In der ersten Folge von Menschen der Nacht haben wir mit euch an der Garderobe rumgehangen und dort die wunderbare Almut kennengelernt. Heute sprechen wir mal mit dem Chef, genauer gesagt mit dem Capitaine, wie er von seinem Team genannt wird.

Was genau machst du und wie lange schon?
Ich leite das Prince Charles seit ca. 3,5 Jahren. Wir sind insgesamt 5 Partner und  teilen uns auf in Prince Charles, Parker Bowles und Bechstein Network. Ich mache das inhaltliche vom Club, kümmere mich um das gesamte Booking. Ich bin sozusagen der Club-Manager und die Fresse vom Laden. Auf meiner Visitenkarte steht genau genommen: Capitaine, Co­-Owner, Club­manager.

Wie bist du dazu gekommen?
Ich habe hier witzigerweise als Selekteur angefangen, an der Tür, zwei Monate nach Start von dem Laden hier. Ich hab vorher meinen Veranstaltungskaufmann gelernt bei Universal Music und bin danach als Freelancer im Tourmanagement viel auf Tour gewesen. Ich wollte was in Berlin haben und hatte erst in der Arena angefangen als Nachtmanager. Dann bin ich wie gesagt hier gelandet.  Zuerst an der Tür bis sie letztendlich gemerkt haben, dass ich ein bisschen mehr kann. Dann habe ich Booking-Assistenz gemacht, war innerhalb von 3 Wochen auf einmal der Booker, dann auf einmal der Bürochef, dann der Club-Manager und jetzt Teilhaber und das war alles ein Prozess von einem Jahr. (lacht)

Wie erklärst du deinen Eltern womit du dein Geld verdienst?
Gute Frage! Also mein Vater ist gestorben vor 4 Jahren. Da habe ich gerade erst im Club angefangen. Da hatte ich meine Lehre als Veranstaltungskaufmann abgeschlossen. Bei Persern bzw. Iranern gibt es aber quasi nur Doktor oder Teppichhändler (lacht). Ich glaube aber, der wäre jetzt stolz und meine Mutter… Die ruft dann immer nur ab und zu an und fragt, ob ich denn genug geschlafen hätte. Ich hab immer versucht, sie mal zu einer Veranstaltung zu locken, aber dadurch, dass die Veranstaltungen immer erst in der Regel um 23 Uhr anfangen, ist das schwierig bei meiner Mutter, die immer noch in Steglitz wohnt. Ich glaube, für sie ist das immernoch eine sehr surreale Welt. Aber sie merkt, dass es funktioniert und da ist sie sehr glücklich.

Hast du eine Sache, die du immer mit zur Arbeit nimmst?
Was ich ein bisschen zur Marotte gemacht habe, ist mein Clipboard, an dem ich immer so meine Notizzettelchen ranhänge. Es geht nichts über Zettel und Stift. Ich bin da immer noch so’n oldschooliger Zettel-Stift-Fanatiker. Ansonsten meine Brille, als Markenzeichen und Sehhilfe. Ist übrigens die Brille von meinem Vater. Und natürlich meinen Schlüssel mit allen Clubmarken dieser Stadt.

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Michel privat

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 Michel auf der Arbeit

Was magst du an deinem Job?
Es gibt unterm Strich viele Dinge, die ich mag. Das Schöne an dem Job ist, dass der niemals langweilig werden kann. Also die Anforderungen an dich selber sind immer wieder andere. Öde kann’s also echt nicht werden. Was ich aber am meisten mag, ist definitiv der Faktor Menschen kennen zu lernen. Ich bin halt einfach das Gegenteil eines Misanthrop – quasi ein Philanthroph – ein Menschenfreund. 

Und was überhaupt nicht?
Was ich nicht mag ist das Thema Gästeliste. Das ist auch gar nicht, weil ich das niemanden gönnen würde, aber man weiß nicht, wo man anfängt und wo man aufhört. Und es ist halt doch so krass geworden, dass Leute nachts in der Schlange stehen um halb eins und mich auf Dauerterror anrufen, SMS schreiben. Mein Facebook Account kann ich wegwerfen. Ich kriege durchschnittlich pro Wochenende wahrscheinlich 250 Nachrichten, teilweise von Leuten, die ich auch gar nicht kenne. Ich finde da gerade eine Balance drin und die Leute verstehen es auch. Und die, denen ich es eigentlich am liebsten geben würde, sind meistens auch so galant, dass sie es gar nicht wollen.

