Little Dragon haben in den letzten Jahren konstant neue Fans für sich gewinnen können und bleiben dennoch bodenständig. Aktuell ziehen sie den Erfolgszug mit ihrem dritten Album “Ritual Union fort – und sind trotzdem schon wieder am Sammeln neuer Ideen.

Den vier Schweden von Little Dragon gelang im letzten Jahr ein großer Wurf: Leichtfüßiger als auf “Ritual Union” funktionierte eine Melange aus analogen und digitalen Elementen unter dem Sammelbegriff “Pop” selten. Langsam aber sicher scheint sich herumgesprochen haben, dass man es hier mit einer Ausnahmeband zu tun hat. Wie sich der Prozess des Bekanntwerdens anfühlt, was sie mit Instagram am Hut haben und warum ihre Landsmänner anscheinend nicht gerne tanzen, verrieten uns Keyboarder Håkan Wirenstrand und Schlagzeuger Erik Bodin auf dem diesjährigen Berlin Festival.

motor.de: Ihr kommt direkt von Südafrika nach Berlin – das ist eine ziemliche Strecke. Habt ihr bisher auf jedem Kontinent gespielt? Könnt ihr einige Highlights nennen oder Orte an denen ihr unbedingt noch auftreten möchtet?

Håkan Wirenstrand: Wir waren noch nicht in Russland.

Erik Bodin:
 Ja, in Russland waren wir noch nie. Und am Nordpol oder Südpol (beide lachen). Wir haben neulich erst darüber geredet, dass wir gerne mal nach Thailand wollen. Da gibt es sicher gutes Essen! Bisher haben wir festgestellt, dass die Leute ziemlich gleich überall sind. Alle mögen es zu tanzen. Naja, außer in Schweden. Was die Länder aber wirklich unterscheidet, ist nun mal das Essen. Und wir mögen Essen, darum reisen wir auch (beide lachen).  

motor.de: Gibt es denn einen Grund, wieso die Leute in Schweden nicht so gern tanzen?

Erik Bodin: Naja, vielleicht liegt es daran, dass wir dort für gewöhnlich zu zeitig spielen und dann ist das Publikum wohl noch ein wenig schüchtern.

motor.de: Die letzten beiden Jahre waren sicherlich ziemlich wild für euch. Nach der Kollaboration mit den Gorillaz habt ihr euer drittes Album “Ritual Union” veröffentlicht, danach seid ihr um die Welt getourt. Könnt ihr ein bisschen über euer letztes Jahr erzählen?

Erik Bodin: Wir waren wirklich sehr oft unterwegs und haben viel gesehen. An einigen Orten waren wir mittlerweile sogar schon mehrmals. Es fühlt sich an, als ob wir wachsen und wachsen. Haben wir vor drei, vier Jahren in New York noch vor 500, 600 Leuten gespielt, sind es nun schon 9000 Leute. Aber es ist immer noch der selbe Vibe, der vorherrscht. Das ist wohl eine ganz natürliche Entwicklung – zwar sehr hektisch, aber wir genießen jeden Moment. Morgen wird auch unser letztes Konzert für eine längere Zeit sein. Dann haben wir endlich wieder die Zeit, um neue Musik zu machen.

motor.de: Das klingt ja gut. Wir haben auch schon gelesen, dass ihr am vierten Album arbeitet. Könnt ihr schon etwas darüber verraten? Wie es klingen soll oder welche Kollaborationen sich darauf befinden?

Erik Bodin: Bisher wissen wir noch nicht viel. Es gibt einige Kollaborationen, von denen wir schon wissen (lacht), aber wir wollen uns da richtig reinknien und zunächst einmal ein wenig herumexperimentieren.

motor.de: Vielleicht ist es nur unser Eindruck, aber die “Ritual Union EP” beweist, dass euer Material sich für Remixe sehr eignet. Habt ihr darüber nachgedacht, euer ganzes Album remixen zu lassen?

Håkan Wirenstrand: Mit Remixen ist das immer so eine Sache. Manche sind gut, manche nicht so gut.

Erik Bodin: Wir haben unsere eigenen Songs mittlerweile schon so oft gespielt, dass sie sich fast schon wieder alt anfühlen. Über Remixe haben wir demzufolge auch nicht wirklich nachgedacht. Wir sollten vielleicht mal unsere eigenen Songs remixen.

