Masken, Mythenbildung, Fame. Diese These hat sich in den letzten 20 Jahren als Kausalverkettung etabliert. Aktuellstes Beispiel ist das Londoner Kollektiv Jungle, das sich stets mindestens aus Tom und Josh ausmacht, und immer wieder durch den großen Freundeskreis ziemlich talentierter Menschen erweitert wird. Jungle haben einen genauen Plan, sie wissen, wie sie klingen wollen, was sie verkörpern, wer sie sind.
Ich hatte vorher Zweifel, ob ich zum Spielen mit den Cool Kids schon bereit sei. Diese Aura, dieser Mythos, der Jungle umgibt, schüchtert latent ein. Im Interview habe ich es mit zwei jungen Herren komplett entgegen meiner vom Internet konditionierten Vorstellungen zu tun, die von der natürlichen Hypemachine Internet und Social Media gleichermaßen profitiert haben und enttäuscht wurden. So kurz im Geschäft und bereits satt von der Musikindustrie, ihren Spielchen und allen Erwartungshaltungen sprechen wir über genau das: Fremdbestimmtheit durch’s Internet, ähnliche Mythosfiguren wie Daft Punk und vereitelte Weltrettungsamibitonen. Dabei wechseln meine Gefühle ständig zwischen sprachloser Bewunderung, Verängstigung und in Anbetracht fast einhundertprozentiger Glaubwürdigkeit der Stimmung, hier der Entstehung von etwas Großem beizuwohnen.
"Das Skript für Jungle hat das Internet geschrieben, wir haben ihm nur die Musik und die Videos gegeben. Also hat jeder irgendeinen Scheiß drumherum geschrieben."
motor.de: Ich muss eingestehen, bei eurer Show im Berghain letzte Woche ein bisschen enttäuscht gewesen zu sein. Nicht wegen der Show – die war großartig – sondern meiner Erwartungen. Wegen allem, was vorher passiert war, allem, was wir wussten oder eben nicht wussten über Jungle. Ich wollte Giraffen-Masken oder Löwenköpfe auf der Bühne und euch hinter einer Nebelwand tanzen sehen. Heute habe ich euch außerdem hinter einer Schattenwand mit verzerrten Stimmen erwartet.
Josh: Du bist ja gestört, ey! Ich denke, das Internet hat diese Assoziationen geweckt, es ist aber nicht das, worum es für uns geht... Für uns geht es um die Musik und die Kunst.
Offensichtlich ist er Josh und ich Tom, du kennst unsere Namen. Für unseren kreativen Prozess und für uns selbst ist es wichtig, diese reale Welt-Leute vor der Tür zu lassen. Denn es ist die Musik-Industrie, Mann! Ich lass mich nicht reinziehen, berühmt zu werden. Das ist nicht was wir hier zu tun haben. Aber wir sind auch nicht da, um uns vor den Leuten zu verstecken.Wir haben letztes Jahr mit einem Video ["Platoon" – Anm. d. Red.] vom B-Girl Terra beim Breakdancing angefangen und ein Foto von ihr in diesem Raum gemacht, in dem so viel Zeug von dieser Band Jungle existiert, obwohl keiner weiß, wer sie sind. Als es an der Zeit war, ein Foto von uns zu veröffentlichen, haben wir uns für dieses entschieden. Bei „The Heat“ haben wir das Gleiche gemacht, dieses wunderschöne Foto [mit den High Rollaz, Anm. d. Red.] rausgegeben, weil das die Kunst war.
Tom: Wir wollen Verbindungen knüpfen. Wir wollen die Leute nicht verschrecken. Mit unseren Shows haben wir die Chance auf die persönliche Connection und darauf, die Gesellschaft von 400 Leuten zu genießen. Wann kannst du schon jeden Tag eine Party mit 600 Leuten feiern? Wir wollen die Leute nicht auf Abstand halten, wir passen nur sehr genau darauf auf, die Musik zur wichtigsten Sache für uns und die Leute um uns herum zu machen.
