Michael Jackson gilt als einer der größten Musiker unserer Zeit. Schier endlos ist seine Liste an Erfolgen und Superlativen, unbestritten sein Einfluss auf die moderne Popkultur. Als der “King of Pop” im Alter von 50 Jahren stirbt, hinterlässt er mit seiner Musik und seinen Videos einen bedeutenden Teil globaler Musikgeschichte, aber auch die Chronik eines dramatischen Abstiegs.

Michael Joseph Jackson kommt am 29. August 1958 in Gary im US-Bundesstaat Indiana zur Welt. Die Geschichte um seine verlorene Kindheit wird nicht selten als Grund für das tragische Leben des Superstars genannt: Sein Vater Joe Jackson, ein Kranführer, entdeckt früh das Talent Michaels und seiner Brüder. Er gründet die Jackson 5, mit denen Michael bereits im Alter von sieben Jahren auf der Bühne steht. Unter den Augen des strengen und überehrgeizigen Vaters trainieren die Jungen nahezu jeden Tag. Gelingen die Proben nicht, straft dieser mit Gewalt. Auf die Frage, ob er Michael geschlagen habe, wird Joe Jackson Jahre später antworten: “Nur mit einem Gürtel, nie mit dem Stock”. 1968 bekommen die Jackson-Brüder einen Plattenvertrag beim legendären Label Motown. Aus dieser Zeit stammen Hits wie “I Want You Back” oder “ABC”. Zwischen 1969 und 1989 verkaufen die Jackson 5 über 100 Millionen Platten.

Bis Ende der siebziger Jahre bleibt Michael Jackson Mitglied der Jackson 5, beginnt jedoch im Alter von 13 Jahren seine Solokarriere mit dem 1972 erschienenen Album “Ben”. Es folgen drei weitere Veröffentlichungen, bis 1979 “Off The Wall” erscheint, Jacksons bis dahin größter Erfolg als Solokünstler.

1982 veröffentlicht Jackson “Thriller”- sein Meisterwerk: Mit geschätzten 110 Millionen verkauften Exemplaren weltweit ist es das erfolgreichste Album aller Zeiten. Sieben der neun Albumtracks erscheinen in den kommenden Jahren als Single – jede davon schafft es unter die Top 10 der US-Charts. Bei der Grammyverleihung 1984 erhält “Thriller” acht der begehrten Musiktrophäen. Doch nicht nur in kommerzieller, sondern auch kultureller Hinsicht ist “Thriller” ein Meilenstein. Als einer der ersten Künstler überhaupt bedient sich Jackson auf diesem Album verschiedener Musikstile, mischt Rock mit R&B, Soul und Funk und sprengt so Genregrenzen. Seine Clips zu “Thriller”, “Billie Jean” oder “Beat It” definieren den Standard für Musikvideos neu und ebnen den Weg für schwarze Künstler bei MTV, dem damals einzigen Musiksender, dessen Fokus zuvor fast ausschließlich auf Rockbands gerichtet war. Mit seinem außergewöhnlichen Kleidungsstil und seinen ebenso unverkennbaren Tanzschritten wie dem “Moonwalk” inszeniert Jackson sich als vielseitige mediale Gestalt. Bis heute ist er einer der wenigen Künstler, der für seine Tanzschritte genauso berühmt ist, wie für seine Musik.

Die beiden darauf folgenden Alben “Bad” (1987) und “Dangerous” (1991) werden mit je etwa 30 Millionen verkaufter Einheiten ebenfalls ungemein erfolgreich, kommen in kommerzieller Hinsicht aber nicht annähernd an ihren Vorgänger heran. Dennoch ist zu dieser Zeit schon längst der Spitzname “King of Pop” für den einstigen Jungen aus ärmlichen Verhältnissen gebräuchlich. Bei der Grammy Verleihung 1993 erhält Jackson den “Living Legend Award” – bereits jetzt ist er eine lebende Legende.

1995 veröffentlicht Jackson das Greatest Hits-Album “HIStory – Past, Present and Future Book I” , auf dem sich neben alten Stücken auch neue Songs finden. Das Album wird beispiellos aufwendig beworben: In mehreren europäischen Städten lässt Jackson neun Meter hohe Statuen von sich aufstellen. Der King of Pop scheint alles auf eine Karte zu setzen – sein Comeback sollte gigantisch ausfallen. Doch zur Veröffentlichung von History war “Jacko” schon zu einer tragischen Gestalt geworden.

