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Weihnachten ist die Zeit der Besinnlichkeit bei Kerzenschein, guter Musik und reichlich selbstgebackenen Plätzchen. Man trifft sich in Wohnzimmern und Küchen, legt die wollbesockten Füße auf den Stuhl neben sich und unterhält sich vortrefflich bei einem heißen Tee. Ab und an gibt es sogar Geschenke. Wer dem Autor jetzt verspätete Christkindl-Romantik vorwirft, war noch nie zu einem Interview mit LINO MODICA geladen und sollte das schnellstmöglich nachholen. Kekse, Croissants, Kaffee, Tee und Gitarrist Markus und Sänger Lino baten zum Plausch und wollen sogar Geschenke an den Mann bringen. Um euch schon vorher zu verraten was drin ist: seit wenigen Tagen gibt es auf der Website der Band einen Gratistrack zum Download. Wer zu Weihnachten diesen nicht nur hören will, sondern auch sein Glück mit anderen teilen möchte, kann einen selbstgewählten Betrag an die Mädels und Jungs von VIVA CON AGUA spenden. Weihnachten in Reinform also!
Ihr habt gerade erst die Ehre gehabt, beim ZDF-Morgenmagazin zu spielen. Wie ist die große Fernsehbühne so?
Markus: In erster Linie war das alles einfach sehr, sehr früh. Um fünf aus dem Bett, hinfahren, schnell Soundcheck und Maske. Danach hatten wir ein kurzes Briefing mit den beiden Moderatoren. Am Ende hat sich herausgestellt, dass im Zeitplan irgendwas schief gelaufen ist, daher hatten wir leider keine Zeit mehr uns vorzustellen oder mal eben noch ein paar Sätze zu sagen. Dafür gab es dann einen Chor, der irgendwie gesungen hat.
Lino: Das hat sich auch erst während der Sendung herausgestellt. Vorher war das alles auf die Sekunde durchgeplant und dann hatten die eben einen Beitrag zu viel, der uns diese dreißig Sekunden gekostet hat.
Markus: Im Großen und Ganzen hätte das durchaus besser laufen können für uns. (lacht) Aber insgesamt war das cool.
Lino: Auf jeden Fall. Ich bräuchte das jetzt auch nicht jeden Tag. Aber ich glaube das Morgenmagazin ist eben auch was völlig anderes als beispielsweise BalconyTV, das ja nur auf Musik ausgelegt ist und sehr viel mehr jüngeres Publikum hat. Da machen solche Auftritte mehr Spaß, als wenn du im Prinzip nur ein musikalischer Lückenfüller oder eine Begleiterscheinung bist.
Habt ihr nach dem Auftritt dann wenigstens ordentlich abgeräumt und Lob sammeln können?
Markus: Aus dem Bekanntenkreis auf jeden Fall, die Leute die wir kennen und die uns gesehen haben eben. Aber auf Facebook beispielsweise hat hat sich das doch in Grenzen gehalten, obwohl wir natürlich schon gemerkt haben, dass an dem Tag mehr Likes als sonst kamen. Mit zwei, drei Sätzen zu Deutschlands lautestem Singer-Songwriter wäre da vielleicht mehr gekommen, wer weiß. (grinst)
Lino: Das liegt eben auch am Publikum vom Morgenmagazin. Die 50, 60 und 70 Jährigen sind nun einfach nicht alle auf Facebook. Es ist schon ein sehr konservatives Publikum das man da erreicht.
(Foto: Martin Scriba)
Markus hat es grade schon angesprochen, LINO MODICA wird als „Deutschlands lautester Singer-Songwriter“ beworben. Trotzdem versteht ihr euch als geschlossene Band. Erklärung bitte!
Markus: Zum Einen wird Lino ja auch durch die Band erst zum lautesten Songwriter. Das ginge alleine ohne Schlagzeug und Bass und die zweite Gitarre nicht.
Lino: Und es war eben einfach eine Idee, um den Leuten eine Schublade zu geben, in die sie uns einordnen können. Die Menschen lieben Schubladen. Ich hab irgendwann mal mit 'nem Kumpel zusammengesessen als meine alte Band aufgelöst war und es privat bei mir nicht so lief. Zu der Zeit hab ich nur mit Akustikgitarre gespielt – allerdings auch Lieder die ich eigentlich verzerrt aufgenommen hatte und die dementsprechend eben laut und kraftvoll waren. Der Kumpel meinte zu mir: „Lino, die Leute da draußen brauchen eine Schublade wo sie sich reinstecken können. Also sei schlau und schaff dir selber die Schublade.“ Und so wurde eben Deutschlands lautester Singer-Songwriter draus.
Markus: Auch um zu zeigen, dass Lino nicht mit der Klampfe am Wasserfall sitzt und rumsäuselt, sondern dass das schon auch laut ist und nach vorne geht.
Lino: Unsere Musik geht halt in eine andere Richtung als Philipp Poisel zum Beispiel. Und wir als Band hießen dann auch mal „LINO MODICA und die hungrigen Wölfe“, aber das lässt sich wieder sehr schwer von den Leuten einordnen. Noch eine Standard-Rockband braucht halt keiner.
