Nachdem er mit seiner Band Travis Erfolge feierte, mimt Sänger Fran Healy nun den Kreativ-Egoisten und veröffentlicht mit “Wreckorder” sein erstes Soloalbum.
Jeder kennt sie, die eingängigen Travis-Hymnen wie “Why Does It Always Rain On Me” oder “Sing”. Jetzt macht Fran Healy Urlaub vom Travis-Universum und beweist mit seinem ersten Soloalbum “Wreckorder” einmal mehr, wer der größte Meister bezaubernder Melodien und anmutiger Texte ist. Motor.de sprach mit ihm über das Älterwerden, Romantik und seine Schwäche für Paul McCartney.
motor.de: Was genau bedeutet denn “Wreckorder”?
Fran: Das ist eigentlich ganz einfach und dann auch wieder nicht. Als kleines Kind hatte ich einen von diesen alten Kassettenrekordern, bei denen man in ein Mikro sprechen, zurückspulen und seine eigene Stimme hören konnte – das hat mich so fasziniert, dass ich angefangen habe, damit zu experimentieren und kleine Shows für mich und meine Freunde zu machen. Jede Form von Produktivität geht aber auch gleichzeitig mit Zerstörung einher – die Leere eines weißen Blatt Papiers wird, wenn ich etwas Wunderschönes drauf schreibe, genauso zerstört wie die Stille, wenn ich anfange zu singen. Deswegen musste ich einfach das “Wreck-” an den Anfang setzen.
motor.de: Solo unterwegs zu sein heißt auch persönlicher zu werden, wie zum Beispiel in den Songs “Anything” oder “Buttercups”. Ist das ein Fran Healy, den es zusammen mit Travis nicht gegeben hätte?
Fran: Ich bin im Grunde ein sehr persönlicher Songschreiber und war schon immer so: Seht her, das ist mein Leben, das sind meine Lieder darüber. Wenn ich jetzt aber zum Beispiel alleine auf der Bühne sitze und Travis-Songs spiele, habe ich oft das Gefühl, mir etwas zurück zu nehmen. Das sind meine Lieder, ich habe sie für mich geschrieben, und jetzt habe ich die Chance, sie auch für mich zu spielen. Ich hatte keine Ahnung, was das für ein Unterschied sein würde, aber die Lieder sind definitiv düsterer und persönlicher.
motor.de: “Buttercups” ist deine erste Single – eine Liebesgeschichte, in der du einem Mädchen Blumen pflückst, um sie zu überraschen. Bist du noch immer so romantisch?
Fran: Ohje. Das letzte mal als ich so etwas getan habe, war ich 18 oder 19 Jahre alt. Ich weiß auch gar nicht genau, ist das schon so romantisch? Aber irgendetwas davon ist sicher noch immer da. Obwohl ich mich gerade nicht daran erinnern kann, wann ich das letzte Mal etwas Romantisches für meine Frau getan habe. Erst neulich hat sie mir vorgeworfen, dass ich nicht romantisch wäre. Da war ich dann doch etwas überrascht. Ich meine, ich habe so viele Songs für sie geschrieben! Ist das etwa nichts? Das musste sie dann einsehen. (lacht) Aber ich glaube, du hast mich inspiriert. Ich werde es einfach mal wieder versuchen.
motor.de: Was ist der Unterschied zwischen dem Mann, der “Why Does It Always Rain On Me”, und dem, der “As It Comes” geschrieben hat?
Fran: Das ist eine wirklich gute Frage, die sich auf Anhieb so nicht beantworten lässt. Natürlich bin ich erwachsener geworden, auch wenn es zwischen dem Jungen von damals und dem von heute auf jeden Fall Parallelen gibt. Trotzdem ist das auch ein neuer Abschnitt für mich, was ich auf der Platte auch unbedingt zeigen wollte. Ich glaube, vielen Musikern gelingt es nicht, zu akzeptieren, dass sie älter werden. Aber man kann nicht ewig 20 bleiben. Im Grunde bin ich aber nach wie vor auf der Suche und werde es wohl immer sein. Songs zu schreiben hilft mir aber dabei, genauso wie meine Kinder.
motor.de: Für “As It Comes” konntest du Paul McCartney am Bass verpflichten. Was musstest du dafür tun?
Fran: (lacht) Ich musste ihm eine Mail mit dem Song im Anhang schicken, dann geduldig abwarten und als Dank Vegetarier werden. Aber ich wollte ihn nun einmal unbedingt haben, weil ich glaube, dass er der momentan beste Bassist ist. Ich meine, James Jamerson ist tot und ansonsten fällt mir nur Sting ein, der da noch mithalten könnte. Paul mochte den Song auf Anhieb und hat sich die Zeit genommen. Das ist großartig! Besonders, weil er den Bass verwendet, den er schon in allen Beatles-Songs gespielt hat – einen Höfner-Bass von 1963. Eine große Ehre!
motor.de: Du hast neulich in einem Interview gesagt, du hättest bisher nur die Oberfläche deiner neuen Reise angekratzt. Was kommt also als nächstes?
Fran: Dieses Soloalbum hat mich ermutigt, meine Seifenblase zu verlassen und Neues auszuprobieren. Eigentlich sollte ich jetzt schon wieder mit Travis im Studio stehen. Aber gerade habe ich das Gefühl, dass ich dieses Solo-Dasein noch ein wenig genießen sollte. Je älter man wird, desto mehr realisiert man, dass da nicht unendlich viel Zeit ist, solche Dinge zu tun. Vielleicht studiere ich noch einmal Filmwissenschaften, das finde ich unheimlich spannend. Wir werden sehen.
Stephanie Johne
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