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Kölsch ohne Kater

Dorfdisko. Schon mehrmals haben wir über den Vierer aus Köln berichtet. Als erster Spross des neuen Motor Labels hinterließ die Band von Anfang an einen höchst angenehmen Nachgeschmack. Daniel, Peer, Volker und Marc nehmen das, was sie machen, zwar verdammt ernst, schaffen es aber dennoch, eine Leichtigkeit auf den Zuschauer und Hörer zu projizieren, der sich keiner so leicht entziehen kann. Wie beim damaligen Gig im Berliner Magnet, so gelingt es Dorfdisko bei nahezu jedem ihrer Konzerte, eine Stimmung zu entfachen, die man am ehesten als positiv vereinnahmend beschreiben kann. Ihre Stücke und ihre Texte handeln vom Leben mit all seinen Facetten, ohne dabei jedoch in weinerlichen oder erzieherischen Pathos zu verfallen. Die auf der im letzten Jahr erschienenen “Unterwegs”-EP veröffentlichten Stücke sind nach wie vor nur ein kleiner Vorgeschmack auf das im Sommer anstehende Album. Wieder hat das Quartett mit Erdmöbel-Veteran Ekki Maas zusammengearbeitet, und wieder dürfte sich die Kombination aus Erfahrung und sympathischem Übermut als höchst zuträglich für den Aufnahmeprozess erwiesen haben. Das Album kommt im Juni. Ob sie dann schon zu den Großen gehören, wird sich zeigen. Auf alle Fälle machen sie sicher auch dann noch genau das, was sie am besten können und ihnen meisten gefällt: sympathischen, deutschsprachigen Pop mit dem richtigen Sinn für Weite und Sehnsucht. Am 11. April erscheint mit der überarbeiteten Version von “Unterwegs” und drei weiteren Stücken zunächst eine Single, die das Warten auf die Langspielplatte durchaus erleichtern dürfte. In Köln standen  Sänger Daniel und  Schlagzeuger Marc Rede und Antwort.

Was wird der Hauptunterschied sein, wenn man das Album mit der E.P. vergleicht?
Peer: Natürlich gibt es viel mehr Songs.
Daniel: Das Spektrum ist einfach facettenreicher. Es wird einfach eine größere Bandbreite bedient. Wenn man Eckpfeiler abstecken müsste, dann ist einer sicher “Schreien Wir Zusammen”, und dann gibt’s auf dem Album einen eher ruhigeren Song wie er so noch nicht mal auf der EP ist..

Ihr habt euch ja erst Anfang 2004 gegründet. Könnt ihr euch erklären, warum das bei euch alles so schnell ging? Die Reise vom Proberaum hin zum Groß-Indie dauerte ja nicht allzu lange.
Daniel: Wir haben einfach angefangen, Musik zu machen. Was anderes machen wir ja jetzt im Prinzip auch nicht. Dann gab es ganz schnell Leute, die das, was wir machen, irgendwie toll fanden. Wir konnten zum Glück auch viele Konzerte spielen, was wiederum mehr Publikum auf uns aufmerksam werden ließ. Wir hatten auch die ganze Zeit ein gutes Gefühl dabei. So richtig erklären können wir uns das aber alles dennoch nicht. Natürlich wird diese Art Musik ja auch gerade gehört.

Setzt es euch unter Druck, das erste Motor-Signing zu sein?
Peer: Ich empfinde das für uns eher als Vorteil. Wir machen unsere Musik, und zum Glück haben wir Leute gefunden, die daran glauben und das gut finden. Das ist ja eigentlich das Ideal, was man sich von einer Plattenfirma nur wünschen kann. Natürlich auch mit dem Hintergrund, dass ein Label das Gefühl hat, man kann es verkaufen. Im Zweifelsfall hat Motor dann den Druck. Für uns ist es ja die erste Veröffentlichung als Band. Das wäre bei jeder Plattenfirma genauso. Für Motor ist es aber anders, da sie ja auch selber mit in den Focus rücken.
Daniel: Für mich ist es außerdem eine große Ehre, bei Motor zu sein. Tim Renner ist einfach ein grandioser Kerl. Irgendwie ja dann auch Künstler. .Seine Frau, Petra, und das ganze Team ist einfach toll. Man macht jetzt gemeinsam eine neue Sache.

Beim Konzert in Berlin habt ihr eure WG gegrüßt und sogar teilweise vor Ort gehabt. Wie wichtig sind euch Freunde und der ständige Draht zu eurem vertrauten Umfeld?
Daniel: Du weißt ja, was bei “Unterwegs” im Refrain besungen wird. Freunde kommen halt mit. Freunde sind uns natürlich sehr wichtig.
Peer: Wir hatten heute eine Photosession für das neue Album. Die haben wir auch wieder zusammen mit Matthew Decker gemacht. Der hat damals schon die Fotos für unser erstes Demo gemacht. Es ist schön, wenn man mit Leuten von früher dann auch weiterarbeiten kann.

Geht es in euren Stücken um die Liebe zu Personen oder das Leben an sich?
Daniel: Das lasse ich gern offen. Ich finde es gut, wenn jeder was damit anfangen kann. Im Text hat man ja dann auch noch mal explizit die Möglichkeit auf Themen wie Freundschaft, Bewegung, Bewusstsein und Intensität einzugehen. Ich habe dabei aber nie den Anspruch, den Leuten irgendetwas abzuverlangen.
Peer: Daniel hat mal den schönen Satz gesagt: “Ich muss den Leuten nicht erklären, wie die ihr Leben leben sollen. Das sollen sie schon schön selber entscheiden.” Das trifft es, glaube ich, ganz gut. Man kann ja von sich erzählen, Erfahrungen weitergeben und Gefühle vermitteln.

Daniel, du bist Schauspielschüler. Ist die Band für dich die Möglichkeit, fernab jeder Rolle mal richtig und ehrlich aus dir rauszugehen?
Daniel: Ich denke schon. Ich spiele da oben natürlich keine Rolle! Es ist schön, sich auf der Bühne ohne die ganzen Regeln bewegen zu können. Die Gemeinsamkeiten liegen für mich persönlich eher im Texte schreiben und Musik machen und dem schauspielerischen Kunstbegriff. Zusammen nach Kunst und Ausdrucksmöglichkeiten zu suchen.

War es für euch von vornherein wirklich klar die Texte in eurer Muttersprache zu halten, oder gab es da Diskussionen?
Daniel. Das war von vornherein klar
Peer: Schon bei der Anzeige wurde ja klar, in welche Richtung man gehen will. Als Daniel dann dazu kam, war es für ihn ja auch schon klar, dass er auf deutsch schreiben und singen will.
 Daniel: Es ist halt einfach eine schöne Sprache. Man kann damit auch eine wirklich schöne Song Phonetik entwickeln. Definitiv muss man das aber noch entwickeln, weil deutsche Songs ja jetzt noch nicht so kultiviert wurden.
Peer:  Meiner Meinung nach haben viele Leute einfach ein sehr gespaltenes Verhältnis zu ihrer Muttersprache. Daniel macht sich eben die Mühe, nach Sachen zu suchen, die auf deutsch auch sehr schön klingen können. Es heißt ja immer, deutsch wäre so eine harte und schwere Sprache. Wenig melodiös. Das stimmt aber gar nicht. Man kann sehr viele Sachen finden, die auf deutsch wirklich toll klingen, vielleicht sogar besser als sie im Englischen klingen würden. Man muss sich aber einfach die Mühe machen, danach zu suchen.

Vielen Dank für das Gespräch
Peer und Daniel: Danke, bis bald.

Text: Ben Dominik

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