Jonathan Davis, Fieldy, James “Munky” Shaffer und David Silveria haben seit Beginn ihrer Karriere vor über 10 Jahren die Parameter des Metal immer wieder neu definiert und ein gesamtes Genre revolutioniert. Dabei haben KoЯn immer wieder die Rolle der Vorreiter übernommen und mit ihrem neuen Studioalbum „See You On The Other Side“, das in Deutschland am 02.12.2005 veröffentlicht wird, setzen sie jetzt zu einem erneuten, eindrucksvollen Höhenflug an.
Das Phänomen KoЯn lässt sich vielleicht am ehesten so beschreiben: mit einem Satz von der Highschool direkt in die weltweiten Charts. Und das nicht ohne Grund, hat die Band es über Jahre geschafft, ihre Energie und damit ihre Originalität zu bewahren. Mehrfach mit Platin und diversen Grammys ausgezeichnet, haben KoЯn in den letzten Jahren weltweit über 25 Millionen Platten verkauft und durchweg Top-Positionen in den internationalen Charts erreicht.
Und dennoch: Studio Album Nummer # 7 ist ein Neuanfang, das musikalische Dokument einer Band, die sich von Album zu Album weiterentwickelt hat und die nun ein neues Kapitel der eigenen Erfolgsgeschichte offenbart. Schon beim ersten Vernehmen der neuen Songs wie z.B. der Vorab-Single-Auskopplung „Twisted Transistor“ (VÖ 18.11.), „Politics“ oder „Love Song“ wird dem Hörer schnell klar, dass KoЯn neue Türen aufgestoßen haben, hinter denen noch mehr Kreativität, Intensität und Chaos laueren, als schon in der Vergangenheit – und niemand zelebriert das Chaos besser als KoЯn. „Twisted Transistor“ beweist eindrucksvoll, dass sich KoЯn einen auffälligen Schritt weiterentwickelt haben: durch die Symbiose von Melodie und Gesang, die treibenden und sphärischen Effekten, entstand in Zusammenarbeit mit dem Produzenten-Team The Matrix und Produzent Atticus Ross (u.a. Nine Inch Nails) ein Sound immenser Dichte und Atmosphäre.
Der unverwechselbare KoЯn Sound, die gefühlte Wut, Desillusion und Melancholie bleibt auch nach dem Ausstieg von Gitarrist Brian Welsh bewahrt. „Da saßen wir nun, mit einem Bandmitglied weniger. Also entschieden wir uns dafür, andere Produzenten auszuprobieren, zu experimentieren und zu schauen, was passiert“, erklärt KoЯn-Sänger und Mastermind Jonathan Davis. Nach dem Selbstproduzierten 2003er Album „Take A Look In The Mirror“ sollte diesmal im Studio also noch eine Schippe draufgelegt werden. „Wir hatten einen Punkt erreicht, an dem wir uns selbst neu erfinden mussten. Wir können als Band in so viele verschiedene Richtungen gehen, warum sollten wir uns da selber Scheuklappen anlegen?“.
Das Ergebnis ist denn auch alles andere als Scheuklappen-geprägt. Jonathan Davis, der wie schon beim letzten Album den Großteil der Produzenten-Arbeit erledigte und diese Aufgabe nun auch bei „See You On The Other Side“ übernahm, entschied sich für die Zusammenarbeit mit den Produzenten Atticus Ross und The Matrix – zwei Einflüsse, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. „Wir wussten, dass wir experimentieren wollten und waren gespannt, wohin uns das führen würde. Dass dann aber so etwas dabei herauskommt, damit hatten wir nicht gerechnet“, gesteht Davis lachend. „Es hat sich wirklich gelohnt. Wir haben zwar ein Bandmitglied verloren, dafür aber mit Atticus und Matrix zwei neue hinzugewonnen.“
Das Ergebnis ist das mit Sicherheit revolutionärste, intensivste und konsequenteste Album seit dem 1994er Debüt. Eine Platte, so angenehm wie Stacheldraht, eine Bastard-Mischung aus blendender musikalischer Wut, mit Texten voller düster-verdrehter Offenheit. Es ist die Kulmination all dessen, wofür die Musik von KoЯn bisher stand und gleichermaßen ein Evolutions-Sprung für die Band. „Wir wollten einfach mehr“, erklärt Davis. „Es gibt viele Bands, die Heavy oder Rock machen, und das mit absolut großartigen Ergebnissen. Aber wir standen immer dafür, etwas Neues zu erfinden und damit die Grenzen weiter zu verschieben. Wir haben in der Vergangenheit ein völlig neues Genre geschaffen und nun versuchen wir, weiter die Spitze dieser Bewegung zu bilden. Auf dem neuen Album hört man nicht mehr die minimalistischen KoЯn der alten Schule. „See You On The Other Side“ ist Ausdruck unserer natürlichen Weiterentwicklung als Band. Wir haben jetzt die Schlagzahl erhöht.“.
