Über den Namen kann man sich wundern, über die Musik kann man sich indes vergessen. Auch wenn Mastermind Hubert Mauracher als Bandsynonym- wie Songwritingstifter sich als ehemaliger Schlagzeuger noch weiter in den Bühnenhintergrund gestellt und für sein drittes Album-Projekt den Gesang komplett in die Hände der göttlichen Maja Racki gelegt hat, wacht über “Loving Custodians” der liebevolle Geist eines von Catatonia bis Portishead und Garbage beseelten und engeagiert arrangierenden Autors aus Austria.

Und dabei ging doch alles einmal ganz anders, nämlich von elektronischer Seite aus los. Unser Held Hubert machte sich Ende der 90er aus dem wohl ziemlich Trend fernen Tirol auf, um zunächst die Wiener und dann die Welt brühwarm davon zu überzeugen, dass man mit elektronisch erwärmenden Songs und Singles wie ‚Meilenstein’ geschmacklich nicht ganz allein auf der Welt ist. Doch nach den ersten Erfolgen in Nullen und Einsen schleicht sich immer auch mehr Live-Leben in das projektive Produktionsbild. Der Rock und Pop sowie Huberts musikalische Alternative-Vergangenheit als Schlagzeuger klopft an und verlangt nach Einlass jenseits der Elektro-Eklektizismen. Album Nummer zwei, “Kissin My Grandma”, weist bereits eine prachtvolle Präsens an performativen Persönlichkeiten auf, die aus dem Programmierten zunehmend Rock- und Pop-Anleihen zum prächtigen (Vor-)Programm erheben – und zwar live als Support der Sofa Surfers.

Doch “Loving Custodians” geht noch einen Schritt weiter und kredenzt uns eine ziemlich eigenständige Wiener Melange. Dabei ist/sind Mauracher mit diesem Album von einem zentralrechnergesteuerten Zwang des Futuristischem genauso wie vom elektronischem Zeitgeistdiktat weit entfernt, obgleich das Album seine modernen Qualitäten nicht zu verleugnen braucht. Das hier ist Alternativer Rock mit einer passenden Portion Pop und einer atmosphärischen Dichte, die sich keinesfalls hinter der internationalen Konkurrenz zu verstecken braucht. Sei es im lakonischen Lustspiel der ersten Single ‘Rosary Girls’, welches eloquent eine Pop-Variation der Pixies , beziehungsweise der Breeders, in Catatoniascher Cerys Mathews-Brit-Perfektion zitiert, die erhabene Schwerelosigkeit von zerbrechlichen wie zugkräftigen Popperlen wie ‚Anytime’ ‚Wall Clock’ oder ‚Lost’ – die musikalische Inszenierung und Darbietung ist genauso erhaben, wie es besagtes Songwriting jeder Kritik ist.

Mauracher – Rosary Girls

Mauracher gelingt der Grenzgang zwischen unmittelbarer Eingängigkeit auf der einen und vielschichtiger kreativer Kunstfertigkeit auf der anderen Seite. Und auf der Haben-Seite der perfekt aufspielenden Band steht allen voran Sängerin Maja Racki noch einen Schritt weiter vorn. Die Frontfrau vereint in ihrer charakteristischen Stimme die Lässigkeit und Kessheit des coolen Großstadtgirls mit einer verträumten Verletzlichkeit. Insbesondere in Songs wie ‚Nostalgia’, welches im rockenden Refrain dynamisch-hymnisch triumphierend auftrumpft, oder ‚Quiet’, zeigt sich das ganze stimmliche und emotionale Spektrum der Dame und ihrer Band. Und genau das sind Mauracher jetzt mit diesem Album vollwertig und – ständig. Eine Band. In Sachen Alternativer Rock mit weiblichen Vocals vielleicht sogar die der Stunde. Gegönnt sei es ihnen.

Text: Frank Thießies