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“Mir geht es darum Erwartungen zu wecken” – James Blake im Interview

James Blake über Vertrauen, mitreißende Frequenzen und die Freiheit des Musikkonsums. Auch ein Radiowecker hat seine Berechtigung, erzählte er uns auf dem Haldern Pop.

Bei Regen und wolkenverhangenem Himmel spielt James Blake eine Nachmittags-Show auf dem Haldern Pop Festival. Das Wellblechdach der Hauptbühne wummert unter den tiefen Bässen, die Blake seinem Publikum an diesem Samstag entgegen schmettert. Die Menschen vor der Bühne sind verzückt ob der Wucht, die der schlaksige, schüchtern wirkende Brite ihnen da zusammen mit Drummer und Gitarrist präsentiert. Im Interview, das wir im Anschluss ans Konzert mit ihm führten, wirkt Blake recht wortkarg, aber selbstsicher. Gewitzt gibt er motor.de bei Bier und Suppe zu verstehen, dass der Rummel um seine Person eigentlich ziemlich an ihm vorbei gegangen ist.

motor.de: Seit dem Release deines Debüts hat sich der Begriff Post-Dubstep etabliert. Fühlst du dich tatsächlich, als hättest du ein neues Genre erfunden?  

Blake: Nein, natürlich nicht. Für mich ist Musik ein sehr abstraktes Konzept, das nicht in irgendeiner chronologischen Reihenfolge gedacht werden kann.

motor.de: Deine Sozialisation hat mit einer klassischen Klavierausbildung begonnen. Wie hast du deine Affinität zum Dubstep entdeckt? 

Blake: Ich bin beim Clubbing zum ersten Mal mit Dubstep in Berührung gekommen und habe mich einfach in die Musik verliebt. Ich habe die Bässe geliebt und das Gefühl, das damit einher ging – es war alles ganz neu für mich. Dubstep ist sehr physisch und es gibt nicht viele andere Genres, die in der Lage sind, deinen Körper so mitzureißen.

James Blake – “Limit To Your Love”

motor.de: Ein Markenzeichen deiner Musik ist der Einsatz von Pausen. Was für einen Stellenwert hat den Stille für dich im musikalischen Sinn? 

Blake: Ich habe nie versucht ‘Stille’ zu verwenden. Mir geht es nicht darum, ‘Stille’ zu erzeugen, sondern Erwartungen zu wecken und zu steigern.

motor.de: Du mischt Elektronisches mit analogen Klängen und minimalistischen Soundstrukturen. Was für ein Verhältnis hast du zur Technik, mit der man ganz einfache Sounds unendlich verzerren und verändern kann?

Blake: Wie hört es sich denn für dich an?

motor.de: Keine Ahnung. Es klingt wie ziemlich verrückter Scheiß!

Blake: (lacht) Ja, dem kann ich nichts hinzufügen.

motor.de: Gibt es irgendwelche bestimmten Dinge, die dich inspirieren oder dir Anstöße geben Musik zu machen?

Blake: Jedenfalls keine Fragen wie diese. Zuhause sein, Zeit und Platz haben vielleicht. Das war’s.

motor.de: Dein Vater ist ebenfalls Musiker. Hat diese Tatsache irgendwas zu deiner eigenen musikalischen Entwicklung beigetragen?

Blake: Natürlich. Es ist wichtig für alles, Rückhalt in der Familie zu haben.

motor.de: Und wie sieht deine musikalische Sozialisation sonst so aus?

Blake: Ich hatte immer sehr viele unterschiedliche Lieblingsbands, meist war aber viel Blues, Folk und Instrumentalmusik dabei.

James Blake – “The Wilhelm Scream” (Live From Abbey Road)

motor.de: Du spielst live mit einer Band zusammen. Muss Musik für dich handgemacht sein, um richtig ‘live’ zu sein?

Blake: Für mich ist das schon wichtig. Ich denke, wenn auf der Bühne zu viel passiert, das ich nicht persönlich erzeuge, bewirkt das Misstrauen im Publikum. Die Menschen wollen dir vertrauen und wissen, dass du selbst machst, was sie hören.

motor.de: Heute scheint man dir vertraut zu haben. Das Publikum hat dich geliebt.

Blake: Ich hatte eine großartige Zeit und die Menschen im Publikum sahen so aus, als hätten sie ebenfalls Spaß. Und das obwohl es geregnet hat. Es war toll.

motor.de: Woher kommen die Musiker, die heute mit dir auf der Bühne waren?

Blake: Ich kenne sie noch von früher, wir sind zusammen zur Schule gegangen.

motor.de: Der Drummer war sehr überzeugend. Sind das professionelle Musiker?

Blake: Jetzt schon (lacht). Der Gitarrist ist Produzent und der Drummer spielt auch noch in anderen Bands. Er lebt von der Musik und ist auch ein sehr guter Freund von mir. Ich bin mir sicher, er ist der beste Typ für diesen Job.

motor.de: Man kann schon sagen, dass um deine Musik ein gewisser Hype entstanden ist. Nervt dich das?

Blake: (denkt nach) Nein, denn es gibt eigentlich nichts nerviges daran. Natürlich musst du irgendwie erst einmal damit klarkommen. Aber es ist nicht das schlimmste, womit man umgehen muss. Es ist ein sehr sehr guter Umstand, mit  nicht gerade the worst thing to deal with.

motor.de: Deine ersten zwei Deutschland-Shows waren innerhalb weniger Tage ausverkauft. Bekommst du von dem Rummel draußen überhaupt etwas mit?

Blake: Nein, eigentlich ging das ziemlich an mir vorbei. Ich habe zwar Musik veröffentlicht, aber nicht gemerkt, was in all diesen verschiedenen Ländern passiert. Ich konnte nur verfolgen, was im Internet geschieht.

motor.de: Durch die tiefen Frequenzen kommen deine Songs am besten auf einer guten Anlage zur Geltung. Bist du insgesamt eher der Freund physischer Formate wie Vinyl oder ziehst du MP3-Dateien vor?

Blake: Viele Songs habe ich geschrieben, um sie auf Vinyl zu veröffentlichen, aber man kann sie sich doch anhören, wie man Lust hat – auf Vinyl, als MP3, im Autoradio oder Radiowecker. Das ist mir ziemlich egal. Ich finde es großartig, dass man ihn sich überhaupt anhört.

motor.de: Beim Hören deiner Songs ist doch aber die Qualität ziemlich wichtig. Gerade bei schlechten Boxen oder komprimierten MP3s geht eine Menge verloren.

Blake: Das Format bestimmt nicht die Musik. Die Musik ist die Musik und das Format ist das Format. Mir ist das ziemlich egal. Bei mir hängt das damit zusammen, wie ich einen Song zum ersten Mal höre. Wenn ich ihn zuerst auf Vinyl höre, klingt er auch danach noch besser auf Vinyl und mit MP3s ist das genauso. Allgemein sehe ich aber die Vorteile von beiden.

motor.de: Das Haldern hat heute noch ein paar Highlights auf dem Programm. Was wirst du dir noch ansehen?

Blake: Ich werde noch ein paar Drinks zu mir nehmen und dann später zu Warpaint und Explosions In The Sky gehen.

motor.de: Und danach ist die heiße Phase für dich erstmal vorbei?

Blake: Ich werde dann nach Hause fahren. Insgesamt war ich jetzt acht oder neun Monate unterwegs. Im Moment bin ich ziemlich gar und möchte ich mich einfach erst mal ausruhen.

Interview: Lydia Meyer

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