Fehlt dem Jahr 2012 nicht noch eine große Folk-Platte? Der amerikanische Newcomer J. Allen würde seine talentierte Hand niemals alleine heben. Deswegen brechen wir die Lanze für den Herren aus New York. Folk aus New York? motor.de hat J. Allen für euch entdeckt.
(Foto: Patrick Crowson)
Unsere Ansage war klar, direkt und unvermittelt: 2012 solle bitte niemand auf die Idee kommen, den Post-Folk auszurufen. Bisher haben weder wir derartigen Schabernack verbrochen noch sind uns andere Kollegen aufgefallen. Das ist gut, haben wir doch unsere Wort mit Bedacht gewählt, als wir Ende des vergangenen Jahres die Luft aus dem hektischen Alltag genommen und den Blick zurückgeworfen haben, wie sich das halt für einen Jahresrückblick gehört. 2011 war Folk-Jahr. Das Darling-Etikett bekam durch Justin Vernon, Fleet Foxes und Mumford & Sons mittlerweile popkulturell-relevante Identifikationsfiguren.
Die ZEIT beleuchtete den Boom aus der Mann-Frau-Perspektive und attestierte den bärtigen Anti-Helden eine seltsame Entmachoisierung. Die Männer seien zu lieb, melancholisch und unentschlossen. Schmerzensmänner halt. Die Grönemeyer’sche Frage, wann ein Mann ein Mann ist, werden wir verschieben müssen. Dass die simple Reduzierung – etwa: Rock = hart, Folk = weich – humpelt, zeigt ein junger Mann, dessen Musik hierzulande bisher nur wenig Gehör fand. J. Allen ist New Yorker. Und eine Songwriter. Folgen wir der Logik der Verweichlichung, war der Herr mal ein richtiger Rocker. Einer, der schon mit Neil Young, Radiohead und Sigur Rós verglichen wurde. Schon klar, das ewige Kapitel Lorbeeren und ihr Nutzen. Fakt ist: gemeinsam mit seinem Bruder Todd bildete Josh die Band Meanwhiles. Produziert von Sparkelhorse-Tontechnicker Alan Weatherhead zeigte er, dass er episch kann. Himmelhoher Rock, der Gegensätze suchte, laut auf leise treffen ließ, als sei dieses Paradox lediglich eine Fata Morgana.
J. Allen – “Afterglow”
Dass es nun solo weitergeht, scheint bei der Niederlassung in New York kein leichtes Omen. Oder etwa doch? Zurückgezogen soll er leben. Wer ruft hier Klischee? Dass er sich auch noch bewusst einer DIY-Philosophie verschreibt, sollte keinesfalls als self-fulfilling prophecy abgetan werden. “Wonder City”, sein selbst instrumentiertes, aufgenommenes und produziertes Debütalbum, ist nicht etwa eine Ode an das Sünden-Mekka. Vielmehr versucht hier jemand in neun Songs seinen Platz zu finden, um angemessen atmen zu können. Da muss nicht mal das M-Wort herangezogen werden, um der Nicht-Trauer etwas Trauriges anzuhaften. In der Sprache von J. Allen heißt es einfach “The Other Side Of The Day”.
Mikro-Portionen von Garage und Ambient lässt der junge Mann aus Brooklyn zu psychedelischem Lo-Fi verschmelzen. Highend-Studios? Nicht sein Ding. Der urbane Dreck liegt wie Samt über der Platte und Allens Stimme, die sich einer wehleidigen Note zwar nicht verwehrt, niemals jedoch die einfache Pathos-Ausfahrt wählt. Der Sicherheitsabstand zum Heroischen stand dem Singer/Songwritertum seit jeher besser als die Anbiederung an den Zeitgeist. J. Allen ist ein Songwriter, den es zu entdecken gilt, weil seine Songs kein riesiges Spektrum anbieten und trotzdem ungemein abwechslungsreich sind. Nein, der Stempel “Folk für Schmerzensmänner” muss hier nicht herausgeholt werden. Die Elegie von Allens Musik ist vielmehr eine Black Box – ein Hort ohne Bezug, ohne Not und ohne Pein.
J. Alleen – “Wonder City” (Albumstream)
motor.de freut sich den New Yorker Multiinstrumentalisten auf seiner in Kürze beginnenden Tour zu unterstützen. Und da wir wirklich große Stücke auf den Herren setzen, möchten wir euch daran teilhaben lassen. Wir verlosen 2×2 Tickets für alle Konzerte (außer dem Reeperbahn Festival). Schreibt eine Mail mit eurem richtigen Namen und der dazugehörogen Wunschstadt an verlosung@motor.de und mit ein bisschen Glück werdet ihr Zeuge des talentierten Newcomers.
motor.de präsentiert: J. Allen – Live 2012:
12.09. Berlin – Schokoladen
14.09. Leipzig – Noch Besser Leben
15.09. Berlin – Madame Claude
16.09. München – Provisorium
18.09. Offenbach – Hafen 2
19.09. Hannover – Bei Chez Heinz
22.09. Hamburg – Hasenschaukel
30.09. Köln – Blue Shell
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