haben. Das kommt jetzt in die Läden und heißt “Lungs“.

Der Albumtitel könnte kaum treffender sein: Einen langen Atem braucht die Band derzeit am meisten, denn der Druck wächst mehr und mehr. Im Motor-Interview spricht Sängerin Florence Welch über eine Karriere, die erst jetzt eine ist.

motor.de: Wie war das für dich im Frühjahr bei den Brit Awards: Du bekamst den “Critics Choice”-Award überreicht obwohl ihr nur ein paar Singles veröffentlicht hattet.
Florence Welch: Ich fühlte mich unwohl. Vor der Verleihung stand ja bereits fest, dass Florence And The Machine die Auszeichnung bekommen und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Meine Danksagung glich einer Entschuldigung: Wartet mal ein paar Monate und dann kommt unser erstes Album!

motor.de: Die Erwartungen an euer Debüt “Lungs” müssen riesig gewesen sein – wie bist du damit umgegangen?
Florence Welch:
Nun, ich wusste ja zumindest, dass ein paar Songs davon gut bei den Kritikern angekommen sind. Sonst hätten die uns ja niemals den Preis gegeben. (lacht) Zu diesem Zeitpunkt war “Lungs” bereits fertig und damit ich ruhig bleibe, meinte unser Produzent Kid Harpoon, dass die Platte das Beste sei, was er in den vergangenen Jahren gehörte hätte.

motor.de: Viele beschreiben den Sound als Indiepop und geben Kate Nash oder Lily Allen als Referenz an. Bist du zufrieden mit diesen Vergleichen?
Florence Welch: Eigentlich schon. Allerdings habe ich noch einen Zusatz: Wir machen Musik, die Lily Allen und Kate Nash machen würden, wenn sie eingeschlossen in einen Käfig voller Schlangen im Keller eines Bestattungsinstituts in Louisiana aufgewachsen wären. Das antworte ich immer, wenn jemand die Frage stellt. (lacht)

motor.de: Nicht einmal zwei Jahre gibt es Florence And The Machine und euer Erfolg könnte kaum größer sein: In England haben alle Singles die Charts erreicht!
Florence Welch:
Ich freue mich total darüber, auch wenn es sehr überraschend kam. Normalerweise braucht ein Künstler mehrere Jahre und zig Tourneen bis sich der Erfolg einstellt. Bei uns ging es eben schneller und fühlt es inzwischen sich nicht mehr fremd an -immer wieder kommen Momente, wo ich Luft holen kann.

motor.de: Wie sehen solche Momente aus, in denen Florence Welch Luft holt und den Alltag, Alltag sein lässt?
Florence Welch:
Wenn ich an meinem Klavier sitze, vergesse ich alles um mich herum. Diese Gabe muss von meiner Mutter kommen: Sie ging am Wochenende einfach in die Londoner Clubs, wenn es ihr zu viel wurde und tanzte die ganze Nacht. (überlegt) Als Kind fiel es mir schwer, dass zu verstehen, heute kann ich es nachvollziehen. Das Klavier ist sozusagen mein privater Club.

motor.de: Machst du dir Gedanken, wo Florence And The Machine in einigen Jahren stehen werden. Europa beschallt ihr derzeit via Mobilfunk-Werbung flächendeckend.
Florence Welch:
An Morgen denken, kann ich nicht. Es geht um den nächsten Song und wenn der fertig ist, gönne ich mir wenig Zeit zu Grübeln. Mit dem Spot sind wir übrigens sehr zufrieden, denn unser Song “Kiss With A Fist” passt zur rasanten Handlung. Werbung zu nutzen, um die eigene Musik zu promoten, hat heute nichts Anrüchiges mehr!

Florence And The Machine – Kiss With A Fist

Im Prinzip nur die Spitze des Eisbergs. Die britische Presse war für die Newcomer-Sensation des Jahres verantwortlich: Sie hob Florence And The Machine in den Himmel und wer dem Debüt “Lungs” aufmerksam zuhört, wird feststellen, dass Hypes manchmal nicht nur berechtigt, sondern dringend notwendig sind. Florence Welch, die Lily Allen aus der Gruft, hat bislang alles richtig gemacht.

Text + Interview: Marcus Willfroth