Foto: Martin Steffen

Der Gibson Bus. Wer hier reinkommen will muss gute Kontakte haben oder aber verflucht mutig sein und versuchen unbemerkt an Wrestling Legende Hermann the German  vorbeizukommen. Wie Mambo und ich es letztendlich doch ins Innere des Schlachtschiffs geschafft haben, bleibt unser Geheimnis. Jedenfalls war Glen Danzig gerade dabei auf der Black Stage ein paar alte Misfits Nummern zum Besten zu geben, als wir im pornösen Hinterzimmer des Luxus-Bus mit unserem Gespräch begannen.

 

motor.de: Lass uns schnell anfangen bevor uns hier einer bemerkt. Seit wann trittst du auf dem Wacken auf?

Mambo Kurt: Ich spiele seit 2004 jedes Jahr auf dem Wacken und dann auch immer jeden Tag.

motor.de: Kannst du dich noch an deinen ersten Auftritt auf dem Wacken erinnern?

Mambo Kurt: Absolut! Es war eine wirklich legendäre Show. Mein erster Auftritt kam nämlich nur zustande, weil mein Fanclub den Veranstalter Holger Hübner überredet hat mich hier spielen zu lassen. Holger hatte da eigentlich keinen Bock drauf und gab mir dann die kleinste Scheiss-Bühne die er hatte. Sie befand sich direkt neben den Dixi-Klos und war richtig schlecht. Gegen diese Bühne ist heutzutage die Biergarten Stage die reinste Mainstage. Das Ding war für hundert Leute ausgelegt, aber mindestens 3000 kamen um mich sehen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits einen kleinen Namen in der Metalszene. An der Bühne gab es auch keine Securities, bis die ersten Metalheads begannen von den Lichtmasten in die Menge zu springen. Dann kam das Wachpersonal und Holger Hübner hat eingesehen das Mambo Kurt sehr gut auf seinem Festival funktioniert. Er hat seine persönliche Meinung mir gegenüber geändert und seit dem darf ich in seinem großen Zelt spielen. Einmal hat Holger persönlich sogar meine Orgel durch den Wacken-Matsch getragen. Mehr Service kann man einfach nicht erwarten.

motor.de: In wie weit unterscheidet sich für dich eine Mambo Kurt Show auf dem Wacken zu anderen Shows?

Mambo Kurt: Es tut mir leid das so sagen zu müssen, aber theoretisch könntest du hier in Wacken eine Stunde die Rhytmusmaschine anschalten und einfach nur mit deinen Fans zusammen Bier trinken. Die Leute hier bespaßen sich so extrem, dass du fast nichts falsch machen kannst. Für uns Künstler ist das natürlich eine tolle Sache. Deswegen ist die Stimmung schon beim ersten Song immer so gut als wär man bereits bei der Zugabe. Ich genieße das immer sehr. Man kann hier auch immer total absurde Songs spielen. Wacken ist so zu sagen das Champions-League-Endspiel und andere Show eher mit dem letzten Bundesliga Spieltag zu vergleichen. Beides ist geil, aber das Wacken ist vielleicht noch einen kleines bisschen geiler.
Natürlich kann ein Geburtstag vor 40 Leuten genau so schön sein, wenn plötzlich die Anzuträger und Damen im Abendkleid beginnen durchzudrehen. Jede Show hat ihre Besonderheiten und Vorteile.
 


Foto: Martin Steffen

motor.de: Auf vergleichbar kleinen Events kann man dich also auch sehen?

Mambo Kurt: Ich bin prinzipiell überall wo mich Freunde der Heimorgel sehen wollen.

motor.de: Wann hast du eigentlich begonnen Heimorgel zu spielen?

Mambo Kurt: Heimorgel spiele ich bereits seit meiner Kindheit, aber Mambo Kurt, der Mensch der auf einer Heimorgel Hardrock Klassiker spielt, gibt es seit 1996.

motor.de: Also gehe ich davon aus das du auch privat gerne Rockmusik hörst?

