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Nicht nur weil die Hackerangriffe aus dem inneren des Konzerns selbst kamen, scheitert die Suchmaschine in China gerade an sich selbst.
Den Verdacht, es handle sich um eine bloße PR-Aktion, hat die öffentliche Meinung immer schnell und gern. Im Falle von Googles angedrohtem Rückzug aus China ist er allerdings so billig wie müßig. Denn allzu arg scheint das Unternehmen nicht darunter zu leiden, dass es sich zum Sündenbock des World Wide Web gemausert hat. Muss es auch gar nicht, die Einwürfe sind meist rein rhetorischer Natur und bedeuteten bislang nie, dass Googles Produkte davon ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen würden. Vor der Macht der Netzgemeinde braucht der Konzern auch keine allzu große Angst zu haben: Über deren Begehrlichkeiten weiß schließlich niemand besser Bescheid als Google selbst.
Das gilt zumindest in Demokratien, die meist wenig dagegen ausrichten können, dass der Konzern die Informationshoheit des Individuums gründlich unterminiert. In autokratischen Systemen tut sich Google dagegen schwerer. Wo das Unternehmen keine Filialen hat, da blockiert der betreffende Staat schlichtweg den Zugang zu einer ausländischen Seite der Suchmaschine, wenn er es denn für nötig befindet; so geschehen etwa bei den jüngsten Protesten im Iran. Will sich Google jedoch im Land selbst niederlassen, dann muss es ein jedes Mal Zugeständnisse an die dortige Regierung machen, seine Ergebnislisten den nationalen Vorstellungen von der Freiheit der Information anpassen.
Rein technisch und theoretisch machen Deutschland und China da gar keinen Unterschied: Hier bekommt man nicht zu sehen, was der hiesigen Gesetzgebung widerspricht. Und dort nicht, was der dortigen widerspricht. Nur dass die dortige vor allem die Informationshoheit des Staates bewahren soll – was Google wahrlich nicht ins Geschäftsmodell passt: Wo nur vom Staat erlaubte Verbindungen zustande kommen und sensible Nutzerdaten öfter einmal in fremde Hände geraten, greifen nicht nur Algorithmen ins Leere, sondern ist auch der überlebenswichtige Wissensvorsprung des Unternehmens in Gefahr.
Ein Link kann eben dies und das bedeuten: Was für Google eine gewiefte Methode zur Datensammlung ist, kommt in den Augen der chinesischen Machthaber der Verbreitung illegaler Inhalte und der Unterminierung der Staatsgrenzen gleich. Das kann das Unternehmen freilich offiziell kaum akzeptieren, sonst bleibt am Ende statt der ökonomischen Verantwortung nur die juristische übrig. Und danach sieht es schon jetzt ein wenig aus, weil Chinas Kopisten noch viel besser sind, als man zu fürchten wagte; Google wird in China gerade auf beinahe schon sympathisch dreiste Weise mit den eigenen kommerziellen Waffen geschlagen. Unangefochtener Marktführer ist die Suchmaschine Baidu, die erst vor zehn Jahren ans Netz ging und Google beinahe bis aufs Haar gleicht, das Logo und den zentralen MP3-Button einmal ausgenommen.
ZDF-Beitrag zum Thema Google in China
Letzterer ist ein entscheidender Grund für den Erfolg von Baidu, mit ihm lässt sich das Netz nach allerlei Tondateien durchsuchen, ohne Achtung fürs Urheberrecht. Und auch ganz buchstäblich scheitert Google in China gerade an sich selbst: Die Hackerangriffe, die Google als Argument für einen Rückzug anführt, waren wohl nur so erfolgreich, weil Angestellte des Unternehmens sich als Maulwürfe im Dienste der Regierung betätigten. In China halten die nationalen Grenzen also offenbar weiterhin dem World Wide Web stand.
Katrin Schuster
Der Text ist im Original bei derFreitag erschienen.
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