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Jimmy Eat World

Nach der Trennung von ihrem alten Label im Jahre 1999 “feierte” der Vierer seine neu erlangte Freiheit mit einer selbstorganisierten, fünfwöchigen Europa-Tour – ihrer ersten Europa-Tour überhaupt. Und dass ihre ehemalige Firma das Jimmy Eat World-Material in Europa nicht veröffentlicht hat, war dabei kein wirkliches Hindernis – pfiffig, wie sie nun mal sind, kaufte sich die Band ihre eigenen Alben direkt ab Werk und brachten sie einfach selbst mit nach Europa.
“Das Beste, was die Company je für uns getan hat, war, uns einen kleinen Tour-Bus zu kaufen”, erinnert sich Drummer Zach Lind in der typisch positiv-denkenden Art der Band. “Und wir tourten, als wären wir auf einem Kreuzzug. Was weitaus mehr Vorteile hatte als nur den, Geld zu sparen. Denn so mussten wir mit Leuten Kontakt aufnehmen, denen wirklich etwas an dem Erfolg unserer Band lag, und dadurch fanden wir wahre Freunde und Fans.”

Innerhalb eines Jahres stieg Jimmy Eat Worlds Bekanntheitsgrad in Europa folgerichtig in Riesenschritten. Gerade in Deutschland war man sehr empfänglich für ihre Musik und hieß die Formation im Jahr 2000 im Rahmen der PopKomm und dem Bizarre-Festival herzlich willkommen. Was wunderbar passte, denn das ’99er Werk “Clarity” zog gerade in die Charts ein…
Im gleichen Jahr veröffentlichten Jimmy Eat World eine Zusammenstellung ihrer Singles auf dem Indie-Label Big Wheel Recreation, lizensierten die Compilation in Japan beim Toys Factory Label und nahmen ihre Einnahmen daraus, um das aktuelle Werk “Bleed American” in die Realität umzusetzen. Nach “Singles” ging es dann ebenfalls auf eine U.S.-Tour (zur gleichen Zeit erschien auch noch eine gemeinsam EP von Jimmy Eat World mit ihren Tour-Freunden Jebediah, auf der auch eine frühe Version des “Bleed American”-Tracks “Cautioners” zu hören war), die das Budget des neuen Werks weiter ausbaute.

Im Herbst 2000 hatten die vier Jungs dann schließlich genug Geld zusammen, um das frische Album fertigzustellen, ohne zu sehr auf die Geldmittel achten zu müssen. Lind erinnert sich: “Als das Album gemixt war, habe ich mich so gut wie nie zuvor gefühlt! Als wir plötzlich keinen Vertrag mehr hatten, haben wir uns gesagt: ‘Lasst uns einfach weitermachen, lasst uns das tun, was wir am besten können.’ Wir waren risikobereit und das hat sich nun wirklich ausgezahlt.”
Denn tatsächlich hat die Band seit ihrer Gründung im Jahr 1994 einiges vollbracht. Ganz zu Beginn stellten Jimmy Eat World in Eigenverantwortung mehrere Gigs auf die Beine, die ihnen eine treue Fangemeinde in der Umgebung sicherten. Danach veröffentlichten sie eine Handvoll Singles und “Split”-Alben, auf denen sie mit anderen Bands zusammen zu hören waren, sowie ihr erstes, selbstbetiteltes und noch ziemlich Pop-Punk-lastiges Album auf dem in Tempe, Ariz., ansässigen Label Wooden Blue Records.

1995 (der originale Bassist Mitch Porter verließ die Band und wurde durch Rick Burch ersetzt) war dann das Jahr, in dem Jimmy Eat World ihren Major-Deal unterzeichneten und begannen, an dem zweiten Album “Static Prevails” zu arbeiten, das dann 1996 erschien. Kritiker und den Radio-Macher erkannten sofort die Qualität und die erstaunliche Bandbreite der CD – angeführt von dem mitreißenden up-tempo Opener “Thinking, That’s All” und bis hin zu dem grandiosen Schluss-Take “Anderson Mesa”. Trotz ihres Major Band-Status ließen sich Adkins, Gitarrist/Sänger Tom Linton, Burch und Lind allerdings nicht davon abhalten, die wichtigsten Promo-Arbeiten selbst zu unternehmen. Und so veröffentlichten sie – während sie intensiv tourten – so ganz “nebenbei” weitere “Split”-Alben mit befreundeten Bands wie Mineral, Jejune, Sense Field und Blueprint.

“Clarity”, co-produziert von der Band mit dem langjährigen Kumpel Mark Trombino (Blink-182, Drive Like Jehu), erblickte dann Anfang 1999 das Licht der Tonträgerwelt. In typischer Jimmy Eat World-Manier wurde die CD von einer auf dem “Fueled By Ramen”-Indie veröffentlichten, selbstbetitelten EP adäquat angekündigt und vorbereitet, auf der bereits so herausragende “Clarity”-Songs wie “Lucky Denver Mint” und “For Me This Is Heaven” sowie eine Demo-Version von “Your New Aesthetic” vertreten waren. Die unermüdlichen Anstrengungen der Band begannen dann sich auszuzahlen, als sich abzeichnete, dass die Verkäufe von “Clarity” schon in der ersten Woche fast die Hälfte der Exemplare schafften, die “Static Prevails” insgesamt bis zu diesem Zeitpunkt verkauft hatte.

Der Siegeszug der Single “Lucky Denver Mint” startete, als der legendäre L.A.-Radiosender KROQ den Song entdeckte, der dann später sogar auf dem Soundtrack zu Drew Barrymores “Never Been Kissed” vertreten war. Nichtsdestotrotz zeichnete sich hier bereits ab, dass sich die Wege von Jimmy Eat World und ihrem Label trennen sollten – aufmerksame Hörer konnten dies schon in einigen Songzeilen von “Clarity” heraushören (“The formula is too thin … / Imitate and water down”; “Don’t kid yourself / You know they want money”).

“Im Rückblick gesehen bin ich wirklich glücklich darüber, dass die älteren Platten keine zu großen Hits wurden”, sagt Adkins. “Es war zwar nicht gerade einfach von Single zu Single, von Hit zu Hit zu leben. Doch wir hatten das Glück, uns durch unsere Tourneen mit der Zeit eine loyale Fangemeinde aufzubauen. Wir hatten keine Unterstützung vom Label, keinen fetten Radio-Hit und seit zwei Jahren keinen Deal mehr. Trotzdem schafften wir es, jeden Abend vor ca. 600 Leuten zu spielen.”

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