“It´s just pure pop music. That´s what it´s all about” – Pat Wilson (drums)

Es ist fast noch schöner, als das Happy End in einem verträumten Highschool-Film: Verliebte Pärchen werden sich diesen Sommer in den Armen liegen, die Sonne wird scheinen, Feinde werden zu Freunden und die Vögel werden singen, genau wie die Menschen auf den Straßen, die ihr schönes Lächeln nicht mehr ablegen, denn sie werden die Melodien einer Band in ihren Köpfen haben, die guter, lauter Pop-Musik wieder einen Sinn geben. Weezer, die “Beach Boys der Neunziger”, wie sie früher liebevoll genannt wurden, sind wieder da.
Als Weezer im Mai 1994 ihr Debütalbum veröffentlichten, geschah dies nur einen knappen Monat nachdem sich Kurt Cobain in der Garage seines Hauses mit seiner Flinte ins Nirwana schoss und damit der Grunge-Ära ein frühzeitiges, aprubtes Ende bereitete. Kritiker prophezeiten Stagnation und Stillstand für die amerikanische Rockmusikszene, bis auf weiteres sollte dieses Kapitel geschlossen werden, so schwer schien der Verlust des Grunge-Weisen zu sein. Doch günstiger hätte der Zeitpunkt für Weezer nicht ausfallen können: Denn im Gegensatz zu der Wut, der Trauer und der negativen Weltanschauung der frustrierten Grunge-Bewegung, lieferte die Band um Sänger Rivers Cuomo mit einem neuen, hoffnungsvolleren Ansatz die komplette Antithese. Ihre Herangehensweise an Rockmusik war optimistischer, ehrlicher und unschuldiger. Zum ersten Mal wagte es wieder eine Band den Pop tief in ihren Songs zu verankern ohne dabei lächerlich, mittelmäßig oder emotionslos zu wirken und die Synthese aus lauten, verzerrten Gitarren und glasklarem, mehrstimmigem Gesang mit Melodien im Stile der Beach Boys zu verwirklichen. Drummer Pat Wilson ergänzt: “Das war damals das besondere an Weezer. Wir waren einfach vier Typen, die jeder gut singen und Songs schreiben konnten.”

Das Debütalbum “Weezer” machte in den amerikanischen Indie-Kreisen schnell die Runde, nicht nur wegen der ersten Single “Undone-The Sweater Song”. Das Video zu dem Song drehte der damals noch weitgehend unbekannte Regisseur Spike Jonze. Dem gleichen Mann vertrauten sich Weezer auch für den zweiten Videodreh an, der sie in die Champions League der Rockmusik katapultierten sollte: “Buddy Holly”.

Die Idee von Jonze, Weezer als Backgroundband in eine Folge der 70ies-Serie “Happy Days” zu montieren war so clever, dass sie gemeinsam einen Grammy in der Kategorie “Best Video Of The Year” bekamen. Besonders der Humor, ihre Unbeholfenheit und der Sinn für Ironie waren die Gründe, die Weezer weltweit Sympathien einbrachte. Doch konnte man diese vier College-Boys die von Ferien, Surfen und ihren Idolen (der Band Kiss) sangen überhaupt ernst nehmen? Weezer wurden schnell als die Rächer der auf der High-School ewig benachteiligten Sport-Loser tituliert und Zeitungen druckten mehrseitige Artikel mit Aufschriften wie: “Revenge Of The Nerds!” Doch je mehr Sänger Rivers Cuomo solche Artikel voller aufschäumender Euphorie las, desto mehr fühlte er sich missverstanden.
Er ging nach Harvard um Englische Literatur zu studieren und schrieb alleine Songs für das nächste Album. Im September 1996 erschien “Pinkerton”, ein rohes, verzerrtes und von der Band selbst produziertes Album mit Ecken und Kanten. Seinen persönlichen Popstar-Frust schrie sich Cuomo in Songs wie “Tired of Sex” und “The Good Life” von der Seele, sein Liebeskummer besang er in “Across The Sea” und “Pink Triangle, und förderte somit sein von ihm gewolltes und neu gestärktes Anti-Star-Bewusstsein. “Pinkerton” verkaufte sich in den USA eine halbe Million mal, und doch kritisierte ein Großteil der Presse den neuen Argwohn Weezers. Die Band ging erneut auf Welttournee und hielt sich längere Zeit in Japan auf. Doch als man wieder zurückkehrte, mochte Bassist Matt Sharp nicht mehr Teil des Ganzen sein und entschloss sich, Weezer zu Gunsten seiner zweiten Band The Retals zu verlassen.