Josh: Es ist witzig, aber witzig, wenn die Leute uns danach fragen (und das tun sie alle). Es ist, als hätten wir diese Dinge veröffentlicht und dann das Internet das Skript für Jungle geschrieben, wir selbst haben unser Skript nicht geschrieben. Und wow, Ihr erwartet jetzt von uns, als Daft Punk oder so auf die Bühne zu kommen!
Jungle – Platoon from Jungle on Vimeo.
"Sobald du diese real existierende Person – die Gier, die Wut, den Hass, diese Verzweiflung nach Erfolg – in die Kreativität einsickern lässt, wird sie dadurch vergiftet."
Das war der Rest der Frage: Wolltet ihr jemals wie die neuen Daft Punk sein – oder nur ähnlich innovativ?
Josh: Nein, das können wir nicht tun, weil sie das bereits getan haben. Wir können nicht jemand anderem die Idee klauen.
Tom: Es ist nicht kalkuliert, auch wenn viele Leute das gerne so auslegen. Es ist fast seltsam, während wir denken „Oh yes! Wir haben dieses großartige Bild von diesem Mädchen [B-Girl Terra in PLATOON], bitte sehr nimm das! Wir haben dieses großartige Bild von diesen Typen [die High Rollaz in THE HEAT], bitte sehr nimm das!“, rastet die gesamte Presse aus, weil sie nicht sehen können, wer wir sind. Daran verschwenden wir keinen Gedanken, wir schreiben nur Musik. Das passiert erst wenn du an diesen Punkt kommst, dass ein Label mit an Bord ist, du Interviews geben musst, die Leute Cover-Stories und diesen ganzen Scheiß von dir haben wollen und das Label, fast als Teil dieser Geschichte, sich mit „Oh, sie sind anonym! Whoaaaaa" [rudert skandalös-hilfesuchend mit den Armen] äußert und genauso mitmacht wie alle anderen. Das ist nicht Teil unserer Reise, aber Teil davon, was passiert ist. Und das müssen wir akzeptieren. Die einzige Entscheidung diesbezüglich unserseits war nicht J und T zu sein. Diese Personen leben in der realen Welt. Aber es geht um Jungle, nicht um Individuen. Ich würde lieber Jungle genannt werden – und nur meine Mom könnte mich weiterhin bei meinem Namen nennen, wir können Abendessen und diese Person (Tom) kann mit ihr dort sitzen. Sobald du diese real existierende Person – die Gier, die Wut, den Hass, diese Verzweiflung nach Erfolg – in die Kreativität einsickern lässt, würde sie dadurch vergiftet. Wir haben die Trennung geschafft und sind kreativ gesehen extrem glücklich mit wo wir stehen und was wir tun. Weil bei Jungle kein bisschen Ego existiert. Uns kümmert es nicht, was Leute über uns schreiben, uns interessiert nicht was Leute über uns denken.
Tom: Die einzige Kontrolle, die wir wirklich haben ist über unsere Musik und unsere Fotografie. Du darfst nichts von anderen zu wichtig nehmen – sobald du das tust, wirst du eingewickelt in anderer Leute Meinungen, Erwartungen bezüglich was du tun kannst oder nicht. Das würde mich verrückt machen.
Josh: Mit dem Wachstum des Internets sorgen sich momentan so viele Leute darum „geliked“ zu werden – ob du eine bestimmte Anzahl von Freunden hast, ob diese Freunde deine geposteten Fotos liken werden – und wir werden damit zu dieser Gesellschaft narzisstischer Individuen, die so besessen vom eigenen Erfolg und ihrer eigenen Welt sind.
