Nach Almut und Michel, treffen wir heute Babette bei Menschen der Nacht. Sie ist das, was man unter Berliner Mädel so versteht – unterhaltsam, ein bisschen laut und zuckersüß. Babette Conrady arbeitet beim Radio und als DJane und das alles nachts – damit ist sie quasi wie geschaffen für Menschen der Nacht. Wir trafen uns mit ihr auf einer wunderschönen Dachterrasse mitten in Berlin.

Was genau machst du und wie lange schon?
Ich lege seit 7 Jahren auf und die Radiosendung (Nightflight) bei Fritz mache ich seit 5 Jahren. Gerade mache ich dort auch alle zwei Wochen den Bluemoon.

Wie bist du dazu gekommen?
Übers gescheiterter Rockstar sein praktisch. Ich war in einer Mädchenband und habe nebenbei gekellnert und studiert. Dann habe ich die Uni hingeschmissen und stand halt so mit Mitte 20 auf der Straße und wusste nicht so richtig was nun. Die Band gab’s nicht mehr, weil wir das nicht unter einen Hut kriegen konnten. Die eine hat in München gearbeitet, die eine hier, die andere da. Sobald du dich halt nicht hundertprozentig darauf einlassen kannst, Musik zu machen, funktioniert das halt nicht. Also hatte ich die Uni hingeschmissen, habe gekellnert und habe jedes mal dabei geheult, weil ich das nicht mehr machen wollte und dann meinte lustigerweise meine Barchefin damals: “Du hast ja ne total schöne Stimme und du hast ja auch ne große Schnauze, geh doch zum Radio”. Und dann dachte ich so – stimmt. Mein damaliger Freund, der kannte dann jemanden bei Radio Fritz. Viele werden jetzt sagen, so einfach ist das doch nicht, aber es war tatsächlich so einfach. Am Anfang habe ich eine Vertretung gemacht und den Punk Nightflight moderiert. Ich bin dann immer zu DJ Vossi gegangen und habe mir da immer Musik besorgt, weil ich ja eher so’n Indie/Electro-Mädchen bin. Da hab ich mich dann unterrichten lassen. Der ist halt eine super Quelle, der weiß einfach Bescheid. Das habe ich ein halbes Jahr gemacht, quasi eine Teststrecke und dann haben sie gesagt: “Okay, du kriegst jetzt wöchentlich deinen eigenen Nightflight”.

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Betty bei der Arbeit                                      vs.                              Betty privat

Und wie bist du zum auflegen gekommen?
Das habe ich vorher schon gemacht im Magnet. Mein Ex-Freund hatte da eine Partyreihe und hat irgendwann gesagt: “Wenn du zum Radio willst, dann musst du jetzt auch auflegen lernen. Das gehört irgendwie dazu”. Das war eine sehr sehr harte Schule. Der hat mich einmal nachts stehen lassen und hat gesagt, er geht jetzt, ihm gehts nicht gut und dann stand ich da mit seinem Plattenkoffer.  Die Sache ist, dass bei dem keine CD in der Hülle war, in die die eigentlich gehört. Das heißt ich habe so’n Jeopardy gemacht (lacht). Und dann wars auch so, dass Magnet zu der Zeit noch krasse Musikpolizei war. Da kam alle 5 Minuten irgendnen Typ mit’m Jutesack und hat gesagt “Kennste den und den, kennste nicht? Wo lebst du denn?” War halt eine gute Schule. Mein Ex-Freund hat auch ab und zu den Kopfhörer nach mir geworfen, weil ich schnell mein eigenes Ding da gemacht habe und Songs gespielt habe, die er total furchtbar fand oder von denen er dachte das geht eigentlich gar nicht. Es gehört aber dazu, dass du deinen eigenen Stil entwickelst. Bei mir wurde das immer elektronischer und mir hat Song an Song spielen irgendwann nicht mehr gereicht.Dann habe ich immer die Remixe gespielt und die elektronischeren Sachen und habe angefangen das ineinander zu mischen und bin dabei immer technoider geworden.