Markus: Lino ist zwar der lauteste Singer-Songwriter Deutschlands. Als Band sind wir aber eher eine klassische Rockband die man musikalisch vielleicht als Foo Fighters auf Deutsch einordnen könnte.
Aber ist das dann nicht auch irreführend, beispielsweise bei Bookinganfragen?
Lino: Ja, das haben wir auch gemerkt. Leider steht dieses Deutschlands lautester Singer-Songwriter jetzt auch überall auf den Plakaten. Das lässt sich dann manchmal wirklich schwer erklären, wenn der Veranstalter dann sagt „ich brauch keinen Singer-Songwriter, ich brauch 'ne Rockband“. Das stimmt schon, das werden wir auch ändern in Zukunft. Andererseits führt es vielleicht auch dazu, dass sich einige Leute ein bisschen mehr mit der Musik beschäftigen und dann merken, dass es irgendwie ein bisschen von beidem ist. Das wäre das wirklich Spannende. Wir werden in Zukunft einfach das `Singer-Songwriter` streichen, dann steht auf den Plakaten: der lauteste Deutschlands, Punkt.
Ihr habt gesagt „ein bisschen wie Foo Fighters auf Deutsch“, in welche Schublade steckt ihr euch selber noch?
Lino: So genau kann ich das gar nicht beantworten. Aber ich denke schon, dass unsere Musik relativ zeitlos ist aber modern klingen kann. Ich persönlich höre auch aktuelle Bands die aber auch nicht so viel anders machen als die vor zwanzig oder vierzig Jahren. Klar, Bands unterscheiden sich immer durch die Stimme oder Texte oder den Sound, aber die Art der Komposition und wie ein Song arrangiert ist verändert sich nicht so stark – und so begreife ich uns auch. Wir sitzen nicht im Proberaum und basteln an irgendwelchen 7/8-Überlagerungen. Bei uns ist das relativ einfach, aber so lange es sich frisch anfühlt und Spaß macht ist alles okay.
Können wir also alle beruhigt sein, dass bei Lino Modica nicht irgendwann die Elektro-Spielereien Einzug halten? Man hat ja da bei vielen Bands immer das Gefühl, die müssten sich irgendwann neu erfinden oder kriegen Druck von der Plattenfirma und wagen dann ganz grausame Dinge.
Lino: Das hör ich bei vielen deutschen Bands, die auch schon viele Alben draußen haben und dann mit so was anfangen. Ich will keine Namen nennen. Aber da hab ich bei den ersten Alben gedacht: Woah geil. Geile Texte. Geile Stimme, die auch mal brüllen und schreien kann. Das hat mich so ein bisschen an Captain Kurt (der „Captain-Witz“ wurde trocken von Markus eingeworfen, wir haben gut gelacht, Anm. d. Autor) erinnert. Und jetzt hör ich die neuen Songs und denk mir: Was'n jetzt los? Wo sind die geilen Texte wie „Du schreibst Geschichte“? Die Songs sind ja immer noch gut, aber irgendwie fehlt was.
Euer Song „Unbesiegbar“ wird schon bei Hertha BSC im Stadion gespielt, wann kommt der große Radio-Airplay?
Lino: Das ist unser leidiges Thema. Für uns als noch wirklich kleine Band ist es wahnsinnig schwierig in diese Medienmühle reinzukommen. Meistens heißt es irgendwann, uns würden die Argumente fehlen um auf hier dem Festival spielen zu können, oder da im Radio zu laufen. Ich verstehe schon was mit Argumenten gemeint ist – viel Radio-Airplay, ein Video mit einer Million Klicks auf Youtube, TV-Zeug. Aber irgendwo muss man ja damit anfangen und nebenbei will ich ja auch noch Musik machen. Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, wo es hieß, wenn Viva das Musikvideos nicht spielt, spielt MTV es auch nicht, und umgekehrt. Aber dann spielt es eben keiner. Und so ist das heute noch und das macht es wahnsinnig schwer. Am besten wäre vermutlich ein Kontakt den man haben muss, der einem dann sagt wo man wann zu sein hat um in die und die Kanäle reinzukommen. Aber darauf hab ich keinen Bock, ich will nicht irgendwem in den Arsch kriechen müssen und von einer Party zur nächsten rennen.
Markus: Schön wäre es eben, wenn wir uns das selbst aufbauen könnten. Aber das dauert dann auch sein Zeit. Ein Fan in diesem ganzen Medienkreis wäre gut, aber wir können natürlich unsere Zeit besser mit Musikmachen verbringen als irgendwem hinterherzurennen.
Dass sich die in die Musik investierte Zeit gelohnt hat, zeigt sich auf den zwei bislang veröffentlichten EPs „Wunderbar“ und „Unbesiegbar“ sehr trefflich. Unterm Weihnachtsbaum könnte, ginge der Weihnachtsmann schlicht nach dem Willen von Markus und Lino, vielleicht ein Produzent für das Debütalbum der Band liegen. Das soll nämlich idealerweise 2014 produziert werden – Material dafür hat die Band genug. Weitere gute Vorsätze der Band sind neue Tourtermine bekanntgeben, Radio-Airplay sammeln und „Unbesiegbar“ zur Hymne machen. Wenn das nur halb so gut klappt, wie das Interview gemütlich war, gibt’s in 2014 für LINO MODICA keine Probleme.
Julian Weicht
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