(Foto: Shervin Lainez)
Joan As A Policewoman ist diese unfassbar ausdrucksstarke Soul Stimme, hinter der sich das Multitalent Joan Wasser versteckt. Nach neun Jahren des Musikmachens und fünf Studioalben ist die smarte Amerikanerin endlich an dem Punkt angelangt, an dem sie von sich selbst sagen kann, dass es ihr noch nie besser ging. Mit "The Classic" versprüht die Wahl-New-Yorkerin eine unbedinge Lebensfreude und begründet dies alles mit einer neuen, positiven Lebenseinstellung. Wie sie das gemacht hat und weshalb es manchmal ganz schön hart sein kann, ein rebellierender Perfektionist zu sein, erzählte sie uns bei einem Gespräch in Berlin.
motor.de: Im Promo Text zu deinem neuen Album steht, dass es dir momentan so gut, wie noch nie zuvor geht. Das liest man selten. Wie kommt das?
Joan: Ich denke, ich hatte es einfach satt ständig depressiv zu sein. Immer schlecht drauf zu sein ist ein sehr anstrengender Zustand. Man bekommt einfach nichts gebacken und schiebt Dinge, die erledigt gehörten, immer nur vor sich her. Das hasse ich. Ich bin im Grunde ein Macher-Typ (lacht). Und das kann man nur sein, wenn man gut drauf ist und positiv denkt. Seit ich Musik mache – das sind jetzt auch schon gute neun Jahre – habe ich mir so oft die Frage gestellt, warum ich mich schlecht fühle. Meistens konnte ich mir diese Frage nicht beantworten. Aber umso mehr ich mich das fragte, umso mehr verflog dieses Gefühl auch. Und irgendwann sagte ich mir, dass ich eigentlich echt keinen Grund habe, schlecht drauf zu sein. Das Leben ist so, wie es ist. Manchmal beinhaltet das gute und manchmal eben auch schlechte Sachen. Aber das ist meiner Ansicht nach kein Grund Trübsal zu blasen.
motor.de: Also ist das auch so eine Art Bewusstseinskontrolle, die du dir da selbst angeeignet bzw. verschrieben hast?
Ja irgendwie schon. Und es fühlt sich so an, als würden mein Körper und mein Geist diese positive Lebenseinstellung echt gut finden. Irgendwann gibt man dann auch mehr auf sich Acht und tut sich selbst auch mal was Gutes. Das ist anfangs ungewohnt, aber irgendwann gewöhnt man sich daran und dann will man das nicht mehr anders haben.
(Foto: Shervin Lainez)
motor.de: Und das Musik machen scheint ja auch ohne diesen melancholischen Grundton, den viele Musiker an den Tag legen, zu funktionieren, oder?
Ja, absolut. Ich hatte so viel von dieser Melancholie in mir bzw. in meinem System. Das war dann immer so: Ok, Platte ist fertig. Was kommt jetzt? (lacht) Da war aber nie so richtig Freude dabei. Und wenn du dein ganzes Leben so lebst…Oh Gott, das ist echt kein Leben.
motor.de: Aber anscheinend kann man sich ändern und etwas draus lernen…
Ja, auf jeden Fall. Das Leben bzw. ich habe mir selbst eine große Lektion erteilt und mich geändert. Ich habe es halt auf einem sehr eigenwilligen und harten Weg getan (lacht).
motor.de: In einem Interview sagtest du mal, dass du krasse Probleme mit Autoritäten und Ratschlägen hast. Wie beeinflusst das dein Leben bzw. deine Musik?
(lacht) Das hab ich echt gesagt? Nein. Ich bin schrecklich, was das betrifft. Ich war schon immer so. Seit ich ein kleines Kind bin. Ich wollte einfach nie auf andere höre. Ganz schlimm war meine Teenager Zeit. Da dachte ich ernsthaft, dass alles, was meine Mutter mir sagte, totaler Schwachsinn war. Was wusste sie schon? Das dachte ich damals wirklich. Und dann wird man älter und erwachsen und realisiert, dass sie damals wirklich die nötige Lebenserfahrung hatte, um dir einen Ratschlag zu geben und dass es gar nicht so schlecht gewesen wäre, darüber nachzudenken, was sie dir gesagt hat.
