Irgendwie hat sich seit einiger Zeit keine Band mehr aufgelöst. Vielleicht, weil es ohnehin keine “richtigen” Abschiede mehr gibt? Die gescheiterten Versuche von Oasis und Das Racist belegen das.

Ist eigentlich schon jemandem aufgefallen, dass es in unserer Welt keine echten Abschiede mehr gibt? Seit mindestens einer deiner Tabs immer den Messenger von Facebook anzeigt und du via Skype deinen Freunden eh rund um die Uhr beweisen musst, dass du ihnen eigentlich immer zur Verfügung stehst, ist es doch eigentlich mehr als scheißegal geworden, wo zum Teufel du dich gerade wirklich aufhältst. Im Netz bist du ja trotzdem da. Und so richtig “Auf Wiedersehen” sagt jedenfalls keiner mehr.

Das mulmige Gefühl, gerade einen echten Abschied zu erleben, das glaubte man bisher nur noch in der Popmusik zu finden. Und zwar immer dann, wenn eine Band Lebewohl sagte. Das waren zuletzt zum Beispiel Oasis oder Das Racist. Schlagzeilen, die Worte wie “Oasis” und “Split-Up” beinhalteten trieben fast mehr Tränen in feuchte Fan-Augen als solche, die den Tod von Michael Jackson oder etwa Paris Hiltons Comeback als DJ verkündeten.

Noel spielt einen Oasis-Song ohne Oasis.

Allerdings muss ich ehrlich sein. Denn wenn in dieser Kolumne schon Woche für Woche neuerliche Übeltäter der Musikpresse entlarvt werden sollen, dann muss ich doch zumindest mich selbst an diese Messlatte stellen, die ich da gerade noch eigenhändig so hoch gelegt habe. Hier also mein Geständnis: Oasis treten vielleicht nicht mehr zusammen auf, sie werden aber durch die unsäglichen Beady Eye und Noels recht anständige High Flying Birds weiterhin existieren — beides Bands, die einen Weg in musikalische Gefilde einschlagen, den Oasis früher oder später sowieso angesteuert hätten.

Und natürlich sind auch Das Racist weiterhin aktiv. Wenn auch nicht mehr unter einem gemeinsamen Dach, so zerren zumindest Heems und Kool A.D. Woche für Woche einen neuen, großartig ironischen Verse auf ihre Soundcloud. Das Racist haben sich aufgelöst? Wo ist das verdammte Problem. Sie sind schließlich nicht mit dem Flugzeug auf irgendeiner mysteriösen Insel, mitten im Pazifik gestrandet und ihre Flows bleiben uns auch nicht für alle Zeiten versagt. Kurzum: Bandtrennungen sind nicht mehr als aufgebauschtes Medienspektakel. Denn sowohl der Split, als auch die Reunion bringen den einschlägigen Blogs Unmengen an Klicks, dass es sich auf jeden Fall lohnt da mitzumachen.

Kool A.D.’s “Eroika” klingt nach nichts anderem als Das Racist.

Wenn also das nächste mal auf deinem absoluten Lieblings-Musikblog eine Meldung rot aufblinkt, deine absolute Lieblingsband hätte sich mitten im testosterongeladenen Mittelfingerduell ihre Gitarren um die Ohren gehauen und anschließend irgendeinem sensationsgeilen Blogger was von ihrer Auflösung ins Ohr gesabbert, dann mach dir nicht gleich die Hosen voll, behalte dein Adrenalin dort wo es ist und klick dich lieber durch den nächstbesten Tumblr-Modeblog, anstatt jetzt groß zu recherchieren, was an der Meldung dran sei. Deine Helden weilen so oder so weiter unter uns. Und sie werden auch weiter Musik machen, was denn auch sonst?!


Josa Valentin Mania-Schlegel