Mambo Kurt: Klar. Als es Mambo Kurt noch nicht gab, habe ich natürlich auch in einer Cover-Band Keyboard gespielt und war ganz ein normaler Hobby Musiker. Dann hat mich eines Tages ein Freund, dem damals eine angesagte Bochumer Disco gehörte, gefragt ob ich nicht Lust hätte mit der Heimorgel in seinem Laden aufzutreten. Das war die Zeit als zum ersten Mal die Trash- und Bad Taste Parties aufkamen und sowas auch in anständigen Kneipen gespielt werden durfte. Das war damals noch eine sehr neue Sache. Anfang der Neunziger war man ja generell sehr hart unterwegs und nur alles jenseits von Clawfinger wurde erlaubt. Jedenfalls war das was ich machte zu diesem Zeitpunkt sehr neu und deshalb hatte ich schon schnell einen Majordeal bei der Firma Virgin.  So ist es gewesen! Und wie wir alle wissen gibt es Virgin nicht mehr, aber Mambo Kurt ist noch immer da.

motor.de: Bekommst du Feedbacks von den Künstlern deren Songs zu spielst?

Mambo Kurt: Nicht mehr so viele, da ich mittlerweile in der Szene etabiliert bin und ich mit Stolz und Recht behaupten darf das jeder Keyboarder in Deutschland weiß welche Heimorgel ich spiele. Alle Keyboarder wissen wer Mambo Kurt ist.
Aber ich erinner mich noch daran das sich das Management von Rammstein fünf Exemplare meiner ersten Platte bestellt hat, da die Band anscheinend kein Geld dafür hatte. Ich weiß auch das Faithless das Album im Tourbus gehört haben. Ganz besonders stolz bin ich darauf das der Sänger von Green Day bei einer Pressekonferenz meine Version vorgespielt bekommen hat und darauf hin so sehr in Lachen ausgebrochen ist, dass seine persönliche Security die draußen stand und rauchte, reingestürmt kam, weil sie dachten das er ermordet wird. Anschließend haben Green Day auf ihrer Tour im Jahr darauf meine Version von Basket Case als Rausschmeißer genommen wenn das Licht anging. Solche Kleinigkeiten machen mich natürlich sehr stolz.

motor.de: Ich bin mir sicher das du über die Jahre eine Menge lustige Dinge gesehen oder erlebt hast. Ist dir etwas in ganz besonderer Erinnerung geblieben?

Mambo Kurt: Hier auf dem Wacken herrscht einfach der ganz normale Wahnsinn. Es gibt zum Beispiel die besondere Situation des Fahrverbots, wenn der Wacken-Matsch herrscht. Wie kommt man also mit seiner Orgel vom Gelände? Solche Kleinigkeiten beschäftigen den Heimorgelspieler sehr. Das führte letztendlich dazu das ich eine Orgel hier im Wacken-Lager stehen habe. Nach der Show kommt einfach eine Tüte drüber und ich schreibe drauf: „Orgel gehört ins Wacken-Lager!“ und dann ist gut. Das sind die Besonderheiten des Wacken.
Ich werde auch nicht vergessen wie ich ein mal auf einem kleinen Festival gespielt habe und ein plötzlicher Wolkenbruch das gesamte Gelände unter Wasser setzte. Da die Besucher keinen trockenen Platz finden konnte kamen sie alle zu mir auf die Bühne. Dann saß ich da zusammen mit 300 Leuten auf der Bühne. Das war sehr lustig.


Foto: Joachim Schwingel

motor.de: Was war denn der abgefahrenste Ort an dem du deine Orgel aufgestellt hast?

Mambo Kurt: Einmal habe ich auf der kleinsten Bühne der Welt gespielt. Die war wirklich so klein das nicht mal meine Orgel drauf passte. Auf dem sonnigen Pooldeck vom Metal Cruise zu spielen ist auch geil. Dann habe ich schon unter Autobahnbrücken und auf einem Parkplatz gespielt. Ganz besonders war auch ein Auftritt in einem Parkhaus, dass eine Firma für ihre Weihnachtsfeier als Disco umgerüstet hatte. Du konntest nicht mehr sehen, dass es ein Parkhaus war. Und nicht zu vergessen die großen Festivals. Auf der Hauptbühne auf dem With Full Force Festival zu spielen macht schon Spaß.
Während der WM 2006 bin ich auf einer Vespa Piaggio hinten auf der Ladefläche durch das Brandenburger Tor gefahren und habe Fußball Songs gespielt. Das führte dazu das das brasilianische Fernsehen, die vor Ort gefilmt hatten, wollten, dass ich eine Marsch-Version von „Girl von Ipanema“ spiele. Ganz einfach weil sie das so typisch Deutsch fanden.

motor.de: Gibt es einen Ort den du unbedingt noch mit deiner Heimorgel besuchen möchtest?