Was er dann weiter ausführt, glaubt man ihm fast. Andererseits wirken die Aussagen wie die eines beleidigten Kindes, das beim Versuch des Social Media Aufstiegs schon einmal nicht seinen Willen bekommen hat:
"Ich persönlich will nicht erfolgreich sein, ich will nicht berühmt sein, sondern einfach nur mit T meinen Spaß haben und Musik machen. In jedem Interview sage ich, dass ich mit 45 zu Hause sitzen will, mit zwei Kindern, wir sind beide verheiratet und haben unsere Familien und gehen jeden Donnerstag rauf in unsere Hütte um Musik zu machen. Das ist die wunderschöne Sache, diese Verbindung zwischen uns. Hier in Deutschland zu sein ist großartig, aber es ist nicht der Gipfel von Jungle’s Existenz. Jungle existiert als eine Möglichkeit, eine Freundschaft zu führen. In einem anderen Interview vorhin wurde ich gefragt, wen ich gerne als Celebrity-Freund hätte. Und ich meinte nur „T!“ – Ich gebe einen Scheiß auf diesen ganzen Kack, weil es einfach nichts bedeutet. Das ist materialistische Scheiße. Und darum wissen wir – darunter habe ich schon früher gelitten. Hiervor war ich so besessen davon, wer ich war, dass es mich soweit beeinflusst hat, bis ich nichts mehr geschissen bekommen habe. Weil du so damit beschäftigt bist, wie du aussiehst oder wer du bist oder wie erfolgreich du bist – dass du gar nichts mehr tust, sondern nur dasitzt und denkst „Aaah. Wie soll ich dies machen? Wie kann ich das schaffen?“ Das Beste ist, sich selbst zu akzeptieren und einfach zu machen. Und sich nicht um andere kümmern.
Aber zum Beispiel ist der gesamte Jungle-Kosmos sehr durchgeplant.
Tom: Jap.
Die Videos und Fotos, die ihr veröffentlicht habt genauso wie euer Sound zeugen von enormer Detailverliebtheit. Es hört sich nicht nur an oder sieht aus wie Jungle, sondern fühlt sich auch an wie Jungle. Als wäre ein kleiner Kult darum entstanden.
Josh: Vermutlich weil alles von einem sehr ehrlichen Fleck kommt. Ob wir mit unserem Freund Oliver arbeiten, der ein unglaublicher Filmemacher ist oder mit unserem Manager an der Tour-Strategie, eskommt alles von Herzen. Und da wir alle zusammen in dieser großen Familie arbeiten und die gleiche Einstellung haben, wollen wir das nicht verderben.
Tom: Sei natürlich, es ist ein natürlicher Prozess. Es gibt bei uns keine Verzweiflung, keine Zielvorgaben wie „wir müssen dies tun, um das zu werden“.
Hattet ihr so etwas wie Think Tanks, um die Vision in euren Köpfen sichtbar werden zu lassen?
Josh: Nein, du folgst einfach deinem Gefühl. Ein Think Tank wäre etwas Konstantes.
Aber insbesondere im „Platoon“-Video gibt es in der Endsequenz einen Raum mit all diesem Jungle-Merchandise.
Tom: Den haben wir gemacht. Ich habe mich mit Josh eine Woche hingesetzt und Merch gebastelt. Weil wir die Idee geliebt haben. Es ging los mit einer witzigen Idee: Wir wurden von einem Typen mit seiner Kamera beim Bodypumping zur Idee inspiriert, ein Kind genau das machen zu sehen. Und dann willst du einfach mehr hinzufügen. Wir waren richtig obsessiv damit, wie Hip Hop obsessiv mit Merchandise ist. Wir dachten uns, wie witzig es wäre, gäbe es diese Band, die mit dem ersten Video bereits Super-Fans hat und dem Gefühl für den Zuschauer, dass er etwas sieht, von dem er keine Ahnung hat, was es ist. Dass es einen Raum gibt, in dem all dieses Zeug existiert – ein bisschen wie Japan. All dieser kranke Scheiß: Es gibt sogar Jungle-Handtücher; das ist wie ein Kommentar zu Materialismus, dass alles eine Identität haben wird – was direkt zurück zu Platoon geht und die Idee von Selbstvertrauen widerspiegelt. Wir sind alle hier, aber du schaust dir das Foto an und denkst „Wo bekomm’ ich dieses Zeug her?“ – das bedeutet aber nichts, weil nichts davon existiert.
