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“Ich liebe Musik und ich liebe Kunst und es fällt mir schwer all diesen Müll der dieses verdeckt zu ertragen.”

(Fotos: Sounds of Subterrania)

"Ich liebe Musik und ich liebe Kunst und es fällt mir schwer all diesen Müll der dieses verdeckt zu ertragen. Die unter Euch, welche mich kennen, wissen um diese Spannungen. Und ich hoffe, die unter Euch, welche mich nicht kennen, können das in meinen Platten spüren!" – Gregor Samsa

Ein eigenes Label zu Gründen und dieses am Leben zu halten ist kein einfaches Unterfangen. All die Arbeit, die langen Nächte, der Kampf um Aufmerksamkeit und das Bangen um die eigene Existenz… Wer sich dann noch bewusst gegen den Mainstream entscheidet und ganz allein auf Qualität, Einzigartigkeit und das eigene Empfinden vertraut, der muss verrückt sein. Oder eben voller Leidenschaft, Träume und Ideen, an die er glaubt und die es Wert sind, den schweren Weg auf sich zu nehmen.
Wir trafen Gregor Samsa, den Herzschlag von Sounds of Subterrania, inmitten der Vorbereitungen für das große Festival zum 15. Geburtstag seines Labels.

motor.de: Welche Künstler oder Bands haben deine Interesse für Musik geweckt?

Gregor: Der erste Kontakt kam natürlich durch die Hörgewohnheiten meiner Eltern zustande. Daheim lief immer Ostrock, die Beatles und die Stones. Irgendwann mit 12/13 Jahren wurden dann halt Tapes in der Schule getauscht. Richtig los ging es durch den Kontakt mit Steve Aktiv von Müllstation. Steve Aktiv war ja seid '79 Punk und auf seinen Tapes lief nach Schleim-Keim, Frieder Butzmann, und  der Plan. Über Steve kam auch der Kontakt zu Dog Food 5 und den Hallenser Plattenladen Schlemihl Records zustande. Beide bauten zusätzlich das Fundament für meinen Musikgeschmack aus.

motor.de: Was hat dich genau dazu bewegt ein eigenes Label zu gründen? Erzähl uns doch doch bitte von den Anfängen.

Gregor: Ich organisierte zu dieser Zeit schon Shows und fand es spannend eine Platte zu machen. Als ich startete hatte kaum jemand einen Computer. Grafiken wurden mit Folien erstellt und die Abwicklung mit dem Presswerk lief über Fax. Das reizte mich, da es sich ein wenig wie Geheimwissen anfühlte. Zum anderen wollte ich für die Bands, die ich mochte, die Gelegenheit schaffen nicht in Vergessenheit zu geraten. Die Veröffentlichung von Platten schien mir dafür der richtige Weg. Ich veröffentlichte dann zwei Platten mit Kasseler Bands und lernte Martin Hippriest kennen. Zusammen mit ihm entstand die Instant Assholes – 10" Reihe und wenn Du die Hives, Beat-Man, Gluecifer und die gesamte deutsche Garagenszene auf einem Sampler mit unveröffentlichten Songs hast, öffnet das schon ein paar Türen.

motor.de: Ein wahrlich überzeugender Einstieg. Nun veröffentlichst du mittlerweile sehr unterschiedliche Musik auf Sounds Of Subterrania. Nach welchen Kriterien suchst du heute die Künstler aus?

Gregor: Zuallererst muss es mir natürlich gefallen, darüber hinaus bin ich aber mittlerweile auf der Suche nach dem Besonderen und nach Brüchen. Mich reizt es nicht mehr den Metern an einem Stil, einfach eine weitere Platte zuzufügen, das braucht niemand und das können andere Labels tun und damit ihr Geld verdienen. Das Label ist eben mein Versuch aus der Reizüberflutung die Sachen herauszustellen, die meiner Meinung nach einzigartig sind. Ich könnte Dir zu jeder einzelnen Band eine Geschichte erzählen und erklären, was genau das ist was sie haben und andere nicht. Bei manchen Bands ist es offensichtlich, bei anderen versteckter. Das einzige Kriterium nachdem ich noch nie eine Band ausgesucht habe, ist ob man mit dieser ihrer Musik Geld verdienen könnte, es ist auch das irrelevanteste da man in der Größenordnung in der ich mich bewege mit Musik sowieso kein Geld verdienen kann.

motor.de: Wer wird fündig auf Sounds Of Subterrania?

Gregor: Jeder und keiner. Es ist mein Geschmack. Stehst Du auf gute Musik und kannst Dich auf neue Sachen einlassen, könnte etwas für Dich dabei sein.

motor.de: Kannst du eine der Geschichten die dich mit einer Band verbindet teilen?

Gregor: Gehen wir gleich an das untypische. Freddy Fischer habe ich durch Zufall kennengelernt, ein Bekannter aus Dresden lud mich zu ihrem Konzert ein. Ich schaute mir im Netz an was sie machten und war kein wenig begeistert. Ich hatte das Gefühl von Mambo Kurt und Dieter Thomas Kuhn. Nun denn, ich hatte nichts vor und ging mehr aus Langeweile hin. Irgendwie waren alle Besucher der Show so drauf wie ich, also keiner hatte wirklich Bock auf die Band. Sie kamen dann auf die Bühne und innerhalb von 15 Minuten hat der gesamte Raum nur noch getanzt. Ich habe so etwas in meinem kompletten Leben noch nicht gesehen. Wie es jemand schafft, mit solch einer Leichtigkeit die Leute zu begeistern und es war ja noch mehr. Ich hatte Jahre keine so geile Funk / Pre-Discoband mehr gehört, geschweige den gesehen. Mit Frankie von Leatherface war es genauso skurril. Ich schrieb ihn Neujahr via Fax an und fragte nach einer Platte. Einen Tag später antwortete er und sagte zu. Ich meine Leatherface ist eine meiner absoluten Lieblingsbands und dann kommt einfach so ein ok, ohne wenn und aber!

