Wenn man zum ersten Mal einen Satz mit „Früher, als ich noch jung war…“ beginnt, läuft es einem eiskalt den Rücken herunter. Die ersten Helden unserer Kindheit sind jetzt alt, verschwunden oder einfach nur irrelevant geworden. Man ist versucht, Bands wie The Subways zumindest zu letzterer Kategorie zu zählen. Damals hatte die Band aus Hertfordshire zumindest etwas zu sagen: Songs wie „Rock’n’Roll Queen“ waren (vor neun Jahren!) Hymnen, stilweisende Beispiele für das, was wir Indie-Rock nannten. Wir hatten Spaß, haben geschwitzt und getanzt und mit wilden Schreien Festivalstaub in unsere Lungen gepumpt. Theoretisch geht das noch immer: The Subways haben auch in diesem Jahr die großen Festivals bespielt. Aber fühlt es sich immer noch genauso an? Wir haben uns mit Charlotte Cooper (Bass und Gesang) und Josh Morgan (Schlagzeug) unterhalten und unser inneres Party-Barometer dabei fest im Auge behalten.
Foto: Flickr-User “Man Alive!”, CC BY 2.0
Das erste Symptom für eine Band-Midlife-Crisis scheint vorhanden: Das neue Album von The Subways heißt: The Subways. Das ist oft eine Art Hilfeschrei. Aber wie sieht es hier aus? Josh sagt, die Band habe sich dieses Mal „sicher genug gefühlt, die Platte selbst aufzunehmen, zu produzieren und zu mischen“. Das ist neu, früher wurden noch Produzenten eingekauft. Heute hat Billy, seines Zeichens Sänger und Gitarrist und damit das Gesicht der Band, die Regler im Alleingang bedient. Charlotte erklärt, dass er sich schon immer dafür interessiert habe: „Als wir angefangen haben, hat er unsere Demos produziert“. Bei den späteren Alben habe er den Produzenten immer über die Schulter geschaut und „Fragen gestellt“. So einfach kann es sein.
Das neue Album ist eine Reise zurück in eine Zeit, in der alles besser war: „Wir wollten wieder zu unseren Wurzeln zurückkehren, und genau das haben wir auch gemacht. Schmutzigere Gitarren, fetterer Bass, gutes raues Schlagzeug“.
Kann das funktionieren? Was passiert, wenn die einzige Aussage ist, dass früher irgendwie doch alles besser war? Und will man das überhaupt?
Josh beteuert, dass er einfach das tut, was ihm gefällt. Schließlich stehe es um den Rock derzeit alles andere als gut: „Man muss tief graben, um etwas zu finden. Es gibt immer noch viele Bands die sich auf Gitarre, Bass und Schlagzeug reduzieren. […] Es gibt schließlich noch The Vines, The Hives… Das ist für mich Musik, die gut und einfach natürlich klingt. Und da wollten wir auch mit unserem neuen Album hin.“ Über Geschmack lässt sich streiten – Aber nennen wir es beim Namen: Sich in eine Reihe mit Bands wie The Hives zu stellen ist nicht weniger als die absolute Verneinung jeglichen progressiven Denkens. Aber gut, solange es Spaß macht…
Live stellen The Subways unter Beweis, dass sie ihre Instrumente durchaus bedienen können. Sie sind laut, spielen auf den Punkt und können begeistern. Die alten Songs sitzen wie eh und je. Die neuen sitzen auch, sind aber bedeutend schwächer, könnten auch als nie veröffentlichte B-Seite von vor zehn Jahren durchgehen. Die Leute haben trotzdem Spaß, auch wenn der Altersdurchschnitt bedrohlich hoch ist. Eigentlich tut es aber auch mal wieder gut, zu den älteren Fans in der Crowd zu gehören.
Es gibt Orte, an denen sind The Subways fast schon zuhause: Die Band ist untrennbar mit den großen Festivals dieser Welt verbunden. The Subways sind Teil der klassischen Coming of Age-Geschichte des heutigen musikaffinen Twentysomethings – und wir wollen uns da auch nicht ausschließen. Sie haben gezeigt, dass es da draußen verdammt in Ordnung gehende Musik, gespielt von verdammt in Ordnung gehenden Menschen gibt, zu denen man bei bestem Wetter irgendwo in der Pampa trefflich tanzen kann. The Subways gehören zum klassischen Festival so organisch dazu, dass sie sogar selbst als Besucher dort noch Spaß haben können: „Wir gehen immer los, um uns die Konzerte anzuschauen“, sagt Charlotte, und man glaubt es ihr sogar.
Fassen wir zusammen: Als wir das erste Mal auf einem Festival waren, das erste Mal in relativer Freiheit Spaß hatten, waren The Subways dabei. Als wir mit unseren Dates im Auto durch die Landschaft fuhren, waren The Subways dabei, bestenfalls mit „With You“, einem Song, der praktisch die Hymne prototypischer Indie-Rock-Anbandelung ist. Vielleicht können wir die Beziehung mit unserer Jugendliebe ja noch retten, wenn wir den Song noch einmal live hören, zu dem wir uns das erste Mal geküsst haben, vielleicht macht es dann noch Sinn, aber hey, die Welt dreht sich weiter, die da oben auf der Bühne sind auch nicht jünger geworden, und irgendwie macht das mit uns beiden doch sowieso keinen Sinn mehr. Aber immerhin haben wir nochmal ein Konzert gesehen.
Das neue Album The Subways lässt noch ein wenig auf sich warten und erscheint im Februar 2015.
(Foto ganz oben: goomusic)
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