Wie erklärst du deinen Eltern womit du dein Geld verdienst?
Muss ich gar nicht, die verstehen das. Also mein Vater war ja der, der mir damals, als ich auch so ne Technophase hatte, so mit 14, Alice in Chains geschenkt hat, damit ich noch Gitarrenmusik höre. Und sowieso habe ich sehr oft mit meinem Vater in unserem Wartburg über das Kassettendeck Musik gehört:  Led Zeppelin, The Who, Kate Bush, Deep Purple, aber auch Warlock. Ich bin großer großer Warlock Fan (lacht), weil das viel mit meiner Kindheit zu tun hat. Mein Vater hat mich da total geprägt, was Musik betrifft. Ich komme aus einem sehr musikalischen Elternhaus, deswegen verstehen die total gut was ich mache. Früher kam mein Vater immer zu Konzerten, jetzt will er zu DJ Gigs und ich muss ihm immer ein bisschen ausreden, in einen Technoclub zu kommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich da wohl fühlt. Meine Eltern sind eher so, dass sie wollen, dass man seinen Träumen folgt und Radiomoderatorin ist ja auch was Greifbares.

Hast du eine Sache, die du immer mit zur Arbeit nimmst?
Beim Radio – Tomatensaft. Ich krieg da immer Hunger, weiß auch nicht warum. Das hat so diesen Flugzeugeffekt, vielleicht ist die Luft so dünn im Studio (lacht). Und zum Auflegen immer Crémant. Ich steh total auf Crémant und die Clubs haben den nicht. Mein Booker schreibt das dann in den technical rider, aber es steht dann immer Rotkäppchen Sekt da, von dem ich wahnsinnige Kopfschmerzen bekomme. Deswegen bringe ich jetzt immer meinen eigenen Crémant mit. Ich finde ich bin ein sehr sehr sparsamer DJ (lacht).

Was ist an deiner Sendung so besonders?
Weswegen ich ja auch eingestellt wurde ist, dass ich halt nicht so nerdmäßig über Bands erzähle, sondern immer versuche, irgendwie ne schöne Geschichte über die rauszufinden. Es gibt zum Beispiel eine Band, die sind alle Vegetarier und haben dann halt so’n Vogel überfahren, aus Versehen auf der Landstraße und mussten sich dann streiten, wer den Vogel jetzt von der Scheibe abkratzt oder es gab so eine finnische Band, die sind in London Auto gefahren mit einem Mietwagen und haben halt fast Boy George über’n Haufen gefahren und hatten dann total Angst, dass irgendwo steht, dass das ein schwulenfeindlicher Übergriff war (lacht), dabei war das einfach nur ein Unfall. Ich finde, wenn man solche Geschichten erzählt, dann bleibt bei demjenigen die Geschichte hängen und dann auch die Musik demzufolge.

Machst du dir je Gedanken darüber wer dich alles hört?
Nee, gar nicht. Ich freue mich immer, wenn jemand anruft und fragt : “Hey was spielst’n du da für Musik?”. Dann krieg ich immer mit, dass es auch Leute hören. Eine sehr schöne Geschichte war mal, als ich nachts ins Taxi gestiegen bin nach meiner Sendung und der Taxifahrer meinte dann irgendwann so: “Sagen Sie mal, waren sie gerade im Radio? Ich habe Sie gehört, können Sie mir mal sagen, was dieser vorletzte Song war, den Sie da gespielt haben?” Das war eines der schönsten Erlebnisse – diese unmittelbare Reaktion.

Was magst du an deinem Job?
Ich bin noch nie gerne früh aufgestanden, das war als Kind schon so. Ich bin nachts ein ganz anderer Mensch als tagsüber. Ich bin nachts kreativer und kann besser arbeiten. Da ist so eine Melancholie, weil man das Gefühl hat, man wäre alleine. Dieses Alleinsein gibt einen dann immer so’n Antrieb, was zu machen.

