Nachdem wir am Birkenhain mit den melodiegetränkten Beats von Alle Farben in den Sonnenaufgang tanzten, um den nächtlichen Temperaturschwankungen die Stirn zu bieten, und Die Vögel uns mit live eingespielten Tuba- und Posaunensamples zum Schwitzen brachten, ließen wir den Morgen schließlich noch beim ominösen Immergut DJ-Team samt Indiepapst ausklingen. Dort jagte ein Indie-Hit den Nächsten, bis sich das gut gefüllte Tanzzelt fröhlich in den Armen lag.
Voller Euphorie schwankten nun auch die letzten Festivalbesucher in die sich allmählich zur Außensauna verwandelnden Zelte und versuchten ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, bevor nebenan schon wieder zu Vuvuzela und Flunky Ball gegriffen wird. Nachdem man das mittägliche Anti-Katerprogramm in einer der insgesamt 16 eisig-kalten Festivalduschen hinter sich gebracht hatte, ging es zurück aufs Gelände.
Intime Atmosphäre bei Sóley.
Der Samstag begann zunächst sehr gediegen am Birkenhain, dort verzauberte die Isländerin Sóley mit ihren drei Mannen das zwar sitzende, dennoch äußerst beseelte Publikum. Ihre zarte Stimme und die schwermütigen Pianoklänge schienen wie für diesen lauen Sommertag gemacht. Da schwebten Seifenblasen über die Baumwipfel und geklatscht wurde nur am Ende eines jeden Liedes. Weitaus weniger sanft war die folgende Lesung von der hanseatischen Ulknudel Heinz Strunk. Er gab eine Stunde lang eine Passage seines letzten Bestsellers “Heinz Strunk in Afrika” mit Hamburger Slang in den unterschiedlichsten Oktaven zum Besten. Bei seinen Ausführungen zu typisch deutschen Urlaubsfamilien wurde verschämt gegrinst, peinlich gekichert oder verstört gejubelt.
Wer hätte gedacht, dass sich unter Strunks schnieken Hemd wilde Tattoos befinden?
Weitaus weniger witzig, dafür umso emotionaler war das Konzert vom aktuellen Sinnbus-Winningteam Charlotte Brandi und Matze Pröllochs – besser bekannt als Me And My Drummer. Ähnlich gut gefüllt wie beim Geheimact Sportfreunde Stiller am Vortag, war die Zeltbühne am Samstagabend bei dem orchestralen Auftritt des Berliner Duos – nur glücklicherweise ging es im Publikum deutlich weniger wild zu. Hier und da floss vor lauter Rührung ein Tränchen ob der gewaltigen Melange aus Stimme, Schlagzeug und Synthie-Melodien. Das Prädikat ‘wertvoll’ haben sich die beiden nach diesem Konzert definitiv verdient.
Beim Gute-Laune-Septett Kakkmaddafakka kam die Feuchtigkeit anschließend nicht mehr nur aus den Augenwinkeln der Anwesenden, Titel wie “Is She” oder “Gangsta” aus ihrem Debütalbum “Hest” überschwämmten sämtliche Poren der Tanzmeute vor der Waldbühne und wirbelten den staubigen Boden bis zu den Jungs auf die Bühne. Und, wenn man mal die beste Performance sämtlicher Background-Sänger des Immergut Festivals küren möchte, dann hatten die Norweger mit ihren humorvollen Choreographien ganz sicher die Nase vorne.
Kakkmaddafakka.
Auch die letzte skandinavische Kombo – diesmal allerdings aus Schweden – ließ keinen Fuß mehr still stehen. Friska Viljor wirkten dabei in ihren strahlend weißen Outfits zwar anfänglich unschuldig, doch bei den eigenen Mitsing-Hymnen wie “Shotgun Sister” hielt es auch Sänger Joakim Sveningsson nicht mehr am Boden. Nachdem er sich beim Konzert über die Menge gleiten ließ, erklomm er unter den panischen Blicken der Security-Männer die metallerne Bühnenbefestigung. Festgekrallt mit nur einem Bein, schwebte er so einige Meter über den Köpfen aller. Wahnsinn? Ja! Pure Lebensfreude? Oh, ja und wie!
Friska Viljor ganz in weiß.
Mit den elektronischen Chansons von Pupkulies & Rebecca fand die Nacht ihr liebevolles Ende, auch, wenn der Sound hier und da ein wenig ruckelte. So gingen alle mit jeder Menge positiver Energie ein letztes Mal in die Übergangsschlafstätten und versuchten die Kraftreserven für den sonntäglich Heimweg wieder aufzufüllen. Glücklicherweise war nicht nur das Wetter an diesem Wochenende immer gut, das Indie-Festival wird nämlich ebenfalls von Jahr zu Jahr besser. Wir sagen Dankeschön und Aufwiedersehen!
»Hier geht’s zum Immergut-Freitag.
Text: Sophie Lagies
Fotos: Elli Eberhardt, Anne Breitsprecher, Tilo Kracht
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