Seit Anfang der neunziger Jahre hatte sich Jacksons Aussehen zunehmend verändert: Vermutlich durch zahlreiche chirurgische Eingriffe veränderte Gesichtszüge und seine zunehmend blasser werdende Haut geben Anlass zu Spekulationen. Doch sein schräges Aussehen ist nur ein äußeres Merkmal für Jacksons stetigen Fall – 1993 wird er zum ersten Mal des Kindesmissbrauchs beschuldigt.

Bereits 1988 kaufte sich der Sänger die Neverland Ranch, sein persönliches Nimmerland. Ausgestattet wie das Paradies in Kinderträumen, mit Riesenrad und Privatzoo, versuchte Jackson dort, seine versäumte Kindheit nachzuholen. Er wollte nicht erwachsen werden – und umgab sich wohl deshalb mit zahlreichen Kindern, die zum Teil auch auf der Ranch wohnten. Das wird ihm zum Verhängnis.
Der damals 14-jährige Jordan Chandler und sein Vater erheben 1993 den Vorwurf, Jackson habe den Jungen mehrfach sexuell belästigt. Der Sänger entgeht einem Prozess mit Hilfe von Zahlungen in Millionenhöhe an das vermeintliche Opfer und dessen Familie. Seine Schuld ist bis heute nicht bewiesen, doch der Vorwurf, sich an Kindern vergangen zu haben, gehört von nun an zum öffentlichen Bild des Michael Jackson.

Ein Jahr später heiratet er aus, wie allgemein vermutet wird, Image-bedingten Gründen Lisa Marie Presley, die Tochter von Elvis Presley. Die Ehe scheitert nach zwei Jahren. Kurz darauf heiratet Jackson erneut: Mit der Krankenschwester Debbie Rowe bekommt er zwei Kinder: “Prince” Michael und Paris Michael Katherine. Nach etwa drei Jahren wird auch diese Ehe geschieden und Jackson erhält das alleinige Sorgerrecht für seine Kinder.

2001 erscheint dann sein letztes Studioalbum “Invincible”, das nach den Maßstäben des einstigen Megastars als Flop gilt. Trotz solider Kritiken und etwa 10 Millionen verkaufter Exemplare wird deutlich, dass es Jackson nicht gelingt, an den Erfolg seiner früheren Alben anzuknüpfen.

Ein Jahr später wird die Dokumentation “Living with Michael Jackson” im britischen Fernsehen ausgestrahlt. Jackson gibt sich selten offen und berichtet freimütig, dass er Kinder in seinem Bett schlafen lasse. Er bestreitet sexuellen Missbrauch, doch noch im selben Jahr erhebt der Staat Kalifornien Anklage gegen ihn. Anfang 2005 beginnt der Prozess im kalifornischen Santa Maria und damit ein erneutes Medienspektakel um den ohnehin labilen Star. Im Sommer wird Jackson dann von allen Anklagepunkten freigesprochen. Noch am selben Tag verkündet er den Auszug aus seiner Neverland-Ranch und pilgert in den kommenden Jahren zwischen verschiedenen Ländern und Wohnorten hin und her.

2009 dann die Überraschung: Im März kündigt Michael Jackson bei einer Pressekonferenz an, zehn Auftritte in der Londoner O2-Arena zu geben. Der Veranstalter erweitert die “This Is It”-Konzertreihe kurz darauf auf um weitere 40 Shows. Von Juli 2009 bis März 2010 sind somit 50 Konzerte geplant. Hatte der Musiker in den Jahren zuvor fast nur Spott geerntet, so zeigt der unglaubliche Ansturm auf die Tickets, dass er noch immer einer der ganz Großen ist: Elf Karten sollen sich pro Sekunde für die Shows verkauft haben.

Doch zum großen Comeback soll es nicht kommen: Am 25. Juni 2009 stirbt Michael Jackson an den Folgen eines Herzstillstandes. Die Nachricht von seinem Tod löst weltweit Trauer und Verzweiflung aus. Am 7. Juli wird der “King of Pop” im Staples Center aufgebahrt. In einer gigantischen Trauerfeier, die live im Fernsehen übertragen wird – selbst Michael Jacksons Tod ist ein Megaevent – sagen ihm seine Familie, sowie zahlreiche Fans und namhafte Künstler Lebewohl.