Mittlerweile kann ich meinen Kopf da aber ganz gut abstellen und andere Leute auch mal um Hilfe oder um ihren Rat fragen, wenn ich mal nicht weiter weiß. Das ist echt viel wert. Ich kann einfach nicht alles gut können oder wissen. Aber womit ich immer noch Probleme habe, sind übergeordnete Autoritäten, wie z.B.: Polizisten oder so (lacht). Aber ich habe mittlerweile großen Respekt davor und versuche mich da einfach ein wenig zurückzunehmen.
motor.de: Vielleicht war es aber auch ein Weg um weiterzukommen?
Ja mit Sicherheit. Und auch ein Weg durch Erfahrungen zu lernen. Für mich war das sehr oft der einzige Weg, wie ich überhaupt etwas lernte und akzeptiert habe. Ich habe früher einfach niemandem vertraut. Heute kann ich das und darauf bin ich stolz.
motor.de: Themenwechsel. Du hast dein neues Album ganz alleine produziert. Wie war das für dich? Ist das nicht beängstigend?
Ja, ist es. Vor allem, wenn man die letzten drei Alben immer mit dem gleichen Produzenten und in dem gleichen Umfeld, in dem man sich sehr wohl und sicher fühlte, gemacht hat. Aber als ich dann mit der Band das neue Album besprach, meinte Tyler (Bass, Keyboard), der auch selbst Produzent ist, dass er es gerne produzieren würde. Ich hatte zuerst echte Bedenken, weil so etwas schon einmal im totalen Desaster geendet hatte. Aber ich wollte ihm eine Chance geben und so haben wir, als eine Art Test, in drei Tagen, drei Songs gemeinsam aufgenommen. Zu meinem Erstaunen klang es genau so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Wir waren alle total glücklich damit und beschlossen dann, das ganze Album so zu produzieren. Tyler ist einfach großartig und hat es echt drauf. Ich wusste das gar nicht und bin echt froh, dass ich es jetzt weiß (lacht).
motor.de: Wenn du dein neues Album mit deinem letzten vergleichst, was ist besser, schlechter, anders?
Mhm, gute Frage. Eine Sache, die ich diesmal in jedem Fall anders gemacht habe, war, dass ich viel weniger versucht habe, meine Stimme zu kritisch zu sehen. Früher habe ich mir das immer alles zehntausendmal angehört. Alles musste perfekt sein. Sonst konnte ich mir das nicht anhören. Diesmal habe ich versucht, alles ein wenig entspannter zu sehen und nicht ganz so perfektionistisch zu sein. Das liegt vor allem daran, dass ich mich jetzt viel selbstsicherer fühle. Ich kann mich mittlerweile selbst singen hören und hasse meine Stimme nicht mehr. Das war früher echt ein Problem für mich. Aber ich habe mit der Zeit verstanden, dass meine Fans mögen, was ich tue. Auch wenn ich mal etwas anders mache, als sonst. Und oft ist es besser, wenn nicht immer alles perfekt ist.
motor.de: Es gibt also Hoffnung für Perfektionisten? Man kann das also auch ein wenig ablegen und sich damit nicht mehr so im Weg stehen?
Klingt fast so, als würdest du aus Erfahrung sprechen? (lacht)
motor.de: Ertappt…
(lacht) ich weiß ganz genau, wovon du sprichst. Aber ich kann dich beruhigen. Man kann das bis zu einem gewissen Grad ablegen bzw. zu seinen Gunsten nutzen. Wenn du es irgendwann schaffst, dich nicht mehr dafür zu hassen, dass du ein Perfektionist bist, dann kannst du das in positive Energie umwandeln. Ich meine, ein Perfektionist zu sein bedeutet ja auch, dass das der Antrieb ist, der dich dahin gebracht hat, wo du jetzt bist. Dumm ist es nur, wenn dich dein eigener Perfektionismus dann vom weiterkommen abhält. Das ist dann der Zeitpunkt, wo du dir selbst sagen musst, dass du diese Charaktereigenschaft mal einen Moment außer Acht lassen musst. Das wird nie ganz verschwinden, aber es wird definitiv besser. Das kann ich dir versprechen (lacht).
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