"Du schaust dir das Foto an und denkst 'Wo bekomm' ich dieses Zeug her?' – das bedeutet aber nichts, weil nichts davon existiert."
Jungle – The Heat from Jungle on Vimeo.
Ich muss auch gestehen, dass ihr mich mit dem „The Heat“-Video und den Fotos der High Rollaz gebelendet habt. Ich dachte, mit dem Sound und diesem selbstbewussten Groove müsst ihr diese zwei schwarzen Typen sein.
Tom: Wieso? Wieso denn nicht die Sechsjährige? Wir sind nicht die Sechsjährige [lacht]. Auch nicht die Typen aus Busy Earnin’. Lass mich dich was fragen: Wann bist du über Jungle gestolpert? Platoon? The Heat? Oder Busy Earnin’?
Ich hab’ mir ehrlich gesagt Ben Khan bei Soundcloud angehört, dann lief Drops als nächster Song in der Playlist lief. Das muss letzten November gewesen sein.
Nachdem ich euch dann weiter verfolgt habe, wart ihr einfach diese zwei schwarzen Typen. Und alle Stereotype von smoothen Bewegungen, die die High Rollaz machen, waren in Verbindung mit Jungle in meinen Kopf gebrannt. Als ich euch dann auf der Stage im Berghain gesehen habe, dachte ich mir „Du bist so dämlich, dass deine Engstirnigkeit dich das hat glauben lassen.“
Josh: Die Story hat wie gesagt das Internet geschrieben, wir haben ihm nur die Musik und die Videos gegeben. Also hat jeder – und das ist eine natürliche menschliche Reaktion – irgendeinen Scheiß drumherum geschrieben. Das ist uns egal. Aber wieso hat nie jemand gedacht, wir seien das sechsjährige Mädchen? Weil Sechsjährige keine Musik machen können? Das ist nicht unmöglich.
Tom: Es zeigt auf gewisse Weise fehlende Recherche. Ich mein, guck die Videos an! Nie im Leben könnten wir diese Musik machen und gleichzeitig so gut skaten. Wir wären nicht in dieser Band! Ich würde auf meinen Roller Skates und im Adidas Track Suit rumhängen [lacht].
Josh: Wir sind Produzenten. In den Vordergrund von etwas gezogen zu werden, ist seltsam für uns, weil wir einfach nur zusammen arbeiten, Videos machen – und die Musik für sich sprechen lassen wollen. Wir lieben die Aufmerksamkeit nicht. Ich würde lieber im Hintergrund der Bühne Klavier spielen und diese massive Landschaft aus Visuals die ganze Arbeit machen lassen. Stattdessen wurden wir von der Presse nach vorne gezerrt, um diese zwei Typen zu sein. Aber wir lieben auch die Live-Shows. Das Studio, die Produktion und die Ideen sind eine Sache, die Live-Situation eine andere – aber sie sind wie zwei Atome, die sich umeinander bewegen. Du wirst von der Person, die sich wie Jai Paul, Ben Khan, supercool, whatever ey, im Hintergrund und Studio versteckt plötzlich zu den verdammten Arcade Fire! Mir gefällt es auf eine Weise, beides zu sein, aber es ist wie zwei Leben zu haben.
Dachtet ihr in Bezug auf eure Show „Ihr kleinen Pisser, wenn ihr das glauben wollt, dann geben wir euch halt die Illusion!“? Oder dachtet ihr, dass die Masse euren normalen Ichs die Story eurer Musik nicht abnehmen würden?