Håkan Wirenstrand: Ja, das wäre wirklich interessant.

motor.de: Ihr habt bisher mit vielen Künstlern zusammen kollaboriert. Was mögt ihr mehr : in neuen Umgebungen zu arbeiten oder eher eigenes Material zu kreieren?

Håkan Wirenstrand und Erik Bodin: Auf jeden Fall das Kreieren neuer Musik!

motor.de: Trotzdem seid ihr ja ziemlich Feature-freudig. Wie kam es denn beispielsweise zu eurer neuesten Kollaboration mit Big Boi?

Erik Bodin: André von Outkast hat unsere Band ausgecheckt und dann haben sich unsere Manager getroffen – der ganze Prozess war sehr typisch, businessmäßig. Dann haben wir uns in Atlanta getroffen und da kam dieser Song heraus. Wir haben ihn auch gemeinsam in Austin performt. Es war großartig und cool, mit jemandem wie ihn zu arbeiten. Er ist ein sehr guter Rapper und auch eine sehr offene Person. 

Big Boi feat. Little Dragon – “Mama Told Me”

motor.de: Gibt es denn einige weitere Acts, mit denen ihr mal unbedingt zusammen arbeiten möchtet?

Håkan Wirenstrand: (überlegt) Nein, zur Zeit eigentlich nicht. Zunächst werden wir uns erst einmal ausgiebig mit unserer Musik befassen.

motor.de: Fühlt ihr jetzt irgendeine Form von Druck, nachdem euer letztes Album sehr gute Kritiken bekommen hat? Oder ist sowas eher nicht in eurem Kopf?

Erik Bodin: Wir versuchen nicht an sowas zu denken. Wie schon gesagt, hauptsache wir basteln Musik zusammen. Als Band sind wir mittlerweile auch ziemlich selbstsicher. Hätten wir einen riesigen Erfolg mit dem ersten Album gehabt, würde das sicher anders aussehen, da wäre der Druck bestimmt größer. Aber wir hatten ja nie so einen riesigen Erfolg mit dem Debüt gehabt. Wie schon gesagt, wir sind langsam aber stetig am Wachsen. Aber die Hauptsache ist, wir haben Spaß an dem ganzen Prozess.

motor.de: Ihr scheint ziemlich auf Instagram zu stehen: Ihr kombiniert eure Bilder gern mit Filtern und verschiedenen Efekten und veröffentlicht dies auch regelmäßig im Internet. Was mögt ihr an diesen Apps, habt ihr eine spezielle Leidenschaft für das Retro-Zeug?

Erik Bodin: Håkan ist da nicht so dabei mit seinem Handy von 2008 (lacht). Instagram ist gut, um die schönen Dinge herauszufilten und zu betonen. Es ist wie eine Postkarte! Aber Dinge wie Facebook nutze ich persönlich nicht so oft. Es hat wohl so großen Erfolg, weil es in der Natur des Menschen liegt, miteinander zu kommunizieren. 

motor.de: Wo wir gerade bei Retro sind. Was denkt ihr über die Meinung, dass Pop immer eine Art von Recycling vergangener Dinge ist – also dass es keinen Fortschritt in Musik gibt, sondern vielmehr nur Fortschritt in Sachen Technik?

Håkan Wirenstrand: Ja, Technik beeinflusst Musik schon sehr. Musik ist nur ein Spiegel eines Spiegels. Es ist aber ein gleichzeitiges Recyclen und Erschaffen. Musik ist ja immer ein sehr gegenwärtiges Ding. Wenn du Musik hörst und fühlst, dann tust du es im Jetzt. Es kann ja auch sein, dass du den selben Song zwei mal unter verschiedenen Bedingungen hörst, und dabei dann auch andere Dinge empfindest.

Erik Bodin: Ja, Musik ist wie ein Vehikel für Emotionen. Man schreibt Musik, um Emotionen auszudrücken und da ist es durchaus möglich, dass man den selben Song immer und immer wieder hört, aber ihn stets auf andere Art und Weise aufnimmt.

Håkan Wirenstrand: Also, es ist ein bisschen Recycling, es muss ja schließlich immer irgendwo Referenzen geben, damit die Musik verstanden werden kann. Man nimmt, wenn auch unbewusst, etwas bereits Bestehendes und fügt hier und da neue Elemente hinzu. So kann man sich wenigstens selbst vormachen, etwas Neues erschaffen zu haben (lacht).

Interview: Danilo Rößger


Foto links oben: Stephan Flad