Hast du irgendwelche skurrilen Geschichten für uns?
Man erlebt eigentlich am laufenden Band skurrile Geschichten. Manchmal ist sogar das skurrile schon fast normal geworden. Allein was man für Künstler begrüßen darf. Zum Beispiel letztens hatte ich einen DJ aus den Staaten gebucht, der wirklich ne ganze Stange Geld gekostet hat. Der kam an, dann war Prime Time und er sollte auflegen. Ich begleite ihn quasi zum DJ Pult und er stellt seinen Rechner hin, drückt aber statt auf Traktor (DJ Software Anm. d. Red.) original auf Word (lacht). Da war ich schon mal ein bisschen irritiert. Dann torkelte er so’n bisschen rum und ich hab ihn gefragt, ob alles okay ist. Er war ein bisschen am lallen und sagte, er kriegt das schon hin. Er hat aber einfach das Icon auf seinem Rechner nicht mehr getroffen. Bis ich dann langsam geschnallt hab, dass der so druff ist, dass der gar nix mehr hin kriegt. Und der Club war brechend voll. Und ich hatte einfach Schiss, dass der überhaupt den Übergang und so hinkriegt. Bis wir es dann geschafft haben, mit 20 Minuten Delay, dass er sein richtiges Programm geöffnet hat und frage mich nicht wie, er hat’s irgendwie geschafft aufzulegen – die Leute haben es gefeiert.
Skurril war natürlich auch, als mich das Management von Pharrell Williams überraschend während der Fashion Week angerufen hat und meinte, sie sind mit ihm in 5 Minuten an meiner Clubtür und ob wir eine VIP Area hätten. Ich meinte „of course“ – wir haben aber natürlich keine, weil bei uns jeder gleich ist. Am Ende hab ich dennoch wiedermal alle „happy“ bekommen, auch Pharrell.

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Gehst du privat noch weg und wenn ja wohin?
Ich gehe noch weg, aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist das nie so richtig privat. Es ist ja eine sehr kleine Szene und man kennt sich untereinander. Und am Ende sind das auch schöne Momente, wenn man sich überall schnell zu Hause fühlt und auch mal ein Freigetränk bekommt, aber es gibt kaum einen Laden, wo ich hingehen könnte und sagen kann, ich bin da total privat.
Wenn ich ganz ehrlich bin, gehe ich am liebsten ins Clash am Mehringdamm. Keine Sau kennt mich da, was ich total angenehm finde und sitze da und trink halt meinen großen Humpen Bier mit’m Mexikaner. Ansonsten würde ich sagen, dass man fast den Monopoly Spieleabend bevorzugt inzwischen. Das was für Leute feiern ist, ist für mich ja kopfmäßig mit Arbeit verknüpft. Und ich gehe dann echt lieber mit Freunden zum gemeinsamen Kochen. (lacht)

Was ist das Wort/die Phrase, die du während deiner Arbeit am häufigsten benutzt?
“Willkommen bei mir zu Hause”, “Ich komme gleich”, “Wir sehen uns gleich an der Bar”, “Clickerstand?”, “Kannst du bitte XY noch auf die Liste schreiben”, “Ja, die Pfeffis gehen auf mich”

Welche Mahlzeit ist deine liebste?
Mitternachtssnack. Seitdem wir das Parker Bowles haben, ist meine Lebensqualität unglaublich gestiegen. Jetzt machen die Köche mir kurz vor elf halt nochmal ein Gericht. Es gab Momente hier im Club, wo man mich dann hinten im Kühlhaus gesehen hat und ich so ne komplette Gurke oder ne Orange gegessen habe – die Deko von den Cocktails halt. Das ist mir das Liebste (lacht).

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Was wolltest du als Kind werden?
Nachdem ich die Feuerwehrmann- und Astronautenphase durch hatte, wollte ich mal Schlagzeuger werden. War aber nur eine kurze Phase. Was am längsten hielt und auch heute noch gilt, ist aber der Astronaut.

Was treibt dich an?
Das was mich antreibt, ist Menschen zusammen zu bringen und das mache ich witzigerweise mit genau dieser Arbeit, die ich mache. Alles, was ich Montag bis Donnerstag plane, sehe ich  Donnerstag, Freitag, Samstag schon, indem Menschen zusammen kommen und ich sie ein Stück glücklicher mache. Sei es mit der Lieblingsband, die spielt, der Dj, der auflegt, dass der  Gast mal richtig besoffen sagen kann “was ein geiles Leben”, dass er mit der Tante hinten auf der Toilette rummacht… Das sind die ganz kleinen Highlights. Ich kenne sogar eine Stückzahl Pärchen, die hier entstanden sind. Mit meiner Arbeit kann ich die Welt einen Tick schöner machen. Und sei es für eine Nacht!

Michels Playlist auf Spotify:

Danke für das lustige Gespräch, Michel!