Neidisch auf Dustin Hoffmann, nach einem Bruce Springsteen Song benannt, Phil Collins bewundernd – Die Indieboys 2.0 Ghost Of Tom Joad.

Vor vier Jahren sorgten sie dafür, dass die “Renegades Of Love” die Tanzflächen stürmten. Mit ihrem Debüt eroberten die Münsteraner gebrochene Indieherzen und bewegungswütige Fußsohlen. Ghost of Tom Joad haben sich seit dem eingereiht in die deutsche Rockliga und im Popzirkus haben sie sich eingelebt. Ende diesen Monats, am 25. Februar, erscheint schon ihr dritter Langspieler “Black Musik”.  Synthielastiger, gezügelter und dicker produziert als die beiden Vorgänger “Matterhorn” und “No Sleep Until Ostkreuz” wirkt das neueste Werk. Der Sänger des Trios, Henrik Roger, sprach im motor.de-Interview über den Entstehungsprozess.

motor.de: Zuerst war es das Verarbeiten einer Beziehung, dann das symbolische Bergsteigen. Könntet ihr es auf einen Punkt bringen, womit sich euer neues Album „Black Musik“ beschäftigt?

Henrik Roger: Auf einen Punkt wird schwierig: Schlagzeug spielen, Nina Simone, Rockmusik, Christoph Schneider, Farfisa VIP 500, A Tribe Called Quest, Roland tr-808, Helikopterschuppen Schlesische Straße, The Police, Istanbul, Tony Allen…

motor.de: „Black Musik“ zieht mit seinem denglischen Titel einen hübschen Bogen zum Debüt, auf dem eine ähnliche Sprache verwendet wurde. Was hat sich bei euch geändert von „No Sleep Until Ostkreuz“ über „Matterhorn“ bis zum neusten Werk, in musikalischer, vielleicht auch in menschlicher Hinsicht?

Henrik Roger: Wir haben bei dieser Platte einfach unheimlich viel Spaß gehabt. Wir verbrachten sehr viel Zeit im Proberaum und haben Musik gemacht. Die Songs für die Platte schrieben wir letztendlich dann in zwei Wochen. Das war echt alles ein Riesen Spaß und wir sind als Freunde noch mal ein gutes Stück enger zusammen gewachsen.

Ghost Of Tom Joad – “Black Musik”

motor.de: Wie würdet ihr den Entstehungsprozess des neuen Werkes beschreiben? Was hat euch geleitet in einem Hip-Hop-Studio aufzunehmen und was hat euch geritten in der Pause Phil Collins zu hören?

Henrik Roger: Mal abgesehen von den „Disney Years“ ist Phil Collins doch einfach immer super oder? Wir waren im vorletzten Jahr schon einmal im Studio und haben eine Platte aufgenommen. Der einzige Song, der uns am Ende dann von den Aufnahmen wirklich umgeblasen hat, war „Black Musik“. Also ist diese Platte nie erschienen und wir haben erstmal wieder nur das gemacht was wir können: Im Proberaum einschließen und laute Musik machen. Besessen von dieser „Black Musik“-Idee haben wir dann angefangen, Schlagzeugbeats aufzunehmen und ausgehend davon dann Arrangements zu machen. Die tatsächlichen Songs sind dann innerhalb weniger Wochen entstanden. Wir sind im letzten Jahr wieder zusammen mit Dennis Scheider nach Berlin gegangen, um das „Black Musik”-Album aufzunehmen. Die Idee in den Royal Bunker zu gehen war eher spontan. Der Helikopterschuppen war gerade im Aufbau, also sind wir 500 Meter weiter zu K.I.Z ins Studio gegangen, um ein paar Sachen aufzunehmen.

motor.de: Eure Freundschaft existiert seit Kindertagen, die Band erst seit fünf Jahren. Beim Touren, Proben, Aufnehmen verbringt ihr sehr viel Zeit miteinander. Gibt es ein Rezept, sich als Band und Freunde dabei nicht gegenseitig auf die Nerven zu gehen? Kann man, oder muss man sogar, als Band Beruf und Schnaps trennen?

Henrik Roger: (lacht) Beruf und Schnaps trennen, das ist ja super! Also das sollte man eigentlich immer machen. Es gibt diesen Spruch: „Auf Tour ist immer Samstag“. Das ist sowas wie die Rechtfertigung, dass man sich nach der Show die Kante gibt. Das hält man drei Tage durch, aber wenn man so wie wir fast einen Monat auf Tour ist, dann muss man ein bisschen diszipliniert und als Sänger auch manchmal der Langeweiler sein, der als erstes ins Hotel geht. Respekt ist, glaube ich, das Wichtigste. Egal wie dicke man befreundet ist, man muss immer wissen, wann man aufhören muss, den anderen zu trietzen.

motor.de: Mit dem Label Richard Mohlmann Records und eurem Booking auf GhvC seid ihr erstklassig in die deutsche Indieszene eingebettet – sind denn auf „Black Musik“ Kooperationen/Features mit anderen Künstlern aus dieser Ecke zu finden oder habt ihr das vielleicht in Planung?

Henrik Roger: Keine Ahnung, bisher haben wir sowas noch nicht geplant aber, wir wären gern mal die Backing Band von einem Rapper. Das wäre super.

Mit wem würdet ihr gern mal einen Song aufnehmen und warum?

Henrik Roger: Casper. Wahnsinn was der für eine Stimme hat.

Ghost Of Tom Joad – “Black Music” (Making Of)

motor.de: Ich habe etwas von (durchaus berechtigten) Jimmy Eat World-Vergleichen gelesen – Mit welchen Bands würdet ihr euch denn gern in eine Reihe stellen und wieso?

Henrik Roger: Vergleiche sind was für Hohlköpfe und meistens ganz schön hanebüchen. Wenn ich irgendwem die Wahrheit sagen würde, dass ich meine Band in einer Reihe mit Liquid Liquid, Material und Medium Medium sehe, dann kann da wahrscheinlich kaum einer was mit anfangen. Deswegen halte ich mich da aus diesen Vergleichen raus, soll jeder schreiben, was er denkt.

motor.de: In einem Interview von 2008 meintet ihr, dass die ersten Touren „vielleicht noch aufregend“ waren – hat sich Routine eingeschlichen? Und gibt es eigentlich manchmal demotivierende Momente, in denen ihr denkt „Wär ich nur lieber Steuerfahnder/Bäcker/Elektriker geworden”?

Henrik Roger: Ich wär gerne so ein existentialistischer Detektiv wie Dustin Hoffmann in dem Film “I Heart Huckabees”. Das wäre ein guter Beruf.

Das perfekte Konzert im Hause Ghost Of Tom Joad – wie sollte das ablaufen?

Henrik Roger: Unser perfektes Konzert hatten wir schon: 2. Juni 2007, Harsewinkelgasse in Münster. In so einer Stadt wie Münster brüsten sich die Studenten ja immer gerne damit, eine „Abrissparty“ gemacht zu haben. Paaahh kann ich da nur sagen. Wer nicht da war hat „Der Wahrheit“ nicht gesehen.


Interview: Julia Kindel