Mastodon-Drummer Brann Dailor über Underground-Labels, variable Setlisten und einen Studio-Besuch von Dave Grohl.
Stöbert man im Netz nach den vier Mannen von Mastodon, so stößt man auf die verschiedensten musikalischen Einordnungsversuche. Schnell gewinnt man allerdings den Eindruck, dass einem Verballhornungen wie “Progressive Sludge” oder “Technical Groove Metal” irgendwie nicht weiterhelfen. Gleichzeitig muss man dieses Phänomen auch als Qualitätsbeweis verstehen – das Quartett aus Georgia schafft es seit nunmehr über einer Dekade, sich jedweder Charakterisierung zu entziehen. Auf dem Roskilde-Festival vor einigen Wochen traf motor.de Schlagzeuger Brann Dailor zum Interview.
motor.de: Euer letztes Album “Crack The Skye” ist vor etwa zwei Jahren erschienen. Seit kurzem findet man auf Facebook Studio-Bilder von euch. Wie steht’s mit der neuen Platte und welche Rolle spielt Dave Grohl, der auf einigen Bildern zu sehen ist?
Brann: Wir sind mit den Aufnahmen für “The Hunter” ein paar Tage vor Beginn dieser Tour fertig geworden. Die Recordings dauerten ungefähr fünf Wochen. Die Songs werden derzeit gemixt und wenn wir mit der Tour fertig sind werden wir uns in Ruhe alles anhören. Die Platte wird dann Ende September erscheinen, wenn alles planmäßig verläuft. Das Artwork ist auch schon fertig. Dave wird aber nicht auf dem Album zu hören sein. Wir sind befreundet und er hat uns einen Tag im Studio besucht, wir haben da ein bisschen rumgealbert, das war alles.
motor.de: Vor einigen Jahren seid ihr mit Tool auf Tour gewesen, habt dann aber auch Shows mit Bands wie Slayer gespielt. Was ist denn deiner Meinung nach der perfekte musikalische Gegenpart für Mastodon?
Brann: Keine Ahnung. Ich denke, dass Mastodon eine so facettenreiche Band ist, dass wir unser Set an so ziemlich jede Band da draußen anpassen können (lacht). Ich denke, dass wir beispielsweise das Tool-Publikum genauso unterhalten können wie Leute, die auf Bands wie The Mars Volta oder Queens Of The Stone Age stehen. Wir bekommen es sowieso immer hin, die Leute zu verwirren (lacht). Das ist wahrscheinlich das, was wir am besten können.
Mastodon – “Sleeping Giant”
motor.de: Bei euch ist in den letzten paar Jahren eine Menge passiert. Seit 2005 seid ihr bei Warner Music, die Hallen werden größer… Was hat sich denn im Vergleich zu euren Anfangstagen am meisten verändert?
Brann: Nun, wir können natürlich durch die Zusammenarbeit mit Warner auf viel mehr Ressourcen zurückgreifen. Wenn Bands über die Jahre größer und größer werden, dann ist es eine logische Konsequenz, dass man einen Schritt nach vorne machen will. Und genau das ist in unserem Fall geschehen. Wir kamen an den Punkt, wo wir merkten, dass wir ein größeres Netzwerk und mehr Support von unserem Label brauchen, um weiter nach vorn zu kommen. Letztendlich ist es für eine Band aber kein großer Unterschied. Viele Leute haben da falsche Vorstellungen, glaube ich. Ein Label ist doch nicht besser, weil es “total underground” ist. Alle wollen am Ende irgendwie kommerziellen Erfolg, egal was sie von sich behaupten.
motor.de: Ihr geltet als sehr versierte Musiker. Gibt es dennoch Künstler, zu denen ihr aufschaut?
Brann: Natürlich, es gibt so viele unglaublich gute Musiker. Aber das ist mir auch nicht so wichtig. Ich schaue auf mich selbst und versuche einfach, so gut zu sein, wie ich es sein kann. Es wird immer jemanden geben, der besser ist. Klar will ich mich als Musiker weiterentwickeln. Viel wichtiger ist mir aber, dass der Song funktioniert und ich ihn gleichzeitig für mich und das Publikum interessant halte. Viele unserer Fans sind Musiker und achten darauf, was der Drummer oder der Gitarrist so Verrücktes veranstaltet. Wir haben aber immer versucht, die Balance zwischen eingängigen Melodien und hohem musikalischen Anspruch zu finden. Der Mensch als Tier ist natürlich aber immer eitel (lacht).
motor.de: Progressive Musik ist seit einigen Jahren im Aufwind, wenn man an Bands wie The Mars Volta, Pain Of Salvation oder eben Tool denkt. Seht ihr euch als Bestandteil einer Bewegung?
Brann: Es gibt natürlich viele Bands, die die Grenzen von Musik immer weiter ausloten. Und ich würde schon sagen, dass wir uns als Teil einer Gruppe solcher Künstlern verstehen. Persönlich mag ich aber auch einfach strukturierte Musik. Für mich ist nur wichtig, dass es interessant ist und man das gewisse Etwas spürt.
Mastodon – “Deathbound”
motor.de: Auf eurer Tour spielt ihr unter anderem auf dem Graspop-Festival, dem Roskilde oder dem Metalcamp in Slowenien. Ist es denn für dich das Größte, vor 30.000 Leuten zu spielen oder kannst du Club-Konzerten auch etwas abgewinnen?
Brann: Ich mag beides. Aber für mich sind immer Dinge wie die Qualität des Sounds und die Atmosphäre entscheidend. Wenn wir eine Show vor 300 Leuten spielen und es ist gerade einer dieser Tage, an denen alles passt – der Bühnensound, die Stimmung der Leute, mein persönliches Befinden – dann kann ich ein Konzert richtig genießen. Aber du kannst eben auch als Vorband von Iron Maiden vor 60.000 Menschen spielen – und dann ist vielleicht der Monitorsound beschissen oder es passiert etwas Unvorhersehbares wie ein gebrochener Drumstick zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Wir versuchen einfach, uns nicht so viel Druck vor Gigs zu machen, sondern jedes Konzert auf die gleiche Art und Weise anzugehen. Es ist wichtig, dass man sich keine falschen Erwartungen auferlegt. Natürlich ist es beispielsweise eine riesige Sache für uns, beim Roskilde auf der Mainstage zu spielen. Aber du darfst nicht den ganzen Tag herumlaufen und dir Gedanken machen. Wir können den Verlauf einer Show natürlich bis zu einem bestimmten Maße kontrollieren, aber du weißt nie, was passiert.
motor.de: Wenn du die Wahl hättest – wo würden MASTODON in 10 Jahren stehen?
Brann: Keine Ahnung. Ich schätze genau dort, wo wir jetzt stehen – mit der Möglichkeit, Headliner-Shows zu spielen, eine coole Produktion zu haben und einfach auf die Bühne zu gehen, ohne dass man sich irgendwelche Sorgen machen muss. Und natürlich als Rockband interessant und heavy zu bleiben. Ich sehe uns da auf einem guten Weg.
Interview: Anton Kostudis
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