Mambo Kurt: Absolut! Deshalb hat sich Mambo Kurt über die letzten Jahre, immer wenn er mal eine halbe Stunde Zeit hatte, eine Orgel aus Karbon gebaut. Diese wiegt nur 15 kg und kann im Handumdrehen auseinander gebaut werden. Alles was an einer normalen Heimorgel wie Holz aussieht, ist an meiner braun angemaltes Karbon. Mit dieser zerlegbaren Orgel hoffe ich demnächst um die Welt fliegen zu können. Ich habe zum Beispiel einen Fanklub in Tokyo, aber ich kann nicht hinfliegen. Ich brauch ja meine Orgel und meinen Sound. Der Masterplan ist also das meine Frau, ich und meine mobile Orgel irgendwo hinfliegen und bezahlten Urlaub machen. Ich will auf jeden Fall nach Japan, Brasilien und in die U.S.A. Nächstes Jahr geht es bereits nach Spanien. Da wurde ich zu einem Metal Festival eingeladen.

motor.de: Das hört sich nach einem tollen Plan an!

Mambo Kurt: Es muss halt weitergehen. Auf hohem Niveau stagnieren kann ja nicht der Sinn des Lebens sein. Geld ist mir nicht sonderlich wichtig und ich weiß auch das ich mit dem was ich mache nie die Mainstage spielen werde. Aber das sielt auch keine Rolle. Es reicht mir völlig wenn ich bei "Rock in Rio" für eine halbe Stunde im Zelt spielen kann, dafür 500 Dollar bekomme und mir zusammen mit meiner Frau Brasilien ansehen kann.

motor.de: Gibt es neben deiner Weltreise noch andere Pläne für die Zukunft?

Mambo Kurt: Ich hatte vor ein paar Jahren wieder etwas mit eigener Musik angeschoben, aber das ist grandios gefloppt. Der Sound war in bisschen wie Frida Gold, also eine Pop Band. Es war halt nicht erfolgreich, aber das ist auch nicht so schlimm. Ich habe mir damit keinen Zacken aus der Krone gebrochen. Ich muss mir nichts mehr beweisen und hadere schon seit langem nicht mehr mit meinen Schicksal das ich nur eine Cover-Band bin. Ein Musiker hat immer den Anspruch Musiker zu sein. Ich bin zwar ein lustiger Musiker, aber ich bin trotzdem ein Musiker. Seit Jahren hab ich meinen Frieden mit der Figur Mambo Kurt geschlossen.

Jetzt gerade stelle ich interessanter Weise fest, dass viele junge Leute Mambo Kurt gerade neu für sich entdecken. Diesen Sommer kamen zwei junge Keyboarder auf mich zu und sagten „Mambo, du bist der Grund weshalb ich begonnen habe Keyboard zu spielen!“. Das ist so lustig. Gestern stand ich noch bei Deep Purple vor der Bühne und dachte, die sind der Grund weshalb ich angefangen habe Musik zu machen.

motor.de: Gab es denn Zeiten in denen du mit der Figur Mambo Kurt nicht glücklich warst?

Mambo Kurt: Nicht wirklich. Ich habe es halt mit eigenen Songs versucht, weil ich auch mal etwas eigenes machen wollte. Die Songs waren nicht schlecht, aber auch nicht erschütternd geil. Es hat halt nicht geklappt und das ist auch in Ordnung für mich.
Wirklich gute Songs werden einfach nur sehr, sehr selten geschrieben. Deswegen darf man als Hobby Musiker auch keinen falschen Träumen nachhängen. Man soll einfach das machen worauf man Bock hat. Denn wenn man dann keinen Erfolg hat, hat man wenigstens Spaß an seiner Sache.

Benjamin Klein