Josh: Darauf geben wir einen Scheiß. Es könnte mich nicht weniger interessieren, ob du hier bist oder nicht, weißt du? Es ist deine Entscheidung und deine Entscheidung, zu schreiben was du willst. Wie T schon vorher anmerkte, würden wir durchdrehen. Du könntest gehen und schreiben, dass wir Arschlöcher sind – und was werden wir dann tun? Nach oben gehen und heulen?
Ihr würdet es ja gar nicht merken, ist ja alles auf deutsch…
Josh: Haha. Nein, es wär einfach lächerlich, so zu denken. Es ist nur Musik. Wir haben einfach nur ein bisschen Spaß daran, Freunde zu sein. Wir nehmen es nicht zu ernst und versuchen nicht, die Welt zu verändern. Das kannst du nicht.
Tom: Manche Promis glauben, sie könnten es…
Josh: Das sind keine Politiker. Ironischerweise ist Fakt, dass diese Art von Dingen ja doch die Welt verändert. Beyoncé ist eine der mächtigsten Leute in dieser Welt: sie hat die meisten Follower; was sie sagt, glauben jede Menge Menschen! Das ist doch verrückt!
Mal zurück zur Musik: Meiner Meinung nach klingt ihr fresh und crisp und innovativ und –
– Josh: Hältst du Ben Khan für innovativ?
Hm, schwierig. Ich mag seinen Sound. Musik muss zu meiner Stimmung passen. Wenn ich rennen will, brauche ich upbeat-Musik, die mich schneller rennen lässt, wenn ich tanzen will, will ich tanzen und weinen, wenn ich traurig bin. So wie es euch einen Scheiß interessiert, ob ich hier bin oder nicht, könnte es mir nicht egaler sein, „was“ die Musik ist: Es muss einfach nur die Emotion sein, die ich in dem Moment brauche.
Josh: Ok, das ist gut. Gute Antwort!
[Puh, damit wohl Feuertaufe bei den Cool Kids bestanden!]
(http://junglejunglejungle.tumblr.com/)
Also, wieso habt ihr euch dazu entschieden, in die funkigere Soul-Richtung zu gehen? Und nicht in die Richtung von, Electro-Pop, von Disclosure oder was sonst gerade so gut in eurer Stadt London funktioniert?
Tom: Ich denke nicht, dass es je eine bewusste Entscheidung war. Wir machen diese Sounds, weil sie uns Spaß machen. Du kannst nicht willentlich die Entscheidung treffen, einen bestimmten Sound der Musik zu machen. Ich denke, du bist dann nicht vollständig ehrlich mit dir selbst. Du darfst nur dasitzen und irgendetwas aus dir herauskommen lassen. Lass etwas entstehen – in deinem Kopf, auf einem Piano oder einen Drum Beat.
Josh: Einige Songs oder Dinge wechseln ständig, da wir bestimmte Musikstile nicht mögen. Wir lieben gute Musik und gute Songs – wie du bereits sagtest: was immer funktioniert – und wenn es ein Reggae-Song ist. Einige Reggae-Songs sind furchtbar, oder? Aber letztens hat jemand Bob Marley angemacht und der ist einfach großartig! So läuft’s halt.
Wenn du dir Drops anhörst, ist das für mich persönlich kein Funk Track, sondern mit einem derartigen Beat näher an Disclosure. Lemonade Lake am Ende der Platte ähnelt Tame Impala oder Frank Ocean – und das ist kein Funk. Es ist einfach natürlich. Wenn sich Busy Earnin’ funky anhört – und das tut es vermutlich aus gutem Grund – dann kann es in seinem eigenen kleinen Raum existieren. Wir denken nicht in Genres, eher in Teilen des Ganzen. Falls sich dieser Teil dann zufällig so anhört wie etwas anderes, dann ist das cool.
"Es gibt nicht die eine wichtige Person, kein Ego, es ist eine kollektive Stimmung, eine kollektive Energie."
