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Menschen der Nacht #1 – Almut

In unserer ersten Folge gehen wir in den Club. Genauer gesagt an die Garderobe. Der Dreh- und Angelpunkt in einem Club, an dem jeder mal vorbei muss. Wir stellen euch Almut vor, die uns erzählt, wie das so ist und was sie außer Jacken aufzuhängen noch so macht.

Was genau machst du und wie lange schon?
Ich arbeite seit 2 Jahren und 5 Monaten an der Garderobe eines großen Berliner Clubs.

Wie bist du dazu gekommen?
Ich war damals auf Jobsuche und habe erstmal überlegt, was bei mir so in der Nähe ist. Ganz pragmatisch. Ich habe vorher auch schon an Garderoben gearbeitet, und dachte mir- warum eigentlich nicht da? Als Nebenjob ist das völlig okay. Ich hab dann ganz einfach in dem Club angerufen, meine Bewerbung hingeschickt und drei Monate später kam dann eine Antwort zurück.

Also nicht über Kontakte?
Überhaupt nicht über Kontakte und ich bin wahrscheinlich auch die Einzige, die nicht über Freunde oder Bekannte an den Job gekommen ist.

Wie erklärst du deinen Eltern womit du dein Geld verdienst?
Also meine Eltern wissen genau, was ich mache. Die kennen auch die Details: wo ich arbeite, wie das da aussieht, was für Leute dahin kommen, was da so los ist…Die finden das ganz spannend und sind generell total interessiert an dem Drumherum. Ich bin ja jetzt auch keine Go-Go-Tänzerin oder so was (lacht). Meine Mama hat früher auch als Kellnerin nachts gearbeitet und erinnert sich dann an den Lifestyle, wenn ich ihr von meiner Arbeit erzähle.

Hast du eine Sache, die du immer mit zur Arbeit nimmst?
Turnschuhe! Sneakers! Bequeme Schuhe und halt meine Tasche, die ich immer dabei habe.

Eine skurille Geschichte, von der du uns erzählen möchtest?
Ich hatte mal einen Gast, eine Japanerin, die ihre Marke verloren hat und weder Deutsch noch Englisch sprechen konnte. Da mein Japanisch nicht ausreicht war das natürlich schwierig die Jacke zu finden. Ich hab ihr verschiedene Jacken gezeigt, damit sie mir „sagen“ kann, welche Farbe, welches Material, wie lang, wie breit, Kapuze, ohne Kapuze und das war schon schwer. Sie war total aufgebracht und völlig “out of control” irgendwie. Sie dachte halt die Jacke ist weg und sie kriegt sie nie wieder. Irgendwann ist sie zusammengebrochen, hat geheult und ich wusste gar nicht mehr was ich machen sollte. Und dann sind wir noch mal alles durchgegangen und am Ende war es dann die allererste Jacke. Sie war dann so glücklich, hat geschriehen, mich umarmt. Das war schön, aber skurril auf jeden Fall.

 Was ist das schöne an deinem Job?
Das Schöne ist natürlich, wenn Gäste mit einem strahlenden Lächeln kommen. Die sind glücklich, dass sie in den Club reingekommen sind, dass jetzt ihre Partynacht anfängt und schön ist, dass sie sich immer mal wieder auch bei einem bedanken. Also einfach einen guten Vibe ausstrahlen. Und es ist ja auch wie eine eigene Party, die man dort verbringt. Man arbeitet und ist in dem Partygeschehen drin und das ist manchmal auch ganz schön, wenn man in der Woche keine Zeit hat wegzugehen, so hat man trotzdem so’n bisschen dieses Partygefühl. Die Musik, die Leute..

Und das schlechte?
Wenn man eine Nachtschicht hat und eben nicht so fit ist oder müde, dann kann das schon körperlich anstrengend werden. Und das Schlechte ist schon, dass man manchmal als stiller Beobachter an der Garderobe alles sieht. Dass man beobachtet, wie sich Menschen in diesem Partyleben verlieren.


(Almut privat vs. Almut bei der Arbeit)

Schlimmste Gasterfahrung?
Die schlimmsten Gasterfahrung sind halt die, wenn der Gast einfach überhaupt nicht mehr weiß, wer er ist, woher er kommt, wohin er gehen will, ob er gehen will oder dass er nicht gehen will und halt nicht mehr mit einem kommunizieren kann. Oder Gäste die pampig werden, obwohl sie vielleicht selbst ihre Marke verloren haben und dann keine Geduld mitbringen.

Gehst du abends noch weg, wenn ja wohin und was machst du?
Ja, ich gehe abends noch weg, wenn es einen Tag gibt am Wochenende, wo ich nicht arbeiten muss. Ich bin auf jeden Fall jemand, der gerne und viel tanzt. Immernoch (lacht). Früher habe ich ganz oft die Clubs gewechselt, auch eher geschaut welcher DJ wo spielt und bin dann dort hingegangen. Mittlerweile bin ich da nicht mehr so kreativ und gehe meistens ins Berghain. Das Prince Charles finde ich aber auch ganz nett.
Was ich mal ganz lustig finde, sind Bars, die in Partys ausarten: Roses z.B., das geht halt irgendwie immer. Also ich finde gerade am Kotti ist eine Menge: Fahimi Bar, Monarch. Wenn ich mal nicht zum tanzen weggehe, dann bin ich eher in der Gegend.

Was ist das Wort/die Phrase, die du während deiner Arbeit am häufigsten benutzt?
„1,50 bitte“ und „Willst du abgeben oder abholen?“

Welche Mahlzeit ist deine liebste?
Abendbrot.

Was wolltest du als Kind werden?
Als Kind wollte ich Schauspielerin werden.

Was machst du in deiner Freizeit? Hast du Hobbys?
Ich liebe Filme und bin ein kleiner Serienjunkie. Wenn ich dann drin bin, dann will ich nix anderes machen außer die Serie gucken – im Moment gerade House of Cards. Außerdem interessiere ich mich für die schönen Dinge. Also alles was mit Interior (Design), Mode, Design zu tun hat. Ich liebe es neue Blogs zu entdecken und zu gucken was es in der Stadt so Neues gibt – neue Restaurants entdecken. Was ich zum Beispiel ganz toll fand, war das Parker Bowles neben dem Prince Charles oder was ich auch toll fand ist das NENI Restaurant im 25h Hotel, da gibt’s israelisches Essen. Auch vom Interior total schön gemacht mit Pflanzen und so. Da hat man das Gefühl, man sitzt in einem Gartenhaus und nebenan ist die Monkey Bar mit einen hammergeilen Ausblick über den Tiergarten. Ich mag aber auch den Markt am Ostbahnhof. Das ist ein bisschen trashig, aber da gibt es gute bodenständige Sachen – Dienstag ist Ofenkartoffeltag!

Was treibt dich an?
Wertvolle Zeit mit Freunden und sich immer wieder auch von neuen Menschen inspirieren zu lassen. Es gibt Phasen, wo man da nicht so Lust drauf hat und gerne mal allein für sich ist. Dann gibt es aber auch wieder Phasen, wo man viel unterwegs ist und auch Lust hat neue Leute kennen zu lernen und sich davon auch wieder neue Inspiration und Antrieb zu holen.

Hier sind noch Almuts momentane Lieblingslieder zum Anhören und Mittanzen:

Danke für das lustige und spannende Gespräch, Almut!

Julia Klemm

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