„Ich traf diesen Produzenten in Norwegen und er sagte zu mir: Ida, du bist zwar so eine Art auf Kunst machende Punksängerin, aber Popsongs kannst du nun wirklich nicht schreiben, oder!? Und das machte mich wahnsinnig. Ich dachte nur: Du Arschloch, natürlich kann ich Popmusik schreiben! Also begann ich diese Popsongs zu schreiben und das machte mir riesig Spaß. Ich liebe es, wie sich Popsongs mit Menschen verbinden, ich liebe diese sofortige Reaktion. Ich liebe es, auf der Bühne zu sein und die Dinge kaputt zu schlagen, mit Worten und mit Musik. Genauso muss Pop sein…“

Sie hat ein Großmaul wie die Gallaghers, ist so launisch wie die Winehouse und sie macht Drei-Minuten-Punk-Popsongs, die so perfekt sind, dass sie sich in deinen Nervenbahnen einnisten werden, bevor es überhaupt zum ersten Chorus kommt. Ihr Name ist Ida Maria und sie ist eine 23 Jahre junge Norwegerin, deren Musik wie Björk klingt, die von Blondie unterstützt wird, oder wie Janis Joplin, die mit The Jam gemeinsame Sache macht oder wie Billie Holiday, die mit The Strokes gejamt hat. Live ist sie ein manisch-verrückt herumwirbelnder Derwisch, tanzt sie wild um sich schlagend über die Bühne, schreit sich die Kehle aus dem Hals und ist immer kurz davor, ihre Gitarre fast an der Box zu zerschmettern.

Ida gibt zu, dass sie „völlig im Roten“ dreht, wenn sie Gigs spielt. Einmal hat sie sich ihre Rippen so heftig angeknackst, dass sie einen Monat lang nicht laufen konnte; ein anderes Mal hat sie sich einen Bass mit solcher Kraft an den Kopf gestoßen, dass ihr Gesicht für den Rest des Auftritts Blut überströmt war. Sie hingegen dachte, es sei bloß Rotwein, der aus dem Moshpit geflogen kam…

„Auf der Bühne zu sein, fühlt sich für mich so natürlich wie nichts anderes auf der Welt an“, sagt sie. „Es ist etwas Körperliches. Jedes Mal, wenn ich live spiele, will ich mich selbst herausfordern. Ich gehe in einen Trance-Zustand. Ich will die Musik mit meinem ganzen Körper erleben. Live zu spielen ist eigentlich harte, körperliche Arbeit, wie die eines Fischers oder Zimmermanns. Du musst alles, was du hast, in sie hineinlegen.“

Ida wuchs in Nesna, einer kleinen Universitätsstadt im Norden von Norwegen, auf. Diese Stadt hat 1776 Einwohner, eine Tankstelle, einen Pub, eine stillgelegte Schuhfabrik und viele viele Berge. All das liegt auch noch in der Nähe des Polarkreises, was bedeutet, dass dort für die Hälfte des Jahres ewige Dunkelheit herrscht. „Sobald der Herbst kommt, verzieht sich jeder und verabschiedet sich in seine saisonale Depression, ganz unbewusst“, sagt Ida. „Es ist so als würde der Körper in den Energiesparmodus gehen und überwintern. Ich denke, das erklärt diese gesamte skandinavische Melancholie-Geschichte. Wenn es eine dunkle Seite in meiner Musik gibt, dann kommt diese schätzungsweise von dort.“

Ihre Mutter ist Universitäts-Lehrerin, die in mehreren Chören singt, ihr Vater hat mal als Fischer, mal als Zimmermann und auch mal als ein Computeringenieur gearbeitet und lehrt nun in einer Bildungseinrichtung. Er spielte auch Bass in verschiedenen Jazz- und Ska-Bands und Ida hatte schon früh seine Plattensammlung in sich aufgesogen: „Jeder Steely Dan-Song ist in mein Gedächtnis eintätowiert!“

Als sie ein kleines Kind war, haben ihre Eltern ihr ein Klavier gekauft und in ihr Schlafzimmer gestellt. „Es war schwarz und ich hasste es, so dass ich mir die Tastatur vorknöpfte und sie blau anmalte“, erzählt sie lachend. „Ich hatte jahrelang Klavierstunden, aber die haben nicht wirklich etwas gebracht. Es kam dann erst viel später, als ich irgendwann eine Pizza in den Ofen schob, ich die Gitarre meines Vaters nahm und begann, ein paar Akkorde zu spielen. Ich schrieb einen Song und die Pizza verbrannte. Aber das Gitarrenspiel war absolut instinktiv.“

Im Alter von 16 Jahren zog sie nach Bergen, an die südwestliche Küste von Norwegen, um Musik zu studieren. Die Schule wurde von der norwegischen Missionars-Gemeinde geleitet und dementsprechend von einem strengen, konservativen System geführt, was Idas auch heute noch anhaltende Skepsis gegenüber der Religion beeinflusst. Aber Bergen ist bekanntlich ja auch ein Ort für eine blühende Musikszene: es ist die Heimat solcher Künstler wie Kings Of Convenience, Sondre Lerche, Annie, Erlend Øye, Röyksopp und Datarock und zudem auch einer Vielzahl von Black Metal Bands.

