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Gonzales

Den Anfang markierte das inzwischen zum Klassiker avancierte Electro-Hipster-Album „Gonzales Uber Alles“ aus dem Jahr 2000. Ü-Punkte waren ubrigens tatsachlich nicht vorgesehen. Seither hat jedes seiner Alben ihn auf neues stilistisches Terrain verschlagen; jedes Mal ein neuer Style, ein neues Image, eine neue Strategie, um den Medien zu zeigen, wo der Hammer hängt. Und doch gab es eine Konstante in all dem Wandel: die Genialität, mit der Gonzales seine Songs bzw. Alben strickt. Dazu die extrem ausgeprägte Fähigkeit, einem Publikum – sei es nun vor einer Bühne oder vor einem Plattenspieler – mit seiner Show kollektiv die Kinnlade auszuhebeln. Was nicht zuletzt auch von einem gewaltigen Ego zeugt…

Gonzales kehrte Kanada im Jahr 1998 den Rücken. Vor 10 Jahren also. Er hatte die harsche Realität der (damals tatsächlich noch existierenden) Musikindustrie in einem buchstäblichen Crash-Kurs lernen müssen: sein Plattenvertrag mit Warner platzte schon binnen kürzester Zeit. Das Label wollte ihn droppen, aber er nahm sich einen guten Anwalt, und schließlich bezahlten sie IHN sogar dafür, als er das Label verließ. Eigentlich nicht schlecht. Aber natürlich noch längst nicht genug.

Also ging’s nach Berlin. In den darauf folgenden „Hipster-Jahren“ wurde Gonzo (wie er u.a. liebevoll von Kollegen wie Feist, Jamie Lidell oder Mocky genannt wird) gefragt, so illustre Künstler wie Daft Punk oder Björk durch seinen Remix-Fleischwolf zu drehen – woraufhin er sich jedoch kurzerhand dafür entschloss, die Stücke von Grund auf neu einzuspielen. In einer inzwischen legendären Pressekonferenz ernannte er sich ganz beiläufig zum „President of the Berlin Underground“, und die Anwesenden dachten, sie hätten einen seiner Scherze live miterlebt. Er wurde zu David Bowies „Meltdown Festival“ nach London eingeladen. Doch auch das alles war noch längst nicht genug.
Daher die nächste Station: Paris. Jener Ort also, an dem er in überaus entspannten (Schlafanzug-)Sessions mit seiner einstigen Tourgefährtin Feist deren grandioses Debütalbum „Let It Die“ aufnehmen sollte. (Ein Album übrigens, das schließlich eine halbe Million Einheiten verkaufte). Außerdem tat er sich mit dem französischen Produzenten Renaud Letang zusammen, was dazu führte, dass er sich nun auch für Jane Birkin, Charles Aznavour und den französischen „Superstar“ Christophe Willem um Instrumentierungen und die Produktion kümmerte. Zugleich sagte er entschieden „Non“ zu einer Vielzahl französischer Nachwuchs-Singer/Songwriter, weil sie schlichtweg nicht gut genug waren, wobei er die Anfragen von Teki Latex und Phillipe Katerine dann doch nicht ausschlagen konnte. Ja, Gonzo hat sogar auf einem Song von Iggy Pop Schlagzeug gespielt: „Motor Inn“ von 2004.

Im selben Jahr (2004) erschien mit „Solo Piano“ (Universal Jazz) auch das bis dato meistverkaufte Album von Gonzales. Dank dieser LP sagte der Name „Gonzo“ plötzlich auch wirklichen Menschen etwas – solchen Wesen nämlich, die bisweilen tatsächlich in Läden gehen, um Musik zu kaufen. Die Klavier-Kompositionen fungierten kurze Zeit später in einem Dokumentarfilm über Hitlers Leibwächter sowie in Filmen von Francois Ozon, Patrice Leconte und Pierre Jolivet als Soundtrack. Auf der Doppel-DVD „From Major To Minor“ aus dem Jahr 2006, konnte man Gonzo zum einen dabei erleben, wie er seinem Publikum – in Pantoffeln! – surrealen Musikunterricht gibt, und zum anderen, wie er sich zusammen mit Mocky, Feist und Jamie Lidell für ein „White Gloves Concert“ die Bühne teilt, um gemeinsam die jeweils berühmtesten Songs jedes Einzelnen zum Besten zu geben.

Heute ist Gonzales bei Menschen und Hipstern gleichermaßen angesagt. Was also bleibt diesem dysfunktionalen Größenwahnsinnigen noch? Welchen Move kann er nach seiner Entwicklung vom Outsider zum Insider noch bringen? Die Antwort lautet „Soft Power“. So der Titel seines kommenden Albums auf Mercury Records. 10 Songs, sanfter und zugleich druckvoller, nach vorne gerichteter Softrock mit deutlichem Siebziger-Einschlag, gemischt mit eindringlichen Balladen, wie nur Gonzo sie einspielen kann. Doch eine Frage bleibt: Wird es damit dann endlich genug sein?

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