Traumhaftes Wetter hin, große Ferien her: ab sofort hoffen die Kinobetreiber wieder auf massenhaft Zuschauer, die nach der Fußball-EM vielleicht ein bisschen Public Viewing-Atmosphäre mit in die Multiplexe bringen. Kein Wunder also, dass in dieser Woche gleich zwei teuer produzierte, potentielle Blockbuster um die Gunst des Publikums buhlen. Erstaunlich aber ist, dass ausgerechnet in diesem Sommer der Superhelden (Iron Man! Batman! Ballack!) in beiden Fällen die Protagonisten eigentlich nur Helden aus Zufall sind.
Das pummelige Bärchen Po träumt tatsächlich schon ewig davon, ein echter Held zu sein – nur weiß er eben nicht wie, denn sowohl sein Bauch als auch der Job in Papas Suppenküche stehen einem Dasein als Kampfsportmeister eigentlich im Weg. Dann aber spielt der Zufall Schicksal, und mit einem Mal ist Po der „Kung Fu Panda“. Seine neuen Kollegen in der Martial Arts-Akademie sind entsetzt, doch tatsächlich bleibt es schließlich an ihm hängen, den Kampf mit dem gefährlichen Schneeleoparden aufzunehmen. Noch überraschender als die Kampfkünste des Pandas ist dabei der Film selbst. Nach öden Nummern wie „Bee Movie“ oder „Shrek 3“ sind die sprechenden Animationstiere aus dem Hause DreamWorks dieses Mal nämlich so hinreißend charmant und witzig als würden sie direkt aus den Computern der Konkurrenz von Pixar stammen!
Anders liegt der Fall bei „Hancock“: der hat nämlich Superkräfte und kann nicht nur nervige Nachbargören mit seinem kleinen Finger aus dem Weg räumen, aber sein Talent setzt er trotzdem nur ungern ein. Lieber sitzt er in Spelunken und auf Parkbänken, ertränkt Frust und Einsamkeit in billigem Schnaps und verbreitet reichlich schlechte Laune. Irgendwie hatten wir ja immer geahnt, dass nicht alle Retter der Menschheit den Idealismus von Superman und die guten Manieren von Bruce Wayne haben!
Eine schöne Ausgangssituation jedenfalls für eine Actionkomödie – und möglicherweise hätte man Will Smith alias „Hancock“ auch die ausgesprochen geschmacklose Sache mit den Ärschen und den Köpfen verziehen („Gag“ mag man das gar nicht nennen…). Aber irgendwann hat der Film keine Lust mehr, eine Komödie zu sein, und wandelt sich stattdessen in einen wirren und wenig unterhaltsamen Mystery-Mythos-Murks. Dass Hancock bis dahin ein echter Held und von der Flasche los ist, versteht sich aber von selbst.
Eher eine Heldin des Alltags ist dagegen Poppy, die neben einem bemerkenswert schlechten Klamottengeschmack auch ein erstaunliches Talent zur hartnäckigen Fröhlichkeit hat und sich selbst von pöbelnden Fahrlehrern nicht die Laune verderben lässt. Mike Leighs leichtfüßige Komödie „Happy-Go-Lucky“ wirft die Frage auf, ob permanenter Optimismus das Leben eigentlich leichter macht. Ganz egal wie die Antwort ausfällt: Hauptdarstellerin Sally Hawkins (auf der Berlinale mit einem Silbernen Bären geehrt) ist so fantastisch, dass ihre quietschfidele Poppy einem (fast) nie auf die Nerven geht.
Wenn man allerdings schon einer Frau Heldenhaftes attestiert, die sich im Londoner Alltag das Kichern nicht austreiben lässt, dann muss gleiches eigentlich auch für die 15-jährigen Protagonistinnen in „Water Lilies“ gelten. Der französische Coming-of-Age-Film erzählt schließlich mit einer guten Portion Feingefühl und einer hübschen Synchronschwimm-Metapher vom emotionalen Trubel, den man durchmacht, wenn man als Mädchen allmählich erwachsen wird. Und wer das einigermaßen unbeschadet übersteht, muss doch mindestens so kampfstark und mutig sein wie verkorkste Superhelden und asiatische Pelztiere!
Text: Patrick Heidmann
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