Das haben sie wirklich – und zwar mit durchschlagendem Effekt. Der hybride Funk des metallisch schimmernden Album-Opener „Twisted Transistor“ markiert den Beginn einer musikalischen Dampfwalzen-Tour, die in der Folge durch die rohen Gitarren-Attacken auf „Politics“, die Industrial-Strukturen in „Throw Me Away“ oder die militärische Präzision des hymnischen „Coming Undone“ geprägt wird. „Eaten Up Inside“ und „Getting Off“ sieht die Band auf bewährten Pfaden, die wahren Perlen des Albums sind jedoch die Stücke, in denen die alten Strickmuster manipuliert werden. „Wenn wir uns unsere eigene Musik anhören und wir uns dann gegenseitig anschauen und feststellen, dass wir alle dieses merkwürdige Gefühl von Angst im Bauch verspüren – dann wissen wir, dass wir etwas wirklich Außergewöhnliches geschrieben haben“, meint Davis. „Wenn uns unsere Musik selbst Angst einjagt, dann sind wir uns sicher, dass wir die Grenzen gesprengt und etwas geschaffen haben, was es so bisher noch nicht gab.“ Wobei „Angst einflößend“ auch die perfekte Beschreibung eines Stückes wie etwa des epischen „Seen It All“ darstellt, das mit einem matschigen, düster-dröhnenden Intro beginnt, um sich anschließend in die Tiefen eines seelischen Fegefeuers zu stürzen. KoЯn haben ihre treue Fangemeinde mit ihrer Musik immer direkt angesprochen und das neue Werk stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Im Gegenteil. Davis´ Co-Produzenten entpuppten sich als die perfekten Mitstreiter, die es ihm gestatteten, seinen inneren Dämonen noch mehr als in der Vergangenheit freien Lauf zu lassen.
„Wir haben sieben fette Alben geschrieben und einen eigenen Stil entwickelt. Doch diesmal wollte ich nicht die typischen Texte, wie ich sie sonst schreibe, sondern neue, andere Ausdrucksweisen finden. Und dabei hat es mir sehr geholfen, all diese ganz unterschiedlichen Leute um mich zu haben, mit ihren ganz verschiedenen Ansichten und Talenten. Mir ist es immer schwer gefallen, das auszudrücken, was ich eigentlich sagen wollte, weil mir die Phrasierung und die Melodien der Texte bestimmte Grenzen setzten. Matrix und Atticus haben mir sehr geholfen, dieses Problem zu meistern, ohne dass wir als Band dabei unseren Vibe verloren haben.“ Hörbarer Beweis dafür ist das letzte Stück des Albums mit dem Titel „Tearjerker“, das ein schwieriges emotionales Thema behandelt, dieses aber mit einem luftig-leichten Ambient-Arrangement verbindet. „Dieser Song wurde durch wirklich verdammt harte Zeiten inspiriert, z.B. wenn ich auf Tour war und Zoff mit meiner Frau hatte. Dann habe ich das Gefühl, dass ich nichts tun kann, nirgends hingehen kann. Ich fühle mich einsam und – selbst von meinen Geistern – verlassen. Ich weiß aber, dass auch Andere dieses Gefühl kennen und sich damit identifizieren können. Vielleicht nicht zu 100%, weil ja nicht jeder wie ich auf Tour ist und durch die Welt gondelt – aber jeder hat doch mal Phasen, wo es Stress in der Beziehung gibt oder wo man einen geliebten Menschen verliert und denkt: „Scheiße, was mach ich jetzt?“