Jungle im Interview, das seid ja immer ihr Zwei –
– Josh: Nein, da gibt es noch zwei andere Typen, die eigentlich die meiste Arbeit machen.
Hätte ich nicht das Ende des vorherigen Interviews mit exakt diesen beiden Menschen mitbekommen, hätte ich mich spätestens in diesem Moment wohl wieder verarscht gefühlt. Dass Jungle aus 30 Leuten bestehen, die sich einen Scherz daraus machen, für jeden öffentlichen Auftritt zwei unterschiedliche Sprachrohre vorzuschicken, könnte man ihnen locker zutrauen. Deshalb lieber schnell die Frage hinterher:
Aber existiert eine feste Konstellation für die Jungle Live-Shows – oder gibt es dafür eine ständige Bewegung im Freundeskreis?
Tom: Es kommt und es entwickelt sich. Wir überraschen uns immer wieder mit neuen Dingen, neuen Wegen es zu tun. Manchmal spielen wir die Songs mit zwei Leuten im Schlafzimmer, manchmal als Septett, dann als DJs.
Josh: Es ist wie ein Atom. Tom und ich sind der Nukleus, aber du brauchst die Energie von allem Außenliegenden – den Elektronen, den Neutronen, den Protonen – um deinen Nukleus durch Zeit und Raum bewegen zu können. Auch wenn wir der harte Kern sind, würden wir ohne unsere Freunde und unser großartiges Team nicht hier sein. Sie sind in diesem Projekt genau so wichtig wie wir. Es gibt nicht die eine wichtige Person, kein Ego, es ist eine kollektive Stimmung, eine kollektive Energie. Wenn wir live spielen, wird sie transponiert, das Publikum zu einem weiteren Teil von uns – und wir reisen gemeinsam durch die Zeit.
Ihr habt bei XL Recordings unterschrieben. Als Label von The Prodigy, White Stripes, The xx und Adele ein ziemlicher dicker Fisch, der so ziemlich alles veröffentlich hat, was in den letzten 20 Jahren der Shit war. Wie ist das passiert? Und macht euch das stolz?
Josh: Als wir angefangen haben, sagte unser Manager und bester Freund Sam, er wolle unsere Musik wirklich unter die Leute bringen. Wir sagten „Guck, wir wollen unsere Musik wirklich nicht in die Industrie drängen, wir wollen die Leute sie selbst finden lassen." Weil alles, sobald du es schaffen willst, und Leute um ihre Meinung bittest, unehrlich wird. Wir hatten Glück mit Chess Club für unsere ersten Veröffentlichungen , danach kam XL auf uns zu. Es ist einfach ein sehr cooles Label, sie wollen die Künstler sie selbst sein lassen – dabei ist ihr Kreativteam sehr hilfreich. Es ist krass, sich ihr Roster anzugucken. Bei jedem anderen Major Label – Columbia zum Beispiel, würde ich mir 75 Prozent davon niemals anhören, aber ich liebe zu einhundertprozent alles von XL. Das macht mich ganz schön emotional darüber nachzudenken. Es ist ein echter Traum.
Letzte Frage: Was ist euer Ziel mit Musik?
Tom: Das Ziel ist, kein Ziel zu verfolgen. Zu genießen, nichts zu ernst zu nehmen, sich nicht an Dingen aufzuhängen, das hier als Freunde zu betreiben, so viel Spaß wie möglich zu haben. Das ist, wo es für uns anfängt und wo es für uns mit 45 enden wird, wenn wir kein Label mehr haben und keine Musik mehr veröffentlichen. Wir haben nur Ambitionen was das Teilen mit so vielen Menschen wie möglich angeht.
Wenn du Jungle magst, wenn du mit uns Spaß haben willst, dann sehen wir uns bei der Party!
Jungles selbstbetiteltes Debütalbum erscheint in Deutschland am 11.07.2014 über XL/Beggars/Indigo.
(Text: Vera Jakubeit / Fotocredit: Dan Wilton)
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