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Funny van Dannen ist einer der bekanntesten Liedermacher Deutschlands und nicht nur das, er schreibt auch Bücher und malt Bilder. Mit “Fischsuppe” veröffentlicht er sein 13. Album. Wir sprachen mit ihm über Musik, Kunst und sein kreatives Potential.
(Foto: Sven Hagolani)
Ganz am Rande Nordrhein-Westfalens liegt ein kleiner, unauffälliger Ort, auf halbem Wege zwischen Mönchengladbach und Maastricht, mit Namen Tüddern. Einmal der Landstraße Richtung Westen gefolgt, findet man sich an der Grenze zu den Niederlanden wieder, welche früher – Mitte des 20. Jahrhunderts – noch östlich entlang verlief, sodass diese Gegend unseren Nachbarn angehörte. In dieser Zeit kam Funny Van Dannen dort als Franz-Josef Hagmanns zur Welt. Die Heimat machte ihn zunächst zum Niederländer und prägte ihn letztlich mit rheinischen Humor und Bescheidenheit. Schon als Kind gehörte der Buntstift zu seinem Lieblingsspielzeug. Bis heute steht die Malerei im Vordergrund und zog sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Im jugendlichen Alter wurde das kreative Potential noch durch das Schreiben und Musizieren erweitert: “Die Gitarre stand immer griffbereit, da wir schon früher dazu gesungen haben” erinnert er sich, “so habe ich mir in der Pubertät ein paar Griffe beigebracht, die heimischen Bands nachgesungen, Gedichte geschrieben und eigene Lieder probiert“.
Seine Songs sind keine professionellen Kompositionen – sie gehen nicht über drei Oktaven hinaus, bestechen durch Stammtischcharakter und der Gesang muss nicht notwendigerweise mit der Melodie harmonieren. Seine Musik lebt allein vom lockeren Spiel auf der Klampfe, den Texten und seiner Stimme, “die halt ist, wie sie ist“. Auch die aktuelle Platte wäre unter einer Reihe deutscher Liedermachern nicht nur durch den eigensinnigen Stil auszumachen, sondern auch durch absurde und oft ungebräuchliche Worte, wie eben “Fischsuppe”. Zum Servieren der Platte ist der 53-jährige Künstler in die Nähe seiner Heimat zurückgekehrt, was eher durch Zufall zustande kam: “Eigentlich sollte ein Studioalbum daraus werden, aber die Vorbereitungen zogen sich ewig hin“, es wurde ihm zu langwierig und er schlug ein Live-Album vor, welches im Düsseldorfer Zakk vor Publikum eingespielt wurde, wie es schon bei “Clubsongs”, “Grooveman” oder “Authentic Trip” der Fall war. Die Energie, die Dynamik und die Motivation ist den Songs anzuhören. Er wollte den Langspieler endlich vor Publikum präsentieren: “Es sind diese einmaligen Ereignisse, dieser eine Abend, der zwar konserviert und wieder abrufbar ist, aber es ist die Lebendigkeit, die Spannung, wie Lieder ankommen und ob sie funktionieren“.
Funny Van Dannen – “Erleuchtet”
Funny Van Dannen schätzt die Momente – sie können inspirieren, sie lassen sich nicht wiederholen und wollen genutzt werden. Er weiß sie zu nutzen und veröffentlicht mehr, als die meisten seiner Kollegen. In 21 Jahren sind es sieben Bücher und dreizehn Alben, die jeweils um die 20 Tracks umfassen. In einem Jahr konnte schonmal mehr anstehen, als man es von einem Künstler erwartet. Doch die moderne Vermarktung läuft nach einem anderen Prinzip: nach der Veröffentlichung folgt die Werbemaschinerie und eine gewisse Zeit, um das Produkt an den “Kunden” zu bringen. Er widersetzt sich diesen Mechanismen: “Ich mache mehr als zu vermarkten geht. Das ist schon absurd, dass die Wirtschaftlichkeit mit der eigenen Produktion abgestimmt werden soll, denn man möchte doch, dass das was man macht auch zeitnah veröffentlicht wird und nicht erst dann, wenn der Moment für die Vermarktung gerade günstig ist“.
