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Knarf Rellöm is in the House again. Und ruft gleich ein neues Genre aus. In Anlehnung an „No Wave“ bittet er die Plattenhändler, seine Platten in der Rubrik „No Deutschland“ einzuordnen. Denn Knarf Rellöm fühlt sich hierzulande nicht wohl und formuliert das auch offen. „Entspannter Patriotismus“ – nicht mit Knarf, denn der hält es lieber mit Sun Ra, diesem großen Visionär des Free Jazz: „Space is the Place“. Wenn auf diesem Planeten nur noch die Dummheit regiert, dann hilft bloß die Flucht ins All.
Aber Knarf Rellöm ist natürlich kein Eskapist. Seine Musik ruft nach Veränderung. Im Hier und zwar jetzt, sofort! „Ist das noch zeitgemäß?“, mögen einige fragen. „Ist Knarf Rellöm etwa Kommunist?“ – Wenden Sie sich mit diesen Fragen bitte vertrauensvoll an den Künstler selbst. Und auch mit der Frage, warum auf der Dankesliste nicht nur linke Ikonen wie Toni Negri und Guy Debord auftauchen, sondern auch Franz Josef Strauss und Rudi Völler. Aber bitte genau lesen: Nicht um „Dank“ geht es hier, sondern um „Treibstoff“. Die Welt ist nun mal nur dialektisch faßbar. Kritische Energie ist eine Mischung aus dem, was uns anzieht und abstößt.
Klingt kompliziert? – Keine Angst, Knarf Rellöm hängt weder den Pädagogen, den Prediger noch den Diskurs-Popper raus. Denn wie immer hat die Musik auch – und zwar vor allem – sehr viel Groove, Sex Appeal, Witz und Charme. Funk und Disco bilden das Gerüst, nicht Indie-Innerlichkeit. Mit seiner Verzahnung von Message und Dancefloor schlägt die Knarf Rellöm Trinity einen Bogen zu den großen Ahnen des tanzbaren Agit-Prop, Sly Stone, The Last Poets und Curtis Mayfield. Und genau darum geht es: Die Linke (und damit ist, verdammt noch mal, nicht „Die Linke“ Lafontain’scher Prägung gemeint) wieder sexy zu machen. Populär, nicht populistisch. Kein Wunder also, dass das Design von „Move Your Ass & Your Mind Will Follow“ an die Cover des legendären „März“-Verlags angelehnt ist. „März“, das sollte man den Nachgeborenen erklären, war einer der wenigen linken Publikumsverlage der BRD, der nicht nur hohe Verkaufsauflagen hatte, sondern für dessen Herausgeber Jörg Schröder Pop und linke Theorie keinen Widerspruch darstellten. Keine straff organisierte K-Gruppen-Esoterik, sondern Knaller wie die von Rolf-Dieter Brinkmann herausgegebene „Acid“-Anthologie und „Sexfront“ von Günter Amendt. Agitation, die Spaß macht. Mehr noch: Was die Knarf Rellöm Trinity vom „März“-Geist übernommen hat, ist die Erkenntnis, dass Lust gar nicht ohne ein ganz bestimmtes politisches Bewusstsein denkbar ist. „Es gibt nur cool oder uncool“ muss wieder als politische Kategorie gedacht werden. Die Zeit der Style-Gefechte ist vorbei! Und die Zeit des Kuschelns sowieso. Let’s put some Inhalt in your tank.
Dass „Move Your Ass & Your Mind Will Follow“ mit der Sprengkraft eines Manifestes daherkommt, das sich weigert, zwischen „Mind“ und „Ass“ zu trennen, ist der Knarf Rellöm Trinity wieder und immer noch zu verdanken: Knarf Rellöm aka King Fehler (Instrumente, Stimme), DJ Patex (Instrumente, Stimme) und Viktor Marek (Instrumente, Stimme).
Martin Büsser@wsfa.de
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