“CARRIED TO DUST is, at least partially, the story of a writer in Los Angeles around the time of the writers’ strike we had a while back in late 2007,” erklärt CALEXICO’s Frontmann Joey Burns. “Our hopper heads out east on a whim and a dry Santa Ana tail wind. Stopping at the Yucca Valley swap-meet he buys an old road map with a route already marked with red pen. It leads him to a cabin, and from the cabin to a chain of other small town thrift stores, picking up old copies of National Geographic magazines along the way. Stories about snow drops in Moscow, leaning houses in Valparaiso, abandoned neighborhoods in New Orleans, and a manmade lake full of cell phone trees creep their way into his notes. He finds further inspiración at old roadside diners, bending an ear to each waitress and the local news over badly brewed coffee. The break proves to be enlightening. He falls in love with the newly found space and being carried along spontaneity’s spark.”
Der Autoren Streik von Hollywood als Hintergrund eines der Erzählstränge für ein neues CALEXICO Album. Das sagt schon sehr viel aus. Tatsächlich, ohne jetzt gleich mit der Tür ins Haus fallen zu wollen, kehren CALEXICO auf diesem Album vielfach zu ihren cineastischen, und oftmals ambient tönenden Klängen der Anfangstage zurück. Damals, als ihre flirrenden Kompositionen als „Wüstenrock“ gefeiert wurden, landete ein Song nach dem anderen in Filmproduktionen, im Fernsehen wie im Kino. Gerade erst wurde wieder ein Song des Debütalbums „The Black Light“ in einem neuen Film von Wim Wenders verwendet. Tatsächlich sind es unzählige Filme, von ganz klein bis ganz Hollywood, die in den letzten 10 Jahren mit CALEXICO Songs gearbeitet haben. Es liegen einfach Audio-Bilder in diesen Kompositionen, in diesen Atmosphären und Stimmungen, die diese Musiker erschaffen, um die jeder Regisseur wohl nur zu gerne seine eigene Bildsprache erweitert sieht. Und CALEXICOs Flirt mit Hollywood erreichte im vergangenen Jahr einen grandiosen Höhepunkt: Als eine von zwei „Hausbands“ in der musikalischen Umsetzung von Todd Haynes’ gefeierter, sehr avantgardistischer Bob Dylan Annäherung waren sie für fast ein Drittel des Soundtracks verantwortlich. Der kollaborative Geist, der CALEXICOs Arbeiten schon immer durchzieht, er erfuhr hier einen neuen Gipfel: Mit Leuten wie Roger McGuinn, Charlotte Gainsbourg, Willie Nelson, Jim James von My Morning Jacket oder auch Sam Beam von Iron & Wine entstanden exzellente Versionen von Dylan Songs, für die die Band weltweit bejubelt wurde.
CARRIED TO DUST nun lebt genau diesen Geist weiter: Kollaborationen wo es nur geht, und gerne darf am Ende eine potentielle Filmmusik dabei herauskommen. Muss aber nicht. Schon gar nicht solange solche Marksteine des CALEXICO-schen Schaffens entstehen wie die Großzahl der hier zu findenden Songs.
War noch das Vorgänger Album Garden Ruin gezeichnet von Empörung und Irritation über Niedergang und Zerfall amerikanischer Gesellschaftsstrukturen in Zeiten von Bush und Krieg, und gleichzeitiger Suche nach einer andersartigen musikalischen Inspirationsquelle, so lebt dieses neue, fünfte CALEXICO Album eine fast schon überraschte Selbsterkenntnis der eigenen Qualitäten und reiht dabei nota bene einige der schönsten CALEXICO Songs ever auf die Perlenschnur: „Two Silver Trees“ zum Beispiel, oder das voluminös streicherschwangere „News About William“. Eines der wenigen Liebeslieder auf der Platte, „Slowness“ wird im Duett mit der kanadischen Sängerin Pieta Brown zu einem wunderbar eleganten Schmachter auf höchstem Gram/Emmylou Niveau. Nicht ohne Stolz stellt Burns fest: „The collaborative side to what we do is probably most recognizable on this album”, und belegt das Gesagte durch eine randvolle Gästeliste, auf der sich neben besagter kanadischer Chanteuse noch Sam Beam von Iron & Wine, Douglas McCombs von Eleventh Dream Day/Brokeback, Amparo Sanchez von den spanischen Amparanoia sowie ihr Mitstreiter Jairo Zavala finden. Aber auch Mickey Raphael, den CALEXICO bei den Aufnahmen zu I’m Not There kennen lernten, und dessen elegant zurückhaltendes Mundharmonikaspiel schon bei Neil Young, Willie Nelson und U2 zu hören war ist hier dabei. Ebenso wie das Gesangsdebut des langjährigen Trompeters Jacob Valenzuela auf dem von ihm geschriebenen Titel “Inspiracion”. Und ja, die Trompeten sind zurück! Und mit ihnen die Latino Flirts, die Ausflüge in andere Länder und andere Kulturen, und diese von CALEXICO so einzigartig eingewobenen Atmosphären aus hitzigen Versatzstücken von Jazz, Tango und vielem mehr.