(Foto: Carla Meurer)
“Ich habe eigentlich kein Thema. Das Thema ist das Leben. Da gibt es keine Einschränkungen.” Es fasst sehr gut zusammen, woher er seine Inspiration nimmt – die Realität, dem Ich, dem Alter und allem was drumherum passiert. So wird die Ergo-Versicherungsgruppe als letzte Berufshoffnung besungen, wenn “alles andere den Bach runter geht“, ebenso wie das Verdrängen der Natürlichkeit durch die Wirtschaft oder ein Eimer weißer Farbe mit Findungsschwierigkeiten. Wem entgangen ist, dass “Dönermorde” das Unwort des letzten Jahres ist, weiß es spätestens durch dieses Album. Auch Spielereien kommen nicht zu kurz: Beruferaten bei Tieren, Mikado mit Spaghetti oder Olga, der das Pokern mehr Freude macht als eine Beziehung. Erzählt wird es von einem Mann, der sich auszudrücken weiß und den Job eines Missionars der Wahrheit aber auch des Irrsinns ausfüllt. Wir werden vor einem Werk zwischen Protest, Dadaismus und augenzwinkernder Poesie gesetzt, wiedergegeben in melancholischen Balladen, Klageliedern und in Songs, die durch Humor und Gelassenheit bestechen.
Die Suche nach einem Faden, der durch das neue Album führt, bleibt erfolglos. Jeder Titel steht für sich allein, keiner folgt aus einem besonderen Grund dem nächsten. Es geht vom Burnout-erleidenden Acker, über sich wehrende Schweine oder Unterhosentatoos. Auf die Frage, wie er sich denn all die Texte merke, antwortet er lachend: “Auswendig kenn ich kein einziges Lied, konnte ich von Anfang an nicht. Ich habe immer ein Blatt vor mir, da ich extrem leicht ablenkbar bin und versing mich auch gerne mal“. Im Vergleich zu anderen deutschen Liedermachern ist Funny van Dannen einer der wenigen, die sich wagen Texte zu schreiben, die provozieren, kritisieren, zum Nachdenken anregen und trotzdem unterhalten können. Erfahrungen sammelte er als Sänger und Heino-Parodist beim Karneval, auch der kann unterhaltsam sein und ist dennoch ein wenig politisch beeinflusst.
(Foto: Carla Meurer)
Die Zeiten von “Saufen” und “Wir würden nie zum FC Bayern München gehen” sind vorbei, das Motto ist dennoch dasselbe geblieben: “Ich bin manchmal zum kotzen, auch wenn ich nicht so scheine, dann sage ich Sachen, die ich genauso meine“. Die meisten seiner jungen Kollegen singen momentan von Liebe, Gefühlen, Träumereien. So wollen die wenigsten etwas riskieren, doch genau das könnten wir wieder gebrauchen. “Es wäre schön, wenn da frischer Wind rein käme“, die deutsche Popmusik ist insgesamt zu “weinerlich und kleinmütig“. Doch es gibt Hoffnung auf Rettung: Zwei Menschen, die die Flagge für Liedermacher hochalten, und nicht nur unterhalten wollen, sondern in ihrer bisweilen traurigen Komik auch politisch sind: Funny van Dannen an der Gitarre und Rainald Grebe am Klavier. Wie unglaublich wäre es, beide einmal zusammen singen zu sehen und wie schön, wenn sie Musiker davon überzeugen könnten, intelligentere Texte zu produzieren.
René Tauschke
Album: “Fischsuppe”
VÖ: 09.03.2012
Label: JKP/Warner
Tracklist:
01. Ergo-Versicherungsgruppe
02. Fischsuppe
03. Mikado
04. Fang den Pudding
05. Wildschweinschädel
06. Einkaufszentren entstehen
07. Olga, lass das Pokern sein
08. Erleuchtet
09. Ins Heim
10. Oh, Acker
11. Der Fahrradfahrer
12. Unterhosentattoo
13. Wenn die Tiere Berufe hätten
14. Was ist mit der Liebe
15. Was Krieg ist
16. Unruhe
17. Etwas Neues fühlen
18. In den Zeiten der Zeitarbeit
19. Butterbrot
20. Ein Eimer weiße Farbe
21. Eckig
22. Freude
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