Und was überhaupt nicht?
Früher hatte ich meine Sendung Sonntag nachts. Der Sonntag ist ja so ein Pärchen- und Gammeltag. Ein Sonntag kann sehr schön sein, aber hat was melancholisches, weil Sonntag immer heißt, dass das Wochenende vorbei ist und die Woche los geht. Und diese Sonntagsstimmung hängt immer über der ganzen Stadt und wenn du dann los fährst… Ich saß immer wahnsinnig deprimiert in der S-Bahn, weil die anderen immer von ihren Ausflügen nach Hause sind, vielleicht um noch den Tatort zu gucken oder ein Glas Rotwein zu trinken. Ich hatte halt immer diesen Sonntag nicht.

Hast du irgendwelche skurrilen Geschichten für uns?
Wir waren letztens in Stuttgart auflegen und die stehen da so richtig auf Hammertechno. Das wusste ich aber nicht und ich lege sehr melancholisch auf – 120-122 bpm –  und dann kamen immer Leute zu mir mit diesem schwäbischen Dialekt: “Magschte ma bissche schneller spiele? Magschte ma bissche härter spiele?” Und ich stand da:” Was wollen die denn von mir?” (lacht). Das Gute an elektronischer Musik ist ja, dass die Leute sich eigentlich nichts wünschen kommen, dass du immer dein Set spielen kannst und das ein Gesamtwerk von dir ist. Ich finde das echt skurril, wenn dir jemand beim Elektroset rein redet und sich dann Sachen wünscht. Früher habe ich auch im Fritzclub aufgelegt,  da sind mir sehr sehr viele skurrile Sachen passiert (lacht). Da hat zum Beispiel ein Typ mal im Bayerntrikot und Lederhosen seiner Freundin einen Heiratsantrag gemacht. Mir war das eher so egal, ich hab dann die Musik ausgemacht und dann gab’s aber erstmal ein buhh-Konzert. Manchmal ist ja auch die Musik aus Versehen ausgegangen, weil der CD – Player kaputt gegangen ist oder so und dann buhen die dich gnadenlos aus. Also buhten halt 600 Leute diesen Typen aus, er wollte seiner Freundin aber den Antrag machen. Bis wir die dann ruhig bekommen haben, hat allein schon 10 min gedauert. Dann fing er an mit: “Schatz ich hab viel falsch gemacht..”. Da dachte ich dann schon, das wird nicht besser (lacht), aber sie hat immerhin ja gesagt. Ach und einmal wurde mir meine Jacke geklaut, aber immerhin wurde mein Hausschlüssel mir vorher auf die Box gelegt. Das fand ich sehr nett.

Gehst du privat noch weg und wenn ja wohin?
Nee (lacht). Ich grille sehr gerne mit Freunden auf dieser wunderschönen Terrasse. Ich habe einfach mehr von denen, wenn ich mich mit ihnen hinsetzte und trinke und unterhalte, als wenn ich die im Club sehe. Und wenn du auflegst, dann ist das ja dein Feiern gehen – du trinkst da, du tanzt da, du machst das halt nur hinterm Mischpult statt davor.

Was ist das Wort/die Phrase, die du während deiner Arbeit am häufigsten benutzt?
Beim Auflegen: “Nein” (lacht). Beim Radio…. Ich sage immer “Guten Abend, Radiokieker” zu Beginn meiner Sendung, das ist meine Erfindung.

Welche Mahlzeit ist deine liebste?
Abendbrot!

Was wolltest du als Kind werden?
Ich war ja der erste Ossi in der Mini-Playbackshow. Also da ging es ja eher in Richtung tanzen. Ich war Janet Jackson. Marijke Amado war wirklich nett, und die mochte Kinder wirklich gerne, das hat man gemerkt. Außerdem habe ich damals als Kind immer Musikvideos angeschaut, es war also abzusehen, wo’s hingeht. Meine Eltern meinten mal, dass sie sich zu Ostzeiten, wenn die Mauer nicht gefallen wäre, dann echt Sorgen um mich gemacht hätten.

Was treibt dich an?
Wenn du eine Menge zum tanzen bringst. Mich treibt an, Menschen Musik näher zu bringen und vor allem, denen einen schönen Abend zu machen. Wenn der Raum dann so voll wird, dass keiner mehr rein passt und die alle tanzen, das ist so ein schöner Moment, da kriege ich immer wieder Gänsehaut.

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