Mit einer durchzechten Nacht beginnt die Geschichte einer der wichtigsten Metal Bands der Gegenwart. Der Schwede Jesper Strömblad verliert 1990 die Lust an Ceremonial Oath, will eigene, melodische Songs im Stile Iron Maidens mit der Härte des Death Metal schreiben. Zusammen mit dem Gitarristen Glenn Ljungström und dem Bassisten Johan Larsson wird ein erstes Demo aufgenommen. Dann kommt es zur folgenschweren Nacht. Nach diversen Getränken nimmt Jesper seinen Mut zusammen und ruft den Chef von Wrong Again Records an. Dieser lauscht via Telefon einigen Songs und beschafft den Jungs ihren ersten Deal. Jesper berichtet von bereits 13 fertigen Songs. Eine Lüge, ohne die es In Flames vielleicht in der heutigen Form nie gegeben hätte.

Die Jungs mieten sich 1993 das Fredmann Studio und nehmen ihr Debüt „Lunar Strain“ auf. Auf Grund der vakanten Stelle am Mikro, fragt man kurzerhand den befreundeten Sänger Mikael Stanne (heute Dark Tranquillity). Der stimmt zu und singt die Vocals des Debütalbums ein, wird aber kein vollwertiges Mitglied. Bereits die im Jahr 1994 erscheinende EP “Subterranean” wartet mit einem anderen Sänger auf. Das Gastspiel von Henke Fors wird auch nur von kurzer Dauer sein. Doch seine Leistung sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen, denn die EP bringt den Schweden ein Jahr später den Plattenvertrag mit Nuclear Blast ein. Um die andauernden Line-Up-Wechsel in Zukunft aus dem Weg zu gehen, integriert man 1995 den damaligen Dark Tranquillity-Sänger Anders Fridén und Björn Gelotte für die Drums. Nun gibt es kein Zurück.

„The Jester Race“ (1996) wird zum richtungweisenden Album. Nicht nur für die Band, die erste Erfolge feiert und die Bühnen der Welt unsicher machen kann. Auch ein noch junges Genre erlebt seine erste Sternstunde: Melodic Death Metal. Wilde Brutalität, gepaart mit der permanenten Verwendung zweier harmonierender Lead-Gitarren und dem giftigen Gesang von Anders Fridén. Eine explosive Mischung und Inspirationsquelle vieler heutiger Metalcore-Bands.

1997 nehmen die Schweden mit „Whoracle“ ihr drittes Album auf. Zwar erreicht man zum ersten Mal in ihrer Karriere Chartplatzierungen außerhalb Schwedens, doch das Bandkarussell dreht sich erneut. Nach Ende der Aufnahmen nehmen Ljungström und Larsson ihren Hut und werden für die folgende Tour durch Nicklas Engelin (Gitarre) und Peter Iwers (Bass) ersetzt.

Doch Engelin steigt Ende des Jahres wieder aus. Drummer Björn Gelotte übernimmt in der Folge den Sechssaiter, während mit Daniel Svensson ein neuer Mann hinter die Drums gesetzt wird. Und jetzt kommt das Unglaubliche: Es wird der letzte Bandwechsel bis zum heutigen Tage werden. Die Band ist endgültig gefestigt und veröffentlicht 1999 „Colony“. Die Kritiker schwärmen von der neuen großen Hoffnung im Bereich  des anspruchsvollen Metals und verteilen Höchstnoten.

Angespornt von der Bandchemie und den Erfolgen, entern sie bereits im nächsten Jahr wieder das Studio und veröffentlichen Mitte 2000 mit „Clayman“ ihr bisher experimentierfreudigstes Werk. Tourneen in aller Welt lassen die Band in ungeahnten Sphären vordringen und resultieren in die erste Live-Auskopplung „The Tokyo Showdown“.

2002 dann der Wandel: Mit „Reroute To Remain“ schreitet man konsequent voran und veredelt die Neuerungen, welche bereits auf „Clayman“ angedeutet worden. Ein neuer Produzent wird in Daniel Bergstrand gefunden. Neben Anders’ Schreigesang nehmen clean vorgetragene Vocals immer mehr Raum ein und auch vor elektronischen Elementen schreckt die Band nicht zurück. Viele der alten Fans fühlen sich vor den Kopf gestoßen und kehren ihren einstigen Helden den Rücken zu. Doch Live-Zusammenarbeiten mit Slayer und Metallica scharen eine breitere Hörerschicht vor die Bühne. Der Erfolg der Neuerungen ist nicht zu übersehen.

Schlafen kann man später immer noch, denken sich Strömblad und Co. und werkeln auch auf Tour fleißig an neuem Material. Dies wird im März 2004 der Weltöffentlichkeit präsentiert. „Soundtrack To Your Escape“ bleibt bis zum heutigen Tag umstritten. Viele Fans gehen den experimentellen Songmaterial aus dem Weg und vertiefen sich in der Vergangenheit. Ebenfalls wandeln sich die Lyrics. Wo sich früher mit der Entwicklung der menschlichen Zivilisation beschäftigt wurde, bilden persönliche Gedanken und Gefühle den Mittelpunkt der Texte. Auch soundtechnisch bleiben einige Wünsche offen. Die anschließende Tour kann weitaus mehr überzeugen und offenbart das wahre Hitpotential der Scheibe. Mit den Aufnahmen zu „Used and Abused: In Live We Trust“, erfüllen sich die Schweden einen Traum. Das legendäre Londoner Hammersmith gleicht einem Tollhaus und bildet die perfekte Kulisse für die erste Live-DVD.

Um alte Fans wiederzugewinnen versuchen sich In Flames, bei den Aufnahmen zu ihren mittlerweile achten Studioalbum, ihrem Ursprung zu nähern. Der Spagat aus Vergangenheit und Gegenwart hört auf den Namen „Come Clarity“ (2006) und fährt die ersten #1 Platzierungen der Bandhistorie ein. In Finnland sowie in ihrem Heimatland Schweden winkt das oberste Treppchen. Aber auch ein sechster Platz in Deutschland und der Einstieg in die Top100 der US-Charts lassen die Korken knallen. Eine weltumspannende Tour (u.a. Headliner des ausverkauften Wacken Open Air 2007) sowie der Kauf eines eigenen Studios folgen. Die Band erwirbt das Studio Fredman ihres früheren langjährigen Produzenten Frederik Nordström und tauft es in IF Studios. Bis heute dienen diese Räumlichkeiten auch als Probe- und Büroräume.

Dort verkriechen sie sich im September 2007 um abermals mit Daniel Bergstrand ein neues Album einzuspielen. Ende März 2008 stellen In Flames ihr neues Werk auf MySpace vor. Genau 1.094.794 Mal werden die Songs angeklickt. Ein neuer Rekord für eine nordeuropäische Band. Im April 2008 erblickt „A Sense Of Purpose“ das Licht der Welt – laut Band der finale Schritt, um endgültig als eine der größten Metal-Bands in die Musikgeschichte einzugehen.

In Flames sind:
Anders Fridén – Gesang
Jesper Strömblad – Gitarre
Björn Gelotte – Gitarre
Peter Iwers – Bass
Daniel Svensson – Schlagzeug

Enrico Ahlig