Kate Nash über Riot Grrrls und die Rolle der Drummerin bei den Babyshambles.
Kate Nash gehört neben Lady Gaga, M.I.A. und Florence and the Machine (um nur einige zu nennen) zu den marktführenden Vertreterinnen der femininen Popszene. Die Londonerin macht sich mit ihrer vorlauten, aber sehr herzlichen Art für Frauen in der Musikszene stark, steht selbstbewusst zu ihren kleinen und größeren Fehlern und erzählt von ihren Erfahrungen mit pubertärer Unsicherheit.
motor.de: Es ist noch nicht allzu lang her, da hörte man dich selbst sagen, du seist von der naiven, glücklichen Kate Nash zu der wütenderen, zynischen Kate Nash übergegangen.
Kate: Die erste Platte habe ich geschrieben, als ich allein in meinem Zimmer saß. Vor diesem Album war ich auf Tour und habe einiges an Erfahrungen gesammelt, was einen auch zynischer werden lässt. Seitdem ich in der Musikbranche unterwegs bin, habe ich die besten Leute überhaupt getroffen. Aber eben auch einige der schlimmen Sorte.
motor.de: Du hattest tatsächlich einen Burnout nach der ersten Platte?
Kate: Ja, ich war einfach ziemlich verbraucht. Das war ein Lebensstil für mich, der ungesund war – viel reisen, kaum schlafen, irgendwie auch Angst und all die Dinge, die auf dich einfließen. Es hat mir keinen Spaß mehr gemacht – nicht mal mehr die Konzerte oder das Schreiben von Songs. Also habe ich mir danach etwas Zeit genommen, um mich zurück zu lehnen. Wenn ich kreativ sein möchte, muss ich auch Spaß daran haben, sonst klappt es nicht.
motor.de: Kommst du jetzt mit dem zweiten Album besser damit klar?
Kate: Ich denke schon. Manchmal kann dich dieser Job kaputt machen und dann brauchst du etwas, was dem Ganzen die Waage hält. Und ich will definitiv nichts anderes machen, also musste ich etwas finden, das die Anstrengung ausgleicht. Ich könnte aber auf keinen Fall nochmal eine so lange Tour aushalten, wie meine letzte die sich über ein ganzes Jahr erstreckte.
motor.de: Du verdienst jetzt ziemlich gutes Geld mit deiner Musik, hast du irgendwelche besonderen Anschaffungen gemacht?
Kate: Nicht wirklich. Eine eigene Wohnung ist das größte, was ich je gekauft habe. Ich bin sonst nicht sehr extravagant, kaufe ein paar Platten und Essen. Obwohl, ich habe eine Vintage Gitarre für meinen Freund gekauft…das ist aber auch schon alles.
motor.de: Deine Songs handeln eher von den Heimtücken der Liebe als von der Liebe selbst…
Kate: Es gibt eigentlich nur einen Song auf der Platte, der von der guten Seite der Liebe handelt.
motor.de: “I Hate Seagulls”?
Kate: Ganz genau. Das ist der ehrlichste Song, den ich je geschrieben habe. “Kiss That Grrrl” ist über Streit und Eifersucht. Eine Beziehung ist niemals perfekt. Die Hauptsache ist, dass man den anderen liebt. Ich finde es immer interessant, über die verschiedenen Arten von Beziehungen zu schreiben. Menschen sind interessant und merkwürdig, es ist immer etwas Einzigartiges.
Kate Nash – “I Hate Seagulls”
motor.de: Würdest du dich selbst eigentlich der Riot Grrrl Bewegung zuordnen?
Kate: Also die ist definitiv wichtig für mich. Ich fühle, dass ich das in mir habe – auch, wenn ich nicht Teil einer Punkband bin. Ich möchte andere Mädchen dazu ermutigen, Musik zu machen, aufzustehen, Gitarren in die Hand zu nehmen und in Bands zu sein. Ich liebe die Musik aus der Bewegung auch selbst. Zum Beispiel gehört Bikini Kill zu meinen absoluten Lieblingsbands. Ich wurde davon sehr inspiriert.
motor.de: Warum, glaubst du, gibt es so viele Männer in dem Business?
