Wenn es um das Schicksal der ganzen Welt geht, dann darf man schon mal Angst haben. Selbst wenn dabei nicht die eigene, sondern eine Parallelwelt gemeint ist. Angst hatte deswegen auch so mancher Filmverleih und zog seine Filme eine Woche nach vorne, um in dieser Woche bloß dem „Goldenen Kompass“ zu entkommen. Denn zumindest in der Filmbranche hofft so mancher, dass dieser glänzende Richtungsanzeiger genauso mächtig ist wie der legendäre „Herr der Ringe“. Auch hier geht es um eine Fantasy-Trilogie, wobei die literarische Vorlage nicht ganz so legendär ist wie jene von Tolkien. Leider ist auch Regisseur Chris Weitz nicht ganz so versiert wie Peter Jackson. Immerhin: die Computereffekte sind bemerkenswert hochklassig und Nicole Kidman darf endlich mal so eiskalt und fies spielen wie sie schon seit Jahren wirkt. So ist dann die Geschichte von der 12-jährigen Lyra, die mit Hilfe von fliegenden Hexen und Whiskey trinkenden Eisbären den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse entscheiden soll, immerhin abwechslungsreiche Adventsunterhaltung.
Vom Kampf zeigt auch „Für den unbekannten Hund“, der neue Film der streitbaren Reding-Brüder. Es ist aber vor allem der Kampf mit sich selbst. So gerne wären sie wie damals bei „Oi! Warning“ wieder radikal und provozierend, aber die Geschichte vom jugendlichen Mörder auf Tour mit den wandernden Zunftgesellen ist irgendwie nur seltsam und langweilig. Sascha Reimann, the artist formerly known as Ferris MC (mit dem wir uns auch zum Interview trafen), gibt dabei sein Kinodebüt und wirkt vor allem deswegen überzeugend, weil sein jugendlicher Partner heillos überfordert ist.
Von Beginn an ausweglos ist der Kampf, dem sich die wunderbare Sarah Polley in ihrer ersten Regiearbeit „An ihrer Seite“ widmet. Darin sträubt sich Leinwandikone Julie Christie gegen das Vergessen und zieht dann gegen ihre Alzheimer-Erkrankung doch den Kürzeren. Ihr Ehemann leidet daran bis zur Unerträglichkeit, und auch als Zuschauer kann man sich der ruhigen und alles andere als effekthascherischen Traurigkeit kaum entziehen.
Einsamkeit ist auch in „Mein bester Freund“ ein Thema, wenn auch Frankreichs Regiestar Patrice Leconte die Sache wesentlich heiterer angeht. Ein Mann muss bei ihm erkennen, dass er eigentlich keine Freunde hat – und auch nicht so recht weiß, wie er welche finden könnte. Das ist schon deshalb ziemlich unterhaltsam, weil in diesem Fall die Schauspieler rund um den verlässlich guten Daniel Auteuil allesamt sehenswert sind.
Kämpferisch gibt sich übrigens auch Dustin Hoffman. In „Mr. Magoriums Wunderladen“ muss er seinen Spielzeugladen zumindest gegen einen spröden Buchhalter verteidigen und setzt dabei gemeinsam mit seiner Assistentin Natalie Portman ungewöhnliche, weil magische Mittel ein. Hollywood verwechselt in diesem Märchen mal wieder Phantasie mit überbordender Tricktechnik, aber als nettes Begleitstück zum „Goldenen Kompass“ taugen die vielen putzigen Tiere hier allemal.
Wer nun allerdings denkt, dass bei so vielen Computeranimationen die Tragik des Alltags keinen Platz hätte, dem sei schließlich noch „Madonnen“ empfohlen. Die großartige Sandra Hüller, die aus „Requiem“ noch nachhaltig in Erinnerung ist, spielt darin eine heillos überforderte junge Mutter. Dass sie zum Kampf um ihre Kinder so gar nicht in der Lage ist, macht dieses kleine Drama ganz besonders erschütternd.
Text: Patrick Heidmann
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