„Es war ein fantastischer Ort für einen Musiker“, sagt Ida. „Du hattest die Death Metal-Szene, aber auch die Leute, die Country, Bluegrass, Electronica, Jazz und Folk spielten. Alle arbeiten in den gleichen Bands und tauschen ihre Ideen miteinander aus.“ Nachdem sie ihre drei Jahre andauernden Musikkurse abgeschlossen hatte, war sie Stammgast bei den Open Mic-Nächten in Bergen, bei denen sie sich selbst auf der Gitarre oder dem Bass begleitete. Sie probte auch mit Bluegrass-Bands und sogar mit einem Electronica- und Blechbläser-Act namens Elektro Ompaniet.

Nach zwei weiteren Jahren in Bergen, wo sie sich ein kleines, schäbiges, besetztes Haus mit sieben anderen Leuten teilte, beschloss sie, dass sie „an einem Ort mit dichten Fenstern und ohne Löcher im Fußboden bleiben wollte.“ Ida war dann auch schnell von dem Regen in Bergen ziemlich angenervt, so dass sie plötzlich in Uppsala, Schweden landete, wo sie sich zum Studium an der renommierten Universität der Stadt immatrikulierte.

„Ich studierte klassische Musikgeschichte, Popmusikgeschichte, Rock-Mythologien, ethnologische Musik, also alles eigentlich echt coole Themengebiete. Und ich mochte das auch sehr. Aber irgendwann merkte ich, dass ich eigentlich eine Vollzeitmusikerin war und anstatt mir jeden Montag die Vorlesungen zu geben, habe ich Gigs in Norwegen und Schweden gespielt.“

Als sie in letzter Minute für einen Slot auf einem großen norwegischen Festival gebucht wurde, klapperte sie ein paar Clubs in Stockholm ab, um Musiker für ihre Band zu finden. „Ich traf auf die besten Jungs, die ich finden konnte. Wir probten für zwei Tage und dann spielten wir dieses Festival“, erzählt sie. „Es muss höllisch geklungen haben, aber die Jungs waren großartig und sind fantastische Musiker, so dass alles dann irgendwie glatt lief.“

Die Musiker (Stefan Törnby an der Gitarre, Johannes Lindberg am Bass und Olle Lundin am Schlagzeug) sind nun der Kern von Idas Tourband, die auch alle auf dem Debütalbum mitgespielt und Backingvocals eingesungen haben. Der Longplayer umfasst zehn kurze, smarte Tracks – Songs über Gott, Depressionen, Sexualpraktiken, Parties, Trinken und Liebe – allesamt potentielle Singles. „Ich hatte ein paar dogmatische Anforderungen an das Album“, sagt sie. „Es sollten zehn Tracks sein, die jeweils nicht viel länger als drei Minuten lang sein durften. Ich wollte es kurz, scharf und perfekt haben. Ich wollte Popmusik haben, die dich ganz hart hier trifft“, sagt sie und tippt auf ihren Bauch. „Musik, zu der du tanzen, trinken, durchdrehen und heulen kannst. Melancholie geht abfeiern!“

„Ich habe Musik studiert und Jazz-Standards gesungen, ich weiß also, wie die Dinge strukturiert sind. Aber die Popmusik, die ich mache, ist etwas anderes. Es ist körperlich, es ist intuitiv, es ist konzentriert. Ich kann nicht die Lieder anderer Leute singen – es muss aus meinem Herzen kommen.“

Wie die meisten ihrer Landsleute singt sie in englischer Sprache („Das Norwegische hat zu viele Konsonanten, zu viele Ks und Rs und Ts und Gs. Die Poesie ist zwar wunderschön, aber es ist eben nicht wirklich sexy, so zu singen!“). Ida sagt, ihr Songwriting wird von einer gutartigen Variante der „Synästhesie“ gesteuert, dem Zustand also, in dem die Sinne bis zu jenem Punkt durcheinander gewürfelt sind, an dem man Töne sieht und Farben hört. Für sie ist das Songwriting eine Art „Montage von Formen und Mustern“ und ihre Songs sind „gelb“ oder „schwarz“ oder „stachelig“. „Die Bühne ist meine Leinwand, auf der ich all diese Farben, Formen und Muster unterbringen kann, die die ganze Zeit aus meinem Kopf herausplatzen.“

Und persönlich? Nun, sie lebt mit ihrem Freund Sebastian in der Nähe von Stockholm („obwohl es eher so ist, dass ich seit mehr als einem Jahr ständig auf Tour bin“), wo sie ein unabhängiges Label namens „Nesna Records“ betreiben. Die Liste ihrer Lieblingsmusik beinhaltet Led Zeppelin, The Smiths, Häkan Hellström, Arvo Part, Black Grape, Interpol, Velvet Underground, Janis Joplin und Billie Holiday. Wenn du sie beeindrucken möchtest, dann solltest du sie zu einem Orgelkonzert („wie etwa Bach“) in eine alte Kirche schleppen. Wenn du sie betrunken sehen willst, gib ihr den italienischen Kräuterschnaps „Fernet Branca („den trinken wir alle in Schweden. Das Zeug ist dick, schwarz, stark und absolut ekelig, aber wir lieben es sehr!“). Und wenn du sie glücklich machen willst, dann geht mit ihr Fischen („Nichts macht mich glücklicher als einen verdammt großen Fisch an der Angel zu haben“).

„Ich bin ein bisschen gespenstisch, wie eine Wolke, die am Himmel herumschwebt. Ich bin ein Freak, aber es gelingt mir nun viel besser, mit der Außenwelt zu kommunizieren.“

Ihr Name ist Ida Maria und du solltest ihre Musik hören – am besten jetzt sofort!

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