Kurt Wagner und Cortney Tidwell sind greinsam als KORT mit ihrem Debüt „Invariable Heartache“ dem Folk-Genre einmal mehr die berühmte Nasenlänge voraus. Ein weises Interview.
Viel über die beiden Personen hinter KORT zu erzählen, grenzt an Zeitverschwendung. Weil Kurt Wagner und Cortney Tidwell in den vergangenen Jahren ganz von selbst für Schlagzeilen sorgten: Erstgenannter freilich mit seiner inkommensurablen Combo Lambchop, die 2008 mit „Oh Ohio“ einen ihrer besten Longplayer vorlegte und Cortney Tidwell, weil sie trotz musikalisch vollkommen entgegengesetzter Ausrichtung als Supportact von …Trail Of Dead nachhaltigen Eindruck hinterließ.
Obendrein verbindet die zwei begnadeten Songwriter eine Liebe zum amerikanischen Folk, die sie vor vier Jahren das erste Mal zusammen teilten: Auf Tidwells vorletztem Album „Don’t Let The Stars Keep Us Tangled Up“ half Kurt Wagner als Duettpartner aus und als die beiden im Anschluss der Aufnahmen beiläufig über ihre Herkunft sprachen, kam das Gespräch schnell auf Chart Records – ein Mitte der sechziger Jahre in den USA namhaftes Folk-Label, dass eine Reihe von Künstler hervorbrachte, die zwar kommerziell nie den großen Erfolg einfuhren, aber dank ihrer Hingabe und Leidenschaft in Musikerkreisen Heldenstatus genießen.
Ein Act von ihnen war Cortney Tidwells Mutter Connie Eaton. Sie verdingte sich gleich mehrere Jahre bei der Plattenfirma und versuchte mit ihren Songs stets ein großes Publikum zu erreichen und scheiterte trotz diverser Singles an populäreren Zeitgenossen wie Pete Seeger, Bob Dylan oder Joan Baez. Als Wagner die Geschichte und die Archivaufnahmen von Eaton hörte, war er hin und weg, schlug Cortney Tidwell eine Zusammenarbeit vor und wollte den Demos der Mutter zu neuem Glanz verhelfen. Das war die Geburtstunde ihres gemeinsamen Projekts KORT.
Im motor.de-Interview erklären die beiden, ob es für Tidwell schwer war, die Songs ihrer Mutter als Coverversionen einzuspielen, wie Kurt Wagner sie anspornte und weswegen das Debüt „Invariable Heartache“ mehr Zeit veranschlagte als geplant.
motor.de: Die offensichtlichste Frage zuerst: Warum brauchte jeder von euch den jeweils anderen um die Platte zu realisieren? Ging es nicht alleine?
Kurt Wagner: Ich hätte die Sache ohne Cortney nicht durchgezogen. Es wäre falsch gewesen, denn sie verbindet eine Menge mit diesen Aufnahmen und wenn ich alleine dahergekommen wäre, hätte ich das Gefühl gehabt, einen wichtigen Teil übergangen zu haben.
Cortney Tidwell: (nickt verständnisvoll) Sauer wäre ich nicht gewesen, aber mit Kurt habe ich genau den richtigen Partner an meiner Seite gefunden. Er griff mir unter die Arme und motivierte mich, selbst wenn Probleme aufkamen.
motor.de: Cortney, wie schwer waren die Sessions für dich – immerhin schaffst du das, wovon deine Mutter geträumt hat: Ein weltweites Publikum zu erreichen.
Cortney Tidwell: Chart Records ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Ich höre gerne die Platten der Künstler und als meine Mutter noch da war, mochte sie es ebenfalls, wenn wir die Songs auflegten.
Kurt Wagner: (hinzufügend) Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir Chart Records vorher kaum ein Begriff war und ich auch nicht wusste, dass Cortneys Mutter dort Jahre unter Vertrag stand.
motor.de: Es sind nicht allein Coverversionen von Connie Eaton, die auf „Invariable Heartache“ zu hören sind, richtig?
Kurt Wagner: Genau genommen nur ein einziger. Wobei Cortneys Mutter an vielen anderen mitbeteiligt war. (denkt nach) Ich finde es toll, dass wir ein richtiges Best Of des Labels aufgenommen haben und eine Zeitspanne von über zehn Jahren mit der Platte abdecken.
motor.de: Erstaunlich ist dabei, wie homogen das Ganze wirkt. Als hättet ihr nicht unbedingt den eigenen Kopf durchsetzen wollen. War dem so?
Kurt Wagner: Wir sind wirklich sehr behutsam vorgegangen und haben meist zwei Mal überlegt. Schließlich ist das Genre aus dem diese Künstler stammen, ein ganz ähnliches wie das, mit dem wir regelmäßig zu tun haben – da passiert es schnell, dass der eigene Kopf Überhand nimmt.
Cortney Tidwell: Die Herausforderung ist daher gewesen, die Vorstellungen in uns selbst ein stückweit in den Hintergrund zu stellen.
motor.de: Ihr lebt beide in Nashville/Tennesse und „Invariable Heartache“ soll mit „Incredibly Lonley“ einen Charitysong für eure Heimatstadt besitzen, stimmt das?
Kurt Wagner: Ein Teil der Einnahmen wird den Opfern der sinnflutartigen Regenfälle im Mai dieses Jahres zu Gute kommen. In den Medien wurde darüber kaum berichtet, aber allein in Nashville gab es 18 Todesopfer.
Cortney Tidwell: Keiner von uns war direkt oder indirekt davon betroffen. Aber zu sehen, dass Menschen leiden und trotzdem keine landesweite Unterstützung bekommen, darf einfach nicht sein.
motor.de: Abseits solcher Katastrophen, hat man das Gefühl, dass in Nashville jeder etwas mit Musik macht. Entspricht das der Realität?
Kurt Wagner: (überlegt) Schwer zu sagen. Immerhin bin ich seit zwanzig Jahren Musiker in einer Band und habe meist nur mit Menschen zu tun, die eine ähnliche Richtung verfolgen.
Cortney Tidwell: Laut einer Studie ist die Kriminalitätsrate in Nashville die zehnhöchste in ganz Amerika – man könnte also sagen, dass hier jeder krumme Dinger dreht. (lacht) Im Ernst, die Musik gibt Nashville schon den ursprünglichen Charakter.
motor.de: Bleibt das KORT-Debüt „Invariable Heartache“ eine Eintagsfliege oder gibt es bald einen zweiten Schwung Coverversionen?
Cortney Tidwell: Zuerst werden wir beide mit der Platte auf Tour gehen und weitere lasse ich erstmal auf mich zukommen.
Kurt Wagner: Konkrete Ideen haben somit nicht, obwohl sich eine erneute Kollaboration manchmal schneller ergibt, als vermutet. Wer weiß!
Text + Interview: Marcus Willfroth
Vö: 01.10.10
Label: City Slang/Universal
Tracklist:
01. Incredibly Lonley
02. Eyes Look Away
03. A Special Day
04. Picking Wild Mountain Berries
05. Yours Forever
06. He’s Only A Memory Away
07. She Came Around Last Night
08. Penetration
09. April’s Fool
10. I Can’t Sleep With You
11. Let’s Think About Where We’re Going
12. Who’s Gonna Love Me Now
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