Kate: Ich habe keine Ahnung. Vielleicht liegt es daran, wie die Gesellschaft Frauen und Männer behandelt. Die Medien sagen Mädchen, was sie sein sollen – Männer hingegen sind nicht wirklich eingeschränkt. Mädchen sind auch anders, die reden lieber miteinander, als sich über Sport abzureagieren, oder eben in einer Band zu sein. Magazine haben immer die gleichen Bands auf ihren Covers. Das sind auch einige meiner Lieblingsbands. Die Stones oder Jimi Hendrix mögen große und tolle Bands sein, aber ich habe niemals Bikini Kill auf einem Cover gesehen. Das ist einfach ein Ding unserer Kultur. Die Mädchen sollten wissen, dass es diese Bands gibt und sagen können: “Oh, das könnte ich auch tun.” Ich werde andauernd gefragt, ob ich meine Songs selbst schreibe. Es überrascht mich selbst, aber es sollte nicht überraschend für die Welt sein.
motor.de: Ich hab mal davon gehört, dass du Drums bei den Babyshambles spielen wolltest?
Kate: Was? Nein, das wollte ich nicht. Das ist ja lächerlich. Vielleicht wollten sie ihre Fühler nach mir ausstrecken und sehen, wie ich darauf reagiere. (lacht)
motor.de: Wenn du dir jemanden aussuchen könntest, der einen Song von dir covern soll, wer würde das sein?
Kate: Joan Jett, weil sie die coolste Person überhaupt ist.
Kate Nash – “Foundations”
motor.de: Glaubst du, dass Promis ohne Ecken und Kanten der Jugend ein falsches Bild von Schönheit vermitteln?
Kate: Ja, es ist wichtig, dass die jungen Menschen wissen, dass auch diese Leute nicht perfekt sind. Teenager zu sein ist schon schwierig genug, vor allem wenn man unsicher ist. Ich selbst habe mich in dieser Zeit definitiv nicht in meiner Haut wohl gefühlt, ich war wirklich verunsichert durch meinen Körper und wie ich aussah. Aber ich wollte auch nicht mich selbst verlieren. Ich bin wie ich bin, und ich bin nicht perfekt. Du musst nicht hungern oder das perfekte Make-Up haben, um dich wohl zu fühlen und schon gar nicht, damit die Männer dich attraktiv finden. Manchmal rasiere ich mich auch Tage nicht oder mein Make-Up sitzt nicht. Es ist nicht so, dass ich es mit Absicht mache, so bin ich einfach. Ich versuche mich gesund zu ernähren und alles, aber ich werde mich nicht wegen dem Druck der Medien verbiegen. Ich bin nur menschlich. Und wenn die Medien meine Fehler dann aufs Titelblatt tragen und die Menschen sich dabei gut fühlen, dann macht es doch.
motor.de: Zwei kurze Sachen am Ende: Was war denn das Böseste, das du mal getan hast?
Kate: (lacht) Oh nein… Ich versuche, nicht zu böse zu sein. Aber wenn ich darüber nachdenke, musste meine Schwester oft dran glauben. Wir haben uns früher immer sehr gestritten, wie das unter Geschwistern eben ist. Das klingt jetzt wirklich nicht schlimm, aber damals war das echt eine böse Sache. Ich war total wütend, weil sie einen Sticker von mir klauen wollte, der irgendwo klebte und dadurch kaputt ging. Sie hatte ein Destiny’s Child Album, ich habe das Booklet rausgezogen und mit einem Stift Beyonces Gesicht zerkratzt, sodass es auch nicht mehr weg ging. Das ganze Booklet war kaputt. Sie hat geweint und wir haben uns ziemlich heftig gestritten. Und ich habe es wirklich mit Absicht gemacht, daher ist es böse. Aber heute versuche ich, böse Dinge zu vermeiden, mir hat das hinterher wirklich leid getan.
motor.de: Wenn du in die Zukunft blickst, wo siehst du dich dann?
Kate: Ich möchte noch immer Musik machen, außerdem würde ich gern schauspielern. Ich würde des Weiteren gern auf dem Land leben, ein guter Koch sein. Mit 16 hätte ich mich dafür entscheiden können, mich vollkommen zu verbiegen oder aber für Kunst, Theater und Musik. Ich möchte versuchen Menschen zu helfen, denen es ähnlich geht.
Interview: Elli Eberhardt
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