„For No One“ klingt nach jugendlicher Rebellion, wobei dieses Gefühl nicht an eine bestimmte Altergrenze gebunden ist. „Sicher klingt das nach jugendlichem Aufruhr, aber ich verspüre dieses Gefühl nach wie vor“, erklärt Davis. „Es wird immer wieder versucht, dieses Gefühl unter dem Begriff „teen rebellion“ einzusortieren, aber ich bin der festen Überzeugung, dass sich niemand jemals völlig davon befreien kann. Es gibt Tage, da will ich einfach nur in mein Auto steigen und irgendetwas kaputt machen… und dann weiterfahren und noch mehr zerstören. Einfach rebellieren. Wobei sich der Song eher auf die allgemeine Situation in den Vereinigten Staaten bezieht. Ich habe echt große Schwierigkeiten mit der konservativen Stimmung in den USA. Ich liebe das Land, aber die momentane Situation macht mich wahnsinnig! Da erscheint auf dem Bildschirm eine Brustwarze, und alle tun so, als ob dies das Ende der Welt wäre. Was ist schon dabei, wenn Kinder eine Brust sehen?! Schließlich haben sie früher ja auch an einer gesaugt, Scheiße noch mal!“
Auch für die rhythmischen Vocals und den überschäumenden Techno-Beat von „Open Up“ kann Davis eine – allerdings weitaus fröhlichere – Verbindung zur weiblichen Anatomie herstellen: „Fieldys Bass klingt wirklich funky. Ich finde, das wäre ein guter Song für ’ne Tittenbar.“ An diejenigen, die Probleme mit Davis´ Inspirationsquellen haben und an seiner direkten, spontanen und unverstellten Ausdruckweise Anstoß nehmen, richtet sich der Song „Hypocrite“. „Das Stück kam direkt von Herzen“, gesteht er lachend. „Es ist meine persönliche Abrechnung mit organisierter Religion und dieser ganzen Bewegung im Allgemeinen. Ich meine diese Spinner, die unser Geld haben wollen – angeblich für Gott – und die man dann ständig in irgendwelchen Strip-Schuppen sieht. All diese verfluchten Heuchler halt!“ Wobei besagte Attacke mit einem gehörigen Schuss Ironie versehen ist. Wer glaubt, „Hypocrite“ würde ein wenig nach Broadway-Musical klingen, der liegt in diesem Fall goldrichtig. „Ich erzähle eine Geschichte, eine sehr Broadway-mäßige Geschichte. Ich liebe diese Musical-Sachen, ich bin damit aufgewachsen. Nun sind diese Einflüsse endlich zum Vorschein gekommen. Der Grund, warum ich überhaupt begann, mich für Rockmusik zu interessieren, war der, dass ich damals „Jesus Christ Superstar“ hörte. Lustig, oder? Die Tatsache, dass es sich dabei um ein Rock-Musical handelte, hat damals bestimmte Kreise dazu veranlasst, dies als Blasphemie zu brandmarken.“
Gotteslästerung also ? Mit diesem Attribut ist auch die Musik von KoЯn häufig belegt worden. Vom Kurs abgebracht hat das die Band nicht. Das wirklich „Gruselige“ dabei ist, dass diese unsinnigen Anschuldigungen nur dazu führen, dass die Band von Album zu Album besser, stärker wird. In den ersten zehn Jahren ihrer Karriere haben Davis & Co. dafür gesorgt, dass im Heavy-Genre eine völlig neue Zeitrechnung eingeläutet wurde. Nun hat die zweite Dekade für KoЯn begonnen, und mit dem neuen Studio-Album „See You On The Other Side“ haben sie ein Werk geschaffen haben, dessen Gehalt, Ambitioniertheit und beeindruckende Ideenvielfalt alles bisher da gewesene in den Schatten stellt. Macht euch auf etwas gefasst !
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