Das Spiegelbild des eigenen Ichs in Texte verpackt – Lykke Li über den menschlichen Reifeprozess, Ausflüge ins Modelbusiness und Heimat.

Manchen Menschen scheint es vorbestimmt, was ihnen das Leben bringt. So erging es auch der schwedischen Pop-Sängerin Lykke Li. Als Tochter eines viel reisenden Künstlerpaares kam sie schon in frühester Kindheit nicht zur Ruhe und war stets umgeben von Kreativschaffenden. Ihr Dasein in der Hektik des öffentlichen Lebens änderte sich auch nicht, als sie im Alter von 19 Jahren beschloss, nach New York zu gehen, um dort ihre Gesangskarriere ins Rollen zu bringen. Das Gegenteil geschah: Sie scheiterte und erst als sie zurück in Skandinavien war, startete sie mit ihrem Debütalbum “Youth Novels” durch. Demnächst erscheint nun der Nachfolger “Wounded Rhymes”. Anlass für uns, mit der attraktiven Lykke Li über den neuen Longplayer, Heimatgefühle und die Inhalte ihrer Texte zu reden. Dabei zeigte sie sich ein wenig zurückhaltend und wortkarg.

motor.de: Im März erscheint dein neues Album “Wounded Rhymes”. Die ersten Eindrücke, die man sammeln konnte, wirken düsterer und mysteriöser als es noch bei deinem Debüt “Youth Novels” der Fall war. Kann man das so stehen lassen?

Lykke Li: Natürlich gibt es Veränderungen zum letzten Album. Interpretationen hinsichtlich dieser sind da jedem selbst überlassen. Die Dinge geschehen einfach und der Reifeprozess, den man durchlebt, fließt auch mit in die Musik ein.

motor.de: Ich denke, dein neuer Song “Get Some” ist ein gutes Beispiel. Was bewegt dich dazu, Zeilen wie “I’m your prostitute, you gon’ get some – Like the shotgun needs an outcome” zu schreiben?

Lykke Li: Was denkst du?

motor.de: Vielleicht ein selbst durchlebtes Liebesding?

Lykke Li: Nun, Texte verbergen auch immer Rätsel und es geht um Geschichten die man erfahren hat. Ich persönlich schreibe ausschließlich über mein Leben und Dinge, die mir widerfahren sind. Da gehört “Get Some” mit dazu.

Lykke Li – “Get Some”


motor.de:
Mike D von den Beastie Boys und Beck haben Remix-Versionen des Songs produziert. Wie kam es denn zu dieser Zusammenarbeit?

Lykke Li: Es ist einfach passiert. Ich bekam eines Tages eine Mail und da waren sie, die Remix-Songs.

motor.de: Also hattest du keinen Kontakt zu ihnen?

Lykke Li: Nein, leider nicht.

motor.de: Ein Blick in die Zukunft: Sind weitere Kooperationen mit anderen Künstlern vorgesehen?

Lykke Li: Nein, dazu muss ich sagen, dass ich so gut wie nichts plane. Ich lasse alles auf mich zukommen und mache dann das, worauf ich Lust habe.

Motor.de: So wie bei deinem Ausflug ins Modelbusiness, als du im vergangenen Jahr auf Plakaten für Levi’s zu sehen warst?

Lykke Li: Ja, zum Beispiel. Ich wurde gefragt, ob ich Lust hätte und ich hatte Lust, also habe ich es gemacht.

motor.de: Hast du diesbezüglich oder zu einem anderen Zeitpunkt mal darüber nachgedacht, die Musikkarriere für etwas anderes an den Nagel zu hängen?

Lykke Li: Um Gottes Willen, nein. Auch wenn ich mal hier und da Lust auf etwas anderes habe, ist Musik immer noch eine Herzensangelegenheit. Ich genieße es, frei Musik machen zu können. Das Spielen mit meiner Band und das ganze Drumherum. Es ist zu schön, um auch nur ans Aufhören zu denken.

motor.de: Ok, zurück zu den neuen Sachen. Letzten Freitag hast du ein Video mit dem Namen “Untitled” online gestellt. Darin bist du zu sehen wie du umgeben von Sand mit Messern hantierst und auf deine Umgebung einstichst. Auch dies hat einen sehr mysteriösen Einschlag. Was hat es damit auf sich?

Lykke Li: Das Video heißt “Untitled” und das möchte ich so stehen lassen.

Lykke Li – “Untitled”

motor.de: Im April kommst du für vier Konzerte nach Deutschland. Das letzte Mal warst du im November live in Berlin zu sehen. Was ist dir von diesem Auftritt noch im Gedächtnis?

Lykke Li: Es war sehr schön, wie eigentlich immer wenn durch Deutschland getourt wird. Ich mag die Menschen, sie sind offen für die Musik und das spürt man deutlich. Es macht immer wieder Spaß, in Deutschland zu spielen und deswegen freue ich mich auch schon auf den April.

motor.de: Du bist trotz deines jungen Alters schon viel herumgekommen. Was bedeutet Heimat für dich?

Lykke Li: Das ist schwierig. Ich denke, das habe ich für mich noch nicht heraus gefunden. Ich lebte schon an den verschiedensten Orten und bin viel gereist, aber die Frage kann ich damit nicht beantworten.

motor.de: Also gibt es keinen Ort oder Platz in Schweden, Portugal oder New York, wo du das Gefühl hattest, zu Hause zu sein?

Lykke Li: Nein, und ich glaube, dass Heimat ein Gefühl ist, was nicht unbedingt von gewissen Orten abhängt. Aber um es zu beschreiben, muss man Erfahrungen machen und um das behaupten zu können, fehlt mir noch das Alter.

Interview: Max Wege