Jimmy Eat World haben ein neues Album am Start, was es irgendwie schafft, den Spagat zwischen Radiotauglichkeit, 90er-Throw-Back-Attitüde und Newschool hinzuzimmern. Grund genug, uns mit Bassist Rick mal hinzuhocken und ein bisschen nachzuhorchen.

(Foto: Sony/v.l.n.r.: Tom, Rick, Zach, Jim)

motor.de: Euer neues Album hat ein sehr minimalistisches Cover-Artwork, aus wessen Feder stammt dieses ikonenhafte Bild?

Rick: Das Coverdesign stammt von Jason Noto (Morning Breath-Design, New York City). Er ist einfach großartig. Wir haben schon in der Vergangeheit mit ihm gearbeitet. Er hörte einige unserer neuen Tracks und als er mit den ersten Entwürfen ankam, sagten wir sofort Ja.

motor.de: Und was bedeutet dieser Regenschirm nun, aus dem ein fetter Lichtstrahl auf die Erde gebeamt wird?

Rick: Das Bild lässt viel Platz für Interpretationen. Es arbeitet, genau wie das Album, mit vielen Widersprüchen. Man hat Assoziationen mit Traurigkeit und regnerischen Tagen, aber unter unserem sonnigen Regenschirm bist du vor all dem geschützt.

motor.de: Euer neues Album klingt ein bisschen wie der gute, alte radiotaugliche 90er-Rock. Der Opener „Appreciation” mit seinem catchy Riff, da will man doch einfach nur ins Auto steigen und losfahren.

Rick: Ja, da hast du Recht. Der Opener ist sehr upbeat. Aber auf dem kompletten Album wollten wir schon Variation haben.

motor.de: Der zweite Song, das Titelstück „Damage“, geht dann gleich in eine etwas andere Richtung. Er hat weniger 90er-Punkattitüde, sondern atmet mehr und ist verspielter. Ihr habt diesen Longplayer zusammen mit Alain Johannes aufgenommen. Er produziert auch die “Queens of the Stone Age” und die “Eagels of Death Metal”. Wenn man an “Wanne be in LA” der the Eagles of Death Metal denkt, hört man starke Einflüsse von Johannes auf euren aktuellen Sound. Liege ich da falsch, oder gibst du mir Recht?

Rick: Ich stimme dir zu hundert Prozent zu. Alain ist ein großartiger Typ. Und wir sind große Fans seiner Arbeit. Es war uns eine große Ehre, mit ihm zu arbeiten. Es ist einzigartig, wie er die Aufnahmen bereichert.

motor.de: Der Longplayer ist sehr hookgetrieben mit starken Bridges und Melodien. Wie wichtig sind die Texte in Relation zur Musik?

Rick: Die Lyrics sind natürlich sehr wichtig. Genauso wie die Musik. Das hält sich die Waage. Auch wenn die Tracks mal schneller sind, wollen wir trotzdem, dass die Leute auf die Inhalte hören. Es ist teilweise ja so, dass die Musik sehr gut reingeht, die Lyrics aber eher düster sind. Diesen Widerspruch fanden wir schon immer interessant.

motor.de: Rick, welcher der Songs ist deine Lieblingsnummer?

Rick: Mein Lieblingssong? Das ist „Lean“. Er hat einfach eine sehr anziehende Energie.

motor.de: Ich zocke gern und kenne Eure Musik aus so einigen Videospielen.

Rick: Ja. Das stimmt. Haha.

motor.de: Zum Beispiel tauchen Songs von euch bei Need For Speed Shift 2, Midnight Club 3 Dub Edition und Tony Hawk auf. Das sind alles Spiele, bei denen man rumkurvt. Hört man eure Mucke am besten, wenn man in seiner Karre (oder auf dem Skateboard) eine sonnige Straße langfährt.

Rick: Yes. Das sind beides perfekte Aktivitäten, die man machen kann, während man sich unsere Musik reinzieht. Wenn du unterwegs bist und fährst, bist du durch Nichts und Niemanden von der Musik abgelenkt. Der Highway ist mein Lieblingsort, um Musik zu hören.

motor.de: Welchen Wagen fährst du privat?