Naja, Geschichten gibt es viele, wenn man 15 Jahre lang ein Label hat und ebenfalls mit den Bands auf Tour geht. Am meisten mit den Columbian Neckties aus Aalborg/DK, wir fahren seid über 10 Jahren alle Touren gemeinsam, sind Freunde und sie können mein Gerede über die Olsenbande immer noch ertragen.

motor.de: Nun spielen auf dem "großen Markt" Qualität und Innovation leider oft eine untergeordnete Rolle. Erschreckender Weise funktioniert dieser Markt dennoch sehr gut, was wohl auch daran liegt, dass man immer mit "schneller, lauter, härter, brutaler.." wirbt. Mit welchen Adjektiven lässt sich die Musik von Sounds Of Subterrania beschreiben?

Gregor: Huch, wirklich schwer zu sagen. Mich zerreißt ja Musik. Ich liebe Noise und ich liebe auch ruhige, poppige Sachen. Ich liebe den Groove und ich mag es wenn sich alles sperrt und man den Ansatzpunkt finden muss. Da ich weltweit das einzige Label ohne Zielgruppe bin, kann ich arbeiten wie ich will. Bands wie Amos, The Sewergrooves, Melt-Banana und Trend passen für viele einfach nicht unter einen/ihren Hut. Ich mag mir darüber keine Gedanken machen. Der Punkt ist auch ein anderer. Wenn Dir jemand sagt, wir sind die lauteste Band oder die schnellste, dann weißt Du das sie zu 99% scheiß Musik machen. Das sind Techniker, keine Musiker. Wenn der Song scheiße ist, kannst Du ihn so laut und schnell spielen wie Du willst, vielleicht kannst Du dann das Ergebnis etwas verschönern, trotzdem bleibt es ein beschissener Song. Mich stören solche Zuschreibungen, da sie nur dazu da sind etwas zu verkaufen, ihnen fehlt die Poesie. Naja, es funktioniert ja, Menschen kaufen auch Kamelhaarheizdecken nach diesem Prinzip.

motor.de: Sich gegen den Mainstream zu entscheiden und dies auch über 15 Jahre zu leben erfordert Passion und Durchhaltevermögen. Erzähle mir bitte von "schweren Tagen" und wie du es schaffst Sounds Of Subterrania zusammenzuhlaten.

Gregor: Was sind schwere Tage? Ich empfinde mein Label nicht als Belastung, auch nicht die Tatsache damit kein oder kaum Geld zu verdienen. Das Einzigste was mich wütend macht, ist mittlerweile das Gefühl immer weniger Leute erreichen zu können. Mein Zorn richtet sich vor allem gegen die sogenannte Gruppe die sich Journalisten nennt und einzig und allein PR betreibt. Für mich ist Kunst ein Mittel sich Auszudrücken, egal ob das Gefühle oder politische Ansichten betrifft. Leider verkommt mit Hilfe dieser Kaste das alles zu reinem Entertainment ohne Aussagen, ohne Inhalt. Ein Grund warum ich weitermache ist, das ich diesen Leuten nicht das Feld überlassen will. Eine Welt in der Kunst nur noch der Bespassung der Massen dient, ist eine Welt die Totalitarismus den Boden bereiten. Die Majors und ihre leibeigenen "Indies" machen ihren Job so ist das Spiel. Die deutsche „Musikpresse“ sind ihre Laufburschen und bitte jetzt nicht das Argument von das ist Geschmacksache, es ist ein offenes Geheimnis, das man in diese Hefte nur reinkommt, wenn man Geld auf den Tisch legt oder die Beine breitmacht. Noch nie gab es soviel gute Musik und noch nie war sie so wenig in der Öffentlichkeit vertreten. Hinter vorgehaltener Hand regen sich alle z.B. über die Hörstmann Unternehmensgruppe auf, da kenne ich kaum einen der ein gutes Haar an ihnen lässt, wenn es aber dann darum geht etwas zu ändern und die Probleme offen anzusprechen, steht man alleine da, der Rest zieht aus wirtschaftlichen Erwägungen den Schwanz ein und das ist dann schon etwas frustrierend. Wären Labels und Vertriebe untereinander solidarischer könnte man schon mehr bewirken.

motor.de: Genug der "schweren Tage" denn es stehen sehr heitere ins Haus. Sounds Of Subterrania wird 15 Jahre alt und feiert dies mit einem 2-Tage Festivel. Worauf können wir uns freuen?

Gregor: 16 Bands, eine kleine Posterausstellung, Eintrittskarten mit Musik, nette Gespräche, veganes Catering und Eiscreme. Die Bands sind ein Querschnitt aus 15 Jahren Sounds of Subterrania – Action Beat,The Berserkerz, The Blue Screen of Death, Chung, Columbian Neckties, Devil in Miss Jones, Freddy Fischer & his Cosmic Rocktime Band, Gruppe 80, Holiday Fun Club, Kamikaze Queens, Lo Fat Orchestra, Meine kleine Deutsche, Reverend Beat-Man, The Sewergrooves, The Stilettos und Trixie Trainwreck. Der Sound geht von Noise, über Rock, Wave, Punk bis hin zu Disco. Da ist für jeden etwas dabei.

motor.de: Eintrittskarten mit Musik hört sich sehr interessant an. Was soll ich mir darunter vorstellen?

Gregor: Finde es heraus. Wenn Du einen Schallplattenspieler hast, sollte es ein leichtes für Dich sein.

(Benjamin Klein)

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