Die meisten Menschen die dem Tod einmal von der Schippe gesprungen sind, krempeln ihr Leben komplett um. Sie wandern in ihre Traumländer aus, gründen eine Sekte oder treten zumindest irgendwelchen Religionen bei. Der Kopf der Band Spiritualized Jason Pierce, aka J Spaceman, hingegen hat nach einer lebensgefährlichen Lungenentzündung und zwei Wochen Intensiv-Station nichts besseres zu tun, als zu probieren ob Rauchen noch genauso gut geht wie vorher. Diese Selbstzerstörung passt auch zu Pierce Art Musik zu machen. Brutal offen und schonungslos mit sich selbst gibt er sich der Musik hin.
1990 geht im Beschaulichen Rugby aus der Band Spacemen 3 Spiritualized hervor. Da die meisten Mitglieder von Spacemen 3, inklusive Sänger und Songwriter Pierce, geschlossen zu Spiritualized wechseln, bleibt zunächst der Plattenvertrag mit Dedicated Records erhalten. Diverse Singles werden veröffentlicht bis 1992 das erste Album „Lazer Guided Melodies“ auf den Markt kommt. Der Stil der Band ist noch immer stark an Spaceman 3 angelegt und geprägt von Space-Rock und Shoegazing.
Drei Jahre später erscheint „Pure Phase“.Während der Aufnahmen zu diesem Album eröffnet Pierce Lebensgefährtin und Keyboarderin der Band, Kate Radley, dass sie schon seit längerem eine Affäre mit Richard Ashcroft hat. Die beiden trennen sich und kurz darauf heiraten Kate und Ashcroft.
Obwohl Pierce das nie zugeben würde, ist das nächste Album musikalisch und lyrisch geprägt vom Trennungsschmerz. Auf „Ladies and Gentlemen we`re Floating in Space“, treten erstmal Gospel und Blues Elemente in den Vordergrund. Das Albume erreicht Platz 4 der UK Charts und erhält den Titel „NME-Album of the Year“, eine große Ehre, zieht man in Betracht, dass im selben Jahr Radioheads „OK Computer“ und „Urban Hymens“ von The Verve herauskamen. „Ladies and Gentlemen we`re Floating in Space“ sollte das letzte Album auf Dedicated Records werden. Pierce gründete mit Spaceman Records sein eignens Label auf dem 2001 der Nachfolger „Let It Come Down“ erschien.
Diese Platte ist noch stärker als ihr Vorgänger vom „Wall of Sound“-Ansatz, Gospel und Blues geprägt. Ambitioniert und perfektionistisch, wie Pierce ist, ziehen sich Song-Writing und die Aufnahmen über drei Jahre. 115 Musiker wirken an dem Album mit. Da Pierce keine Noten lesen kann, singt er die Partituren für jeden Instrument zunächst auf einen tragbaren Tape-Recorder und überträgt sie dann auf Klavier um sie dann den Musikern verständlich machen zu können. Mittlerweile ist Pierce auch das einzige Bandmitglied, dass seit Beginn dabei ist. Vermehrten Einfluss hat jedoch John Coxon. Seit 1999 ist er der Keyboarder bei Spiritualized und sorgt beim Song-Writing für elektronische Einschläge. „Let It Come Down“ kann an den Erfolg des Vorgängers anschließen. Die Songs lassen spüren, dass Pierce hier mit voller Hingabe bis zur Selbstaufopferung am Werk ist.
Inspiriert von der Zusammenarbeit mit der Free-Jazz Kombo Spring Heel Jack entschied sich Jason Pierce das nächste Album in einer komplett anderen Herangehensweise aufzunehmen. Die Band erhielt die Songs erst an dem Tag zu dem aufgenommen werden sollten. So konnte „Amazing Grace“ in nur 3 Wochen fertig gestellt werden. Insgesamt fällt das Album mit seiner musikalisch härteren Gang-Art ein wenig aus der Reihe des Spiritulized-Werkes und kann nicht an den kommerziellen Erfolg des Vorgängers anknüpfen.
2005 beginnt Pierce die Aufnahmen für ein neues Album. In einem Antiquariat in Cincinati fand er eine 1929er Gibson-Gitarre, aus der die Songs nur so heraus sprudelten. Doch noch während der Aufnahmen erkrankt er schwer. Nach Wochen im Krankenhaus, davon auch einige auf Intensivstation, fühlt er sich erst 2007 wieder in der Lage die Arbeiten an dem Album fort zu setzen. Obwohl die Stücke auf „Songs in A&E“ schon alle fast komplett aufgenommen waren bevor Pierce ins Krankenhaus gebracht wurde, spiegelt sich die Thematik Tod und Krankheit in prophetischer Weise in ihnen wieder. Zum Glück behielten sie Unrecht und Pierce bleibt der Musikwelt wohl noch eine Weile eralten.
Spiritualized sind:
Jason Pierce aka Spaceman – Gitarre & Gesang
John Coxon – Gitarre, Synthesizer
Tom Edwards – Percussions, Drums
Doggen – Gitarre
Thigpaulsandra – Keyboard
Sebastian Koch
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