Als Interviewerin geht man drei Risiken ein: den Interviewten zum Einschlafen zu bringen (ist einem Kollegen bei Kele wirklich schon passiert), ihn selbst zu gut zu finden (sicher schon mehr als ein Mal passiert) oder ihn aus dem Konzept, bis hin zum Interviewabbruch zu bringen.
Letzteres ist mir bei Ghostpoet passiert. Das finde ich grundsätzlich nicht weiter schlimm, allerdings war ich durchaus überrascht ob des Grundes:
Ghostpoet will kein Instaboy sein.

Dieses Gefühl, wenn zu Hause die Dias ausgepackt werden. Der Moment, an dem der Vater deinen nackten Babyhintern deinen Hochzeitsgästen präsentiert. Alles das sind Anlässe, an denen das Wort „Waisenkind” plötzlich enorm an Attraktivität gewinnt.
Woran liegt es also, dass wir freiwillig Fotos von uns veröffentlichen, die nur darauf warten, Futter für unsere Hochzeitsblamagen zu werden?

Wer Instagram besitzt, dem muss klar sein: Was ich hoch lade, das ist da draußen.
Das Netz ist ein manifester Spiegel des Selbst, vor allem für Personen des öffentlichen Lebens.
Wenn ich ein Bild von mir veröffentliche, ist das PR, es ist Teil meines Moodboards, meiner Corporate Identity – im Zweifel meiner Hochzeitsrede. Das wissen wir als motor.de, das sollte auch jede Privatperson da draußen wissen. Ghostpoet allerdings, scheint zu glauben, er habe bisher sein ganz privates Tagebuch auf seinem nicht ganz so privaten Instagramaccount geführt. Zumindest brach er aus dem Nichts heraus das Interview ab, als wir ihn mit seinen eigenen Bildern konfrontierten.

Das Erstaunliche daran: Ghostpoet ist kein kleiner Junge mehr.
Meine kleine Schwester ist diese Woche 13 geworden. Als professionelle Instagramprivatperson ist sie über jedes Bild sauer, das sie nicht so präsentiert, wie sie sich selbst gerne sieht.
Natürlich dürfen die Bilder „nicht zu hart gefiltert” sein, aber das, was sie nach draußen transportiert ist eine scheinbar authentische Version eines Mädchens, das es so nicht gibt. Sie ist ein Instagirl und darüber ist sie sich bewusst.

Ich bin froh, dass meine Schwester weiß, dass ihre Lieblings Youtuber nicht nur aus Lust und Laune über ihre „Lieblingsprodukte“ reden und ich bin froh, dass meine Schwester weiß, dass Instagram nun mal Instagram, persönliche Öffentlichkeitsarbeit, ist.
Nun ist die Persönlichkeit einer 13 Jährigen natürlich alles andere als konsistent.
Aber, lieber Herr Ghostpoet, auch dafür hat meine Schwester eine Lösung: Aussortieren.
Anders als bei Mamas Fotoalben, sind die Fotos auf Instagram nicht nur selbst gewählt, sie sind auch jederzeit löschbar – und das ist sogar Gang und Gebe. Je konsistenter das Profil, desto beliebter.

Auch Ghostpoet hat ein konsistentes Instagramprofil. Neben Hunden und Foodporn tümmeln sich da Hanteln, Selfies und alkoholische Getränke. Die Fotos erzählen Geschichten fern ab von den Texten seiner Songs. Und doch ist es der gleiche Mensch, unter dem gleichen Künstlernamen, der da durch die Bilder zu uns spricht. Bilder haben Botschaften, genauso wie Musik.
Das könnt ihr, liebe Künstler, nicht leugnen. Hätten sie das nicht, müsstet ihr euren Kram auch nicht veröffentlichen, geschweige denn verkaufen.
Tut uns also bitte einen Gefallen und seid euch eurer Botschaft bewusst, ansonsten muss ich bei folgenden Zeilen in Zukunft laut lachen:

Love’s like a shooting star.
Amazing like asteroids.
And captured on Polaroids
Black and white
You always get my best side.

Moment. Haha. Dafür ist es zu spät.