Rick: Gerade fahre ich einen VW Jetta Wagon. Kein PS-Monster. Die normale TDI-Version. Sehr ökonomisch. Er ist nur ein bisschen fürs Gelände aufgebaut, mit Jeep-Reifen drauf, ich campe nämlich sehr gern.

motor.de: Du bist also ein Naturbursche? Auf Youtube gibt es ein Video von dir im Biking-Outfit…

Rick: Haha. Ja das stimmt, da habt ihr mich erwischt. Ich bin in diesem Video mit einem Freund zu sehen, der mit seinem Fahrrad durch die ganze USA gefahren ist – von Ost nach West. Das Ganze hatte jedoch einen ernsten Hintergrund. Er machte die Aktion, um Spendengelder für eine Hilfsorganisation für krebskranke Kinder zu sammeln. Auch sein Sohn ist an Krebs erkrankt. Ich hab mich ihm ein paar hundert Kilometer angeschlossen. Die Strecke war sehr herausfordernd – aber es war eine sehr schöne Zeit mit ihm.

motor.de: Wenn du ein Mixtape für einen sehr guten Freund machen müsstest, welche fünf Tracks würdest du zuerst auf das Tape spielen?

Rick: Oh, Jesus… ich würde als erstes Lied „Run To The Hills“ von Iron Maiden nehmen. Klassischer Metal. Großartig. Gefolgt von „No One Knows“ der Queens of the Stoneage, AC/DC mit “Back in Black”, solider guter Rock. Und, lass uns als vierte Nummer… ja genau, lass uns “In Bloom” von Nirvana nehmen. Als Nummer fünf… da muss ich ein bisschen überlegen. Wir nehmen Queen und „Bicycle Race“. Weil ich so gern Fahrrad fahre.

motor: Queen also… Rick, immer wieder hört man, Jimmy Eat World hätten als sogenannte Emocore-Band angefangen. Ich habe öfter gesehen, wie ihr euch über diese Einordnung lustig macht. Wie wichtig oder unwichtig ist es für euch, Teil einer Szene oder eines Genres zu sein?

Rick: Es ist immer unfair gegenüber Musikern und Musik im Generellen, sie in irgendwelche Schubladen zu stecken. Wir fühlen, dass jede Musik Emotion hat und haben muss, wenn sie gut sein soll. Das Label Emocore ist ja auch deswegen unfair, weil du damit anderer Musik Emotion absprichst. Aber es ist OK für uns, wenn das einige Leute brauchen, um damit umzugehen. Wir sind einfach eine Rockband.

motor.de: Euer letztes Album „Invented“ erschien auf Interscope. Euer aktuelles allerdings auf Sony/RCA. Hat das einen Einfluss auf euch?

Rick: Nein, wir sind seit 20 Jahren eine Band und haben einfach sehr viel Glück, so viele treue Fans zu haben. Uns macht das alles immer noch sehr viel Spaß, das Geschäftliche hat keinen Einfluss auf unsere Musik. Wir hoffen einfach, dass wir noch sehr lange Musik machen können, da wir einfach noch so viele Ideen haben, die wir mit den Leuten teilen möchten. Ich hoffe, es werden nochmal 20 Jahre – MINDESTENS.

motor.de: Noch eine letzte Frage: Ihr seid mit Bands wie Green Day, Queens of the Stoneage, The Offspring und Foo Fighters eine der großen 90er-Alternative-Bands. Welche Newcomer-Band findest du gerade richtig gut?

Rick: Wir haben in letzer Zeit Robin Vining live mit dabei. Weil das neue Material viele Keyboard-Lines und Platz für Backing-Vocals hat. Er wiederum hat eine sehr gute Band, die „Minibosses“. Die feier ich sehr. Robin schreibt Interpretationen von Nintendo-Spielen für diese Band – als Industrial- und Metalversionen. Alles sehr abgefahren.

motor.de: Eine allerallerletzte Frage, weil du es selbst ansprichst. Erstens: Jimmy Eat World hat auch schon mit Rockstar-Games zusammengearbeitet. Wird man euch im neuen GTA hören? Und: Was gibt’s für Livepläne für Deutschland?

Rick: GTA, da bin ich nicht sicher, weil es schon bald kommt. Aber hoffentlich kriegen wir das hin! Live: Wir kommen auf das Hurricane. Das kann ich definitiv sagen. Sonst versuchen wir auch viele andere Festivals in der Zeit mitzunehmen. Die Club-Tour kommt im Herbst.

motor.de: Wir bedanken uns für das Gespräch, was macht der Rest der Band gerade?

Rick: Gerade jetzt? Haha. Die müssen, genau wie ich, Interviews machen. Rock ’n’ Roll ist harte Arbeit.

John Sauter