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Noch nicht einmal zwei Jahre im Musikgeschäft und schon ranken sich um die Nottinghamer Band mit der bewegten Biografie bereits mehr Legenden und sagenhafte Sagen aus dem Rock-Märchenbuch, als Schlingpflanzen den Sherwood Forrest bevölkern. Mit dem Erscheinen ihres zweiten Albums ‚If We Can’t Escape My Pretty’ ist es nun nicht nur an der Zeit diese noch einmal Revue passieren zu lassen, sondern auch mit so manchem musikalischem Mumpitz aufzuräumen. Denn das sind wir dem lässig brodelndem und retro-aktiven Brit-Rock der Jungs auf jeden Fall schuldig.
Von vorne. Wahr ist, dass Sänger und Songschreiber Nic Armstrong zu einem Plattenvertrag kam, indem seine Freundin ohne sein Wissen ein Demotape an diverse Plattenfirmen schickte. Wahr ist auch, dass sich Nic daraufhin in den Thieves eine Begleitband fand, mit der er das Debüt ‚The Greatest White Liar’ einspielen und die Bühnen betouren konnte. Die Geburtsstunde von Nic Armstrong & The Thieves. Gitarrist Glynn Wedgewood, das selbsternannte Indie-Rock-Kid der Band, erinnert sich: „Der erste Gig, den ich mit den anderen Jungs gespielt habe, war im 100 Club in London. Sie suchten gerade einen Gitarristen und ich habe mir innerhalb von drei Proben die zehn Songs des Sets draufgeschafft. Das war schon echt ein komisches Gefühl mit einer Band, die ich fast gar nicht kannte, vor ausverkauftem Haus Songs zum Besten zu geben, die ich bislang nur ein paar Mal gespielt hatte. Aber es war super.“ Schnell wächst bei weiteren Touren – unter anderem mit Jet und Oasis – bei Nic Armstrong und seinen Mannen ein Zusammengehörigkeitsgefühl sowie genügend individuelles kreatives schreiberisches Potential heran, dass man beschließt, fortan als echte Band demokratisch weiter zu machen. Das Ergebnis: Die Thieves bleiben als lustige Robin Hood-Referenz weiterhin im Namen, während dieser nur noch um eine römische vier für die Zahl der nunmehr gleichwertigen Musiker erweitert wird.
Anstatt aber in ihre britische Heimat zurückzukehren, nutzen die IV eine US-Tour, um gleich ganz dort zu bleiben und im schönen Austin, Texas ihr zweites und doch erstes Album als Band aufzunehmen. Ergebnis: ‘If We Can’T Escape My Pretty‘, ein groß angelegter und doch aktuell klingender Beutezug durch die klassische britische Rockgeschichte, mit nunmehr drei Stimmen und Songschreibern, so abwechslungsreich wie gleichsam aus einem Guss. „Jeder einzelne hat seinen Input und Grundideen gegeben und dann haben wir daraus gemeinsam die einzelnen Songs weitergeführt“, erklärt Glynn die neue Arbeitsweise, die auch bezüglich des textlichen Outputs von neu gewonnener Vielseitigkeit strotzt. „Na klar, jetzt haben wir auch drei Texter in der Band. Mittlerweile ist es eben nicht mehr die Sichtweise eines einzelnen aufs Leben und unterschiedliche Situationen, sondern die von drei Leuten. Die Mehrheit der Songs wurde während unserer Touren geschrieben. Wir befanden uns zwar alle immer in derselben Umgebung, aber es sind unterschiedliche Interpretationen und Perspektiven, die in den Songs zum Tragen kommen.“
Video Take This Heart
Kommen wir also nun zu dem folgeschweren Irrtum, der bei den IV Thieves bisher auch des Öfteren zum Tragen kam. Denn wie sagte einmal Noel Gallagher in einem viel kolportierten und kopierten Zitat? “They’ll be one of the biggest bands in Britain. They’re pretty special, man…”. Ein respektvoller, aber an und für sich rein musikalisch komplett Nichtssagender Ausspruch, der über die Sound-Orientierung der Band nichts aussagt, aber manch meinungsfreien und darüber hinaus entweder tauben oder hörfaulen Schreiber zu der Gleichung ‚IV Thieves klingen wie Oasis’ hinreißt, die mal überhaupt nicht aufgeht. „Diese ganze Zitat-Nummer ist ein Segen und ein Fluch zugleich. Wenn man sich unsere Platte anhört, dann merkt man eigentlich ziemlich schnell, dass sie kein Stück nach Oasis klingt. Klar, da sind gute Songs drauf, aber sie hört sich doch weder nach ‚Definetly Maybe’ oder ‚What’s The Story…’ an. Noel ist ein Supertyp und es ist auch cool, dass er uns lobend erwähnt hat. Manche Plattenkritiken haben sich davon echt leiten lassen. Die Reviews fangen erst positiv an und dann kommt irgendwann der Punkt, wo es heißt ‚…klingen wie Oasis’. Nein, tun wir nicht! Ich besitze noch nicht mal eine Platte von Oasis.“ Und das obwohl Glynn nach Eigenaussage zuhause in Nottingham eine Menge Scheiben sein Eigen nennt.
Hier also die fällige, stellvertretende Gegendarstellung: ‚If We Can’t Escape My Pretty’ zieht seine Einflüsse zwar auch hier und da, wie jede Melodie- und Geschichtsbewusste Band, von den Beatles, hat dabei aber die guten alten Kinks genauso und viel offensichtlicher auf der Zielscheibe und macht, wie beispielsweise das letzte Album der amerikanischen Rythmn&Blues-Beat-Kollegen von Mooney Suzukie, auch um den dezent glamourösen Dandytum-Gestus keinen allzu großen Bogen. Ob Herr Gallagher indes mit dem ersten Teil seiner Prognose richtig liegt, kann nur die Zukunft beantworten. Fest steht jedenfalls, dass die vier Wahl-Texas-Locksleys bezüglich ihrer Spezialität, mit gebührendem Rock-Historien-Gerechtigkeitsbewusstsein gelungene Rocknummern zu schreiben, gerade heutzutage doch wieder was recht Besonderes sind.
Text: Frank Thießies
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