!doctype
„This is f***ing pooh!“, „Pretentious ***holes“, „Like a bad trip“, „Unhörbar!“, „Das hässlichste Cover ever“! Was es sonst noch zu „Congratulations“ zu sagen gibt, erzählen MGMT selbst.
Andrew VanWyngarden und Ben Goldwasser im Interview
Möglicherweise sind MGMT nicht nur einer der ersten Mega-Hypes des Web 2.0, sondern vielleicht auch der erste große, von selbigem verursachter, Absturz. Nachdem die Stirnband-Gemeinde ihre Mutmaßungen über Hoffnungen für und Forderungen an „Congratulations“ monatelang über die einschlägigen Kanäle an sämtliche Follower, Friends und Buddies rausdrückte und sich MGMT zu einer haarsträubenden, Twitter-verbreiteten Promo-Aktion, in der abgedunkelte Kleinbusse und Malstifte eine nicht unerhebliche Rolle spielten, verleiten ließen, hat die Informationsgeschwindigkeit des Internetzers der Band noch vor Erscheinen ihres Zweitwerks eine waschechte Bruchlandung beschert. Denn nach dem unvermeidlichen leak ihres neuen Albums „Congratulations“ und der Vorstellung der ersten Nicht-Single „Flash Delirium“ schlug den zu Debüt-Zeiten zu Wunderkindern des Pop erklärten Andrew VanWyngarden und Ben Goldwasser derart heftige Kritik aus der Netzwelt entgegen, dass sie sich sogar zu einer öffentlichen Entschuldigung für ihre eigene Musik genötigt sahen. Zum Nachfolgealbum des Aus-Dem-Stand-Millionensellers „Oracular Spectacular“ ist es deshalb mittlerweile nicht mehr möglich „Congratulations“ ohne Kontextualisierungsdiskurs und vielstimmiges Meinungsgezwitscher im Kopf zu hören. Scheiß Internet. Auch das Gespräch mit den beiden MGMT-Köpfen ist dementsprechend von ständiger Reflexion darüber begleitet, was man da „verbrochen“ hat.
motor.de: Ihr habt schon im Vorfeld gesagt, dass viele euer neues Album nicht mögen werden. Wieviel Berechnung steckt in „Congratulations“?
Andrew: Es ist seltsam, dass viele Leute denken, wir würden kalkuliert Hörer verschrecken wollen. Das ist aus der Perspektive einer Band totaler Quatsch, wieso sollte man absichtlich sein Publikum vergraulen wollen? Aber was will man machen? Du kannst den Leuten nicht verbieten, dich für ein Arschloch zu halten.
Ben: Für uns ist die Situation deshalb so verrückt, weil wir nie gedacht hätten, dass ein Album, das wir selbst sehr mögen und schätzen, das Schockierendste sein könnte, das wir hätten tun können. Aber wir denken während wir Lieder schreiben natürlich nicht: “Ok, lass uns versuchen so viele oberflächliche Fans wie möglich vor den Kopf zu stoßen!” Weil wir unsere Fans nicht als oberflächlich ansehen.
motor.de: Ihr habt aber oft genug betont, dass gerade die Single-Hits von „Oracular Spectacular“ musikalische Witze waren. Hat das Publikum den Witz nicht verstanden?
Andrew: Wir haben von unserer Musik nicht geglaubt, dass sie jemals den Campus unserer Uni verlassen würde. Irgendjemand muss den Witz verstanden haben.
Ben: “Kids”, “Time To Pretend” und “Electric Feel” waren tatsächlich Lieder, die noch bevor wir überhaupt einen Plattenvertrag hatten, entstanden sind und in denen wir Pop-Musik verarschen wollten. Als wir unseren Deal unterzeichnet haben, war allen, auch unserem Label, klar, dass wir auf zukünftigen Veröffentlichungen diese Art von Musik nicht mehr machen würden. Es ist auch schön, diese Songs als Singles zu haben, die viele Mainstream-Radio-Hörer auch mit anderer Musik in Berührung gebracht haben. Aber wir wollen trotzdem keine Kompromisse machen, wenn es um die Musik geht, die wir lieben, nur um einen popkulturellen Auftrag zu erfüllen.
Andrew: Für uns ist “Congratulations” ja auch Pop. “Kids” war unser Türöffner in den Mainstream und ein Teil des Publikums hat sicher erwartet, dass wir jetzt ebenfalls den Weg einschlagen den viele Mainstream-Bands gehen. Aber wir haben einfach keine Tendenzen alles größer und blitzender zu machen.
MGMT – “Flash Delirium”
motor.de: Stattdessen habt ihr euch auf ziemlich obskure Referenzen besonnen, die aber auch schon auf dem Debüt zu spüren waren. Produziert wurde das Album von Sonic Boom von Spacemen 3. Ist unter diesen Voraussetzungen überhaupt ein massentaugliches Album zu erwarten?
Andrew: Wir haben uns zu zweit in einem Haus in Malibu eingeschlossen und geschrieben. Unsere Live-Band war auch da und hat mit uns aufgenommen.
Ben: Die Band und auch Sonic Boom waren neben allen musikalischen Einflüssen vor allem große moralische Stützen. Denn natürlich hatten wir während des Schreibens Zweifel. Nicht über die Art der Musik, aber über die Qualität. Aber all unseren Freunden und unserem Produzenten gefallen die Songs sehr. Es war wirklich gut jemanden zu haben, der dich daran erinnert, dass es ok ist seltsame Musik zu machen, solange sie gut ist.
motor.de: Seht ihr euch selbst denn als seltsame Typen?
Ben: Eben nicht. Es gibt so viel Pop, der als normal angesehen wird, aber eigentlich viel seltsamer ist als unsere Musik.
Andrew: Ich mag ruhige, freundliche Musik und schöne Songs. Das ist auf “Congratulations” auch zu hören. Und es ist bedauerlich, dass ruhige und freundliche Musik manche Menschen offensichtlich sehr anpisst.
Amen.
Timo Richard
“There is a crack in everything, that's how the light gets in”, sang einst der…
Seit September veröffentlichen Yule Post und Tom Gatza gemeinsame Singles. Mit BYE erscheint nun die…
Spätherbst 2022. Deutschrap TikTok-tänzelt zur zweihundertsten lieblosen Drill-Attrappe. Es wird höchste Zeit für neuen Druck…
Sofia Portanet veröffentlicht am 2. November 2022 ihre neue Single Unstoppable, die dritte Single aus…
Mit ihrer neuen Single “Mess Me Up” erzählt die junge Berlinerin benzii eine Geschichte von…
Ein Festival ist mehr als nur viele Konzerte – ein Festival ist eine Einladung, sich…