Der Verlust sollte so schnell nicht überwunden werden und es dauerte ein ganzes Jahr, bis Mikey Welsh (bis dato in der Band von Ex-Lemonhead Juliana Hatfield) den freien Platz am Bass belegte. Nach einer langen Phase der Orientierung und des Überlegens, melden sich Weezer mit einem weiteren unbetitelten Album zurück. Das Artwork ist in grün gehalten, weswegen es allgemein als das Grüne Album bezeichnet wird.

Mit dem Grünen können Weezer an den Erfolg des Debüts anknüpfen. Nicht zuletzt weil die Videos zu „Hash Pipe“ und „Island In The Sun“ bei MTV auf Heavy Rotation laufen. Besonders mit dem von Spike Jonze gedrehten Video zu „Island in the Sun“ sammeln Weezer wieder ordentlich Sympathie-Punkte. Das Lied wird zum Indie-Summer Hit 2001. 2006 erhält dieser Song sogar den Ritter-Schlag der Pop-Kultur und wird in der Simpsons-Folge „The Wettest Story Ever Told“ verwendet. Doch anders als im Jonze-Video, ist Band-Intern nicht alles eitel Sonnenschein. Der gerade erst eingestiegene Mikey Welsh, musste kurz vor dem Dreh zu „Island In The Sun“ in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Scott Shriner springt kurzfristig ein und integriert sich schnell in die Band.

Ein demokratisches Experiment starten Weezer für die Aufnahmen zu „Maladroit“. Die Fans dürfen sich auf der Homepage der Band die Demos herunterladen und sollten im Gegenzug konstruktive Kritik leisten. Mit der Kritik der Fans ist es sich nicht soweit her. Mit dem Demokratiegedanken bei Weezer aber auch nicht. Cuomo suchte am Ende die Songs selbst aus. Die Fans hätten nur die schlechten Stück ausgewählt behauptet er am Ende. Nur das extrem oft von der Fan-Basis geforderte „Slob“ schaffte es auf das Album. Insgesamt waren die Erwartungen, nach dem erfolgreichem grünen Album extrem hoch. Nach der Veröffentlichung schießt, das Album auch relativ schnell in die Charts, kann sich dort aber nicht lange halten. „Maladroit“ zum kommerziell schwächsten Album der Band.

Von Dezember 2003 bis zum Herbst 2004 nimmt die Band eine Unmenge an Material zusammen mit Star-Produzent Rick Rubin auf. Einige der Songs werden erneut auf Weezers Website gestellt, aber keiner der dort erscheinenden Stücke schafft es auf das spätere Album. „Make Belive“ erscheint am 10.Mai 2005 pünktlich zum elften Geburtstag des Blauen Albums. Kommerziell ist „Make Believe“ zwar der größte Erfolg der Band bis dahin, die Fachpresse ist aber weniger begeistert. Weezer wird vorgeworfen sich mit der Single „Beverly Hills“ zu stark an die Charts anzubiedern. Insgesamt fällt das Album wieder etwas ruhiger aus, als noch der mit Metal-Riffs bestückte Vorgänger. Sicherlich auch weil Rivers Cuomo durch Meditation viele Eingebungen zum Album erlangt und wieder ähnlich persönlich schreibt wie auf „Pinkerton“. Auf der folgenden Tour trauen sich Weezer auch erstmals live an Instrumente wie Piano und Synthesizer.

Im Juni 2008 erscheint das sechste Studioalbum, das ohne Titel, aber mit rotem Artwork kommt und deswegen schlicht das rote Album genannt wird. Erneut arbeiten Weezer mit Rick Rubin zusammen, aber zwei Songs lassen sie von Jacknife Lee produzieren und drei weitere produziert die Band selbst. Cuomo sagt, der Arbeitsansatz für das Rote Album sei sehr experimentell gewesen. Die Band geht völlig neue Wege und macht keine Kompromisse mehr. Besonders deutlich wird das auf „The Greatest Man That Ever Lived“. Hier treffen sich Falsett-Gesang und gregorianische Chöre um zu einer Rock-Hymne zu verschmelzen. Die erste Single-Auskoppelung „Pork and Beans“ ist nichtsdestotrotz ein typischer Weezer-Hit. Doch die Band schafft es erstmals erfolgreich ihre Schublade zu erweitern.

Weezer sind:
Rivers Cuomo – Gitarre & Gesang
Scott Shriner – Bass
Patrick Wilson – Drums
Brain Bell – Gitarre

Sebastian Koch