Abenteuer, Mysterium, diese Zutaten waren schon immer der Herzschlag von CALEXICO. Seit ihren ersten Schritten als Duo SPOKE, mit auffällig außergewöhnlicher Instrumentierung, haben Joey Burns und John Convertino ihre Musik mit dieser beispiellosen Infusion aus Amerikanischer Westen Mythologie und Mexikanischer Iconologie zum Leben erweckt, haben aus Cormac McCarthy und Sergio Leone, Larry McMurtry und Carlos Fuentes mit ihrem eigenwilligen Sinn für Drama eine wilde Melange erschaffen, die eine musikalische Landkarte absteckt, die größer und ausufernder eigentlich kaum sein kann. War noch beim Vorgänger Garden Ruin der Ansatz, ein anderes Studio aufzusuchen, mit anderen Produzenten zu arbeiten, wurde CARRIED TO DUST wieder im heimischen Tucson aufgenommen, mit Craig Schumacher, aber auch mit Lokalmatador Nick Luca, der im gleichen Gebäude auch ein Studio betreibt und schon seit langer Zeit ein Freund und Mitstreiter der Band ist. “He is amazing,” sagt Burns. “He has this ability to get inside our music. He plays with us live quite a bit in the States and brings this knowledge into the studio.”
Jenseits der Studio Situation jedoch, macht Carried To Dust auch deutlich, was aus Burns für ein formidabler Texter geworden ist im Laufe der letzten zehn Jahre. Durchaus impressionistischer als noch auf Garden Ruin, „ CARRIED TO DUST “stems more from a traveller’s journal than a work book,” bestätigt er und merkt an, dass das Album erheblich mehr „inward looking, fractured and abstract” ist. Während er das sagt, erklärt er auch gleich, dass die Band seit zehn Jahren aller Herren Länder bereist hat und diese Reisetätigkeit, dieses ständige Touren natürlich als ein ewig sprudelnder Inspirationsquell gesehen werden muss. „Victor Jara’s Hands“ ist ein gutes Beispiel dafür: Jara war ein chilenischer Theater Regisseur, Sänger und Musiker, der im Gefolge des Putsches von 1973 mit CIA Unterstützung verhaftet, gefoltert und ermordet wurde. Erklärt Burns: “We met some memorable people when we toured Argentina and Chile and they turned us on to a lot of unknown music back home, including Victor Jara. His story resonates with a lot of what is going on today – Guantanamo Bay, Abu Ghraib – and stood out strong and tall. Furthermore, some of the younger people we met in Chile were brought up in families living in exile during the 70’s and 80’s. Their story worked its way into the song ‘House Of Valparaiso’.”
Einer von CARRIED TO DUST’s Schlüssel-Momenten ist der vorletzte Song „Red Blooms“, ein weiteres Stück, das belegt, wie sehr Calexico kreativ immerzu rastlos bleiben. Über Convertinos trocken rollende Drums und die gespenstischen Arrangements der Band flüstert Burns eine düstere Geschichte von “blackened frostbitten nights… statues cloaked in white… and shadows drinking antifreeze beneath the underpass.” Natürlich sind die Thematiken von Menschen, die auf der Strecke geblieben sind, von Armut, von Verlierern der Globalisierung für langjährige Fans der Band keine Neuigkeiten. Dieser Song jedoch erinnert daran, warum CALEXICO sich seit jeher das Recht herausnehmen, zu überraschen. Der Song erzählt von einem Ort “crossed out on city maps, Prospekt Mira”, und irgendwann wird klar, dass die Karte unseren Los Angeles Drehbuchautoren bis ins weit entfernte Moskau verschlagen hat. Es ist nur einer dieser vielen unerwarteten Momente, die sich durch CARRIED TO DUST ziehen, die bestätigen, dass CALEXICOs Muse nach wie vor magisch und erfinderisch wie eh und je bleibt.
“Spontaneity’s spark” treibt diese Band einfach immer nur weiter und weiter.
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