(Foto: Agentur von Welt)
Hilfe! Das vereinbarte Hotelzimmer ist voll von gutangezogenen jungen Menschen, ich schüttele aus Versehen manche Hände doppelt, Namen zu merken sowieso absolut ausgeschlossen. The Majority Says sind zu sechst, alle sind nach Berlin gereist um mir und anderen Journalisten Rede und Antwort zu stehen. Brandaktuelles Thema ist die just erschienene EP "Between Love And Simple Friends", doch die Schweden sind mit einem Bein schon wieder im Flieger Richtung Studio, um ein ganzes Album folgen zu lassen. Der kreative Tatendrang ist fast schon ansteckend, eine Unverbrauchtheit und Frische füllt den Raum. Die Jungs und ihre Sängerin Hanna sind nicht nur wirklich sympathisch, sondern machen einen aufgeweckt-jugendlichen Eindruck
Ihr seid in einem kleinen Dorf in Schweden aufgewachsen? Alle zusammen?
Fast, es waren genauer gesagt zwei kleine Städte, die nebeneinander liegen. Unter Stockholm. Linköping und Norrköping.
Meint ihr die nicht vorhandenen Möglichkeiten sich abzulenken waren hilfreich, um sich im Proberaum einschließen zu können und einen einzigartigen Sound zu kreieren?
Ich denke schon, wir konnten uns besser fokussieren, außerdem war die Band unsere Motivation da raus zu kommen, eine Sache mal wirklich durchzuziehen und auch gut zu machen. Vor den ersten Aufnahmen fühlten wir uns wie eingeschlossen in diese Stadt wollten da einfach raus. Es ist nicht nur der Ort, auch die Verhältnisse zu den Menschen. Dass wir zu sechst sind macht es manchmal echt leichter, wir können uns gegenseitig durch schwere Zeiten helfen.
The Majority Says – Where Is The Line on MUZU.TV.
Seid ihr soweit glücklich mit der EP oder die „Ich-könnte-ewig-an-dem-Stück-weiter-arbeiten“-Sorte von Musiker?
Ja, wir könnten ewig an den Titeln sitzen, aber das ist nun mal unrealistisch. Ich war schon sehr glücklich, als ich die EP dann wirklich in den Händen hielt. Das war dann schon eine Art Erleichterung, aber sofort bist du in Gedanken schon bei dem, was als nächstes kommt. Dazu kommen dann noch Musikvideos.
Ihr seid zu sechst in der Band, gibt es da nicht viel zu viele verschiedene Musikgeschmäcker und Vorstellungen, die kollidieren?
Ja, manchmal, denn wir haben definitiv verschiedenen Einflüsse, aber das ist okay, denn wir haben längst realisiert, das man musikalisch nicht eine konkrete Sache anpeilen muss und dann streng den Weg dorthin gehen muss. Man kann so viele verschiedene Sachen ausprobieren und genau das ist es, was wir mit diesem Album vor hatten.
Eure Songs wurden sogar schon in mehreren bekannten TV Serien verwendet. Denkt ihr, dass ein besonderes cineastisches oder visuelles Element in eurer Musik steckt?
Ich kann mir vorstellen, dass Hannahs Stimme ein bestimmtes Feeling erzeugen kann. Abgesehen davon hörten wir schon immer gerne Soundtracks, aber wir haben nie Songs mit der expliziten Absicht geschrieben, einen Film zu untermalen. Das war nur Zufall. Es ist cool, diese Erfahrung zu machen. Ich denke, dass wir den Song auf eine andere Art mögen, als die Verantwortlichen für diese Serienplatzierungen.
Ihr seid über einen kurzen Zeitraum sehr erfolgreich geworden und schon bei einem großen Label gesignt. Was meint ihr, wie wichtig – vielleicht mal prozentual ausgedrückt – Eigenschaften wie Fleiß, Glück oder Leidenschaft für Musiker sind, um so zu wachsen?
Es ist bei solchen Fragen hilfreich, nicht allein zu sein. Heute kann jeder Musik produzieren, aber wirklich hochwertige Musik zu schreiben, ist nach wie vor kompliziert, vielleicht sogar schwieriger. Ich hoffe, dass wir das irgendwie schaffen. Ein anderes Ziel ist es für uns, zeitlose Musik zu schreiben. Alles ist so trendabhängig, es geht immer darum, gerade cool zu sein. Wir versuchen Musik zu machen, der man ihre Entstehungszeit nicht anhört. Aber natürlich wird man ständig auch unterbewusst von Musik beeinflusst.
Wir sind zwar bei Warner, aber versuchen trotzdem unabhängig zu bleiben, daher arbeiten wir nach wie vor mit unserem kleinen schwedischen Label zusammen. Wir wollen das Beste aus beiden Welten ziehen, um die Welt touren, aber auch unser Ding machen können. Wir glauben mit unserer Musik ein besonderes Feeling transportieren zu können.
Meinst du das rein musikalisch?
Nicht nur, es hat sich bei uns eine bestimmte Art des Zusammenlebens eingeschlichen, eine besondere menschliche Verbindung und wir hoffen, dass wir das irgendwie nach außen tragen können. Eine spezielle Art der Zwischenmenschlichkeit oder Liebe. Wir sehen „The Majority Says“ nicht nur als Band, es ist eine Art des Zusammenlebens. Und dann kam die Musik um die Ecke, wir hätten vielleicht auch Maler werden können oder so was. Aber um auf die Sache mit den notwendigen Eigenschaften zurückzukommen: Es wechselt sich oft einfach ab, im Studio musst du in erster Linie kreativ sein und an anderen Tagen organisieren. Man muss in erster Linie motiviert sein, denn da sind so viele gute Bands. Es ist schwierig, aus dem weißen Rauschen hervorzustechen. Manchmal kann man nicht mal die 100 % erfüllen. Man will so vieles tun, aber hat nie die Zeit.
Könntet ihr dieses bandinterne Feeling, das ihr transportieren möchtet, oder diesen Lifestyle noch ein wenig näher beschreiben?
Wir erfinden sogar eigene Wörter. Wir wollen uns eben keinem Lifestyle anpassen, sondern einfach zu sechst einen eigenen ergründen, mit eigener Attitüde und eigener Sprache, einfach das machen, worauf wir Lust haben.
Und ihr habt diese EP in einem einsamen Waldstück aufgenommen?
Ja, südlich von Schweden, mit Elchen und so…
Habt ihr euch welche geschossen?
Nein, wir essen sie, aber schießen sie nicht. Außerdem haben wir Vegetarier in der Band!
Wir schreiben einfach am liebsten im Winter. Und im Wald kommt das noch besser. Man kann nicht raus gehen und hat damit keine Alternative zum Studio. Man nimmt die Wärme drinnen viel mehr wahr, wenn es draußen kalt ist.
Ich finde, dass eure Musik teilweise sogar richtig sommerlich klingt. Vielleicht ist die Musik, die ihr im Winter schreibt, das Stück Sommer, das euch fehlt und ihr euch schafft.
Es sind oft die Erinnerungen aus dem Sommer, über die wir schreiben, die Songs handeln also vom Sommer.
Wusstet ihr von Anfang an, welche Musik ihr machen wolltet?
Nein, wir wissen es eigentlich immer noch nicht. Wir sind da immer noch offen. Als wir uns das erste Mal in einer anderen Konstellation trafen haben wir Sachen wie System Of A Down gespielt. Das hat sich also sehr gewandelt.
Wenn ihr euch im Wandel seht, wie kann man sich das kommende Album denn vorstellen? Zumindest die Richtung ist sicher schon angedeutet.
Ja, am neuen Album ist schon vieles gesetzt. Aber für die Zeit danach sind uns keine Grenzen gesetzt, das können wir jetzt einfach noch nicht sagen. Es wäre doch langweilig, zwei Alben ähnlich klingen zu lassen, dann könnte man genau so gut, dass erste hören, man würde es wahrscheinlich immer besser finden. Deswegen sollte man sich stets ausprobieren, außerdem hat das kommende Album keinen spezifischen Sound, es ist sehr facettenreich und morgen geht’s direkt aus dem Flieger wieder ins